Reise durch Wirklichkeiten

Sonntag, 14. Mai 2017

Der Ex-Landesvater

Vielleicht hat mich dieser Typ, der einst Ministerpräsident des Landes war, in dem ich lebe, schon viel zu oft geärgert. Der Mann ist ein offensichtlicher Karrierist unseres Politikbetriebs, einer mit einem gewissen Geltungsdrang, der es verstanden hat, Netze immer so auszuwerfen, dass einflussreiches Personal hängen blieb. Berüchtigt ist noch die Connection, der einst der einstige Bundespräsident Wulff und der einstige Landesministerpräsident Koch angehörte. Während jedoch viele seiner einstigen Kumpane in der Versenkung verschwunden sind, hat der Mann selbst weiter Karriere gemacht. Günther Oettinger wurde Kommissar in Brüssel, stellte „unseren Mann“ in der EU dar, und warf sich wohl weiterhin einflussreichen „Freunden“ an den Hals. Dass dabei auch die Industrielobby in Brüssel eine große Rolle gespielt haben soll, wird gerne unterstellt, pfeifen aber die Spatzen von den Dächern. Berühmt berüchtigt wurde etwa seine Glühbirnenverordnung, die sicher stellte, dass sich möglichst viele Leute „Energiesparlampen“ mit hohem Quecksilberanteil anschaffen mussten. Erst neulich ist mir wieder so ein Ding runtergefallen. Bis heute weiß ich nicht, was ich dann tun soll. Wie „entsorgen“. Die Handelsunternehmen sollten es zurücknehmen, hieß es. Aber in diesem Falle? Ich atme das Zeug wohl ein und kann mich nicht wirksam wehren. Ich habe den Scheis auch gekauft, weil versprochen wurde, dass die Dinger weniger Energie verbrauchen sollten als herkömmliche Glühbirnen. Doch was ist mit dem Scheis-Quecksilber?
Oettinger machte also in der EU Brüssels als „Mann der CDU“ Karriere, wurde vom Energie- zum Digitalkommissar und jetzt zum Haushaltskommissar. Stets jedoch war seine Kompetenz umstritten. Er fiel darüber hinaus international durch sein putziges, schwäbisch gefärbtes Englisch auf, das unter anderem einen großen Teil der Youtube-Gemeinde amüsierte. Doch zuletzt hatte er Chinesen als „Schlitzaugen“ bezeichnet, was einen natürlich sofort in den Geruch des Rassismus bringt. Nicht gut für den Ruf. Außerdem kam heraus, dass er allzu gerne mal die Privatflieger von „ausgewählten“ Industriefreunden für seine Zwecke nutzte, was in Baden-Württemberg sowieso eine gewisse Tradition hat, obwohl es gleichzeitig ein „Gschmäckle“ hat. Aber solche Nähe wird dort gerne als „Industriefreundlichkeit“ und Industrieförderung gedeutet. Es sollte nach diesem Verständnis dem Land zu größerer Prosperität helfen, - was gewisse Ministerpräsidenten dazu eingeladen hat, darin ein bisschen über die Stränge zu schlagen. Dass aber solche Einflussnahmen in der EU gang und gäbe sind, darf vielleicht gefolgert werden. Jetzt aber soll er, der Oettinger-Komiker, vorerst mal nicht, wie allgemein erwartet, zum Vizepräsidenten der Kommission befördert werden. Welch von Lobbyisten unterfüttertes Ränkespiel das wohl ist? (Ausdrücklich sei noch einmal darauf hingewiesen, dass hier nichts behauptet wird, sondern dass nur über etwas nachgedacht wird)  

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