Reise durch Wirklichkeiten

Montag, 31. Mai 2021

Selbstoptimierung revisited

Wir stehen vor einem Sprung der Geschichte, der in die eine oer in die andere Richtung gehen könnte. Selbstoptimierung, ein Zauberbegriff aus der Welt vor Corona. Manager machten Kurse in Achtsamkeit und Meditation, nur um ihre Mitarbeiter noch entspannter und effektiver „freisetzen“ zu können. Oder sie machten Kurse, um beispielsweise neue Hobbies für sich zu finden, neue Reiseziele, ihre Grenzen zu sprengen, sich auf verschiedenen Gebieten auszuprobieren, „resilienter“ (ein Modebegriff, der etwa so viel bedeuten könnte wie widerstandsfähiger aufgrund von Bewusstmachung) zu werden gegenüber all den Anforderungen des Zeitgeists. Es mag dabei auch das alte Ideal der „Selbstverwirklichung“ aufscheinen, das aus den späten sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts heraus unter anderem auf literarischem Gebiet den Schriftsteller Hermann Hesse zum Vorbild nahm. Es entwickelte sich eine eigene Form des Ehrgeizes, die versprach, in die Entschleunigung samt der dazu passenden Bewusstwerdung zu führen und dabei den Blick auf die Uhr nicht vergaß, um die Versprechen der Effizienz für sich einzulösen. Wann habe ich es geschafft? Dabei führten solche Bestrebungen ja wohl zunehmend in immer differenziertere Formen von Subwelten, von stark untereinander abgeschotteten Lebenswelten, die schließlich kaum mehr etwas miteinander zu tun hatten und die Ziele des Neoliberalismus geradezu idealtypisch auch in finanziell-ökonomischer Hinsicht verwirklichten, was dem System der Demokratie nicht gerade zugute kam. Selbstoptimierung erschien dafür aus kundiger Sicht der passende Begriff und schien eine glänzende Verkörperung des alten Fortschrittsglaubens des „Höher schneller weiter“ verbunden mit einem permanenten Versprechen der Individualisierung abzugeben. Wird das alles nach Corona wieder so sein als wie zuvor? Ob jetzt, nach der Aussicht auf ein Ende der Pandemie, ein Revival dieses Mechanismus bevorsteht? Ob sich dann wieder die selbstoptimierten Machtmenschen mit all ihrer "Durchsetzungskraft" nach vorne bringen werden? Ob dann wieder die große "Entschlossenheit" angesagt ist?

Sonntag, 30. Mai 2021

Starkes Grübeln

Durch Grübeln sich in sich selbst verankern ist ein fortwährender Prozess der Selbstvergewisserung. Eher schemenhaft wirken da die Personen um einen herum, die eine eher zufällige Kulisse der sozialen Geräusche bedeuten. Man hatte Umgang mit ihnen, doch was bedeuten sie für einen? Aus heutiger Sicht bin ich auf der Jagd danach, was sie einst für mich bedeuteten und wie meine Person dadurch so wurde, wie sie letztlich auch heute ist. Ich will es besser ergründen und nicht einfach im Flow dahinrattern, um schließlich zu sterben. Was prägte einen? Welche Erfahrungen drangen ein in einen, ohne dass man das in vollem Umfang merkte? Ja, dazu gehören auch Beschädigungen, Demütigungen und Verletzungen, was nicht immer positiv war (in dem Sinne, wie er heute gerne gefodert wird… „be positive“ usw.). Vielleicht litt man darunter, schluckte das aber hinab und empfindet das heute anders. Vielleicht weiß man aber auch mehr über die Dinge, die einen als Menschen, als soziales Wesen beeinflussen. Ob man sich auch mit dem Unangenehmen beschäftigt, oder ob man das von vornherein ausblendet? Ob das etwas mit persönlicher Stärke zu tun hat?

Samstag, 29. Mai 2021

Einzelner und Gesellschaft

Das Wort und die Relevanz sämtlicher Äußerungen des Individuums überhaupt
scheint in unserer Gesellschaft doch stark zurück gegangen zu sein. Dabei wird es nostalgisch immer noch gerne simuliert, liebevoll gepflegt, in Nischen gezüchtet - stirbt aber aus. Was vorerst bleibt, sind vielleicht Fragmente, Fetzen, Verfremdungen (auch in meiner Musik). Erinnerungen, gespeicherte Intensitäten, vergessene Strukturen, ein nostalgisches Gefühl von Aufbruch. Anarchisch. Chaotisch. Ich mache mir hier und jetzt auch keinerlei Illusionen über Formen wie Blogs oder Soziale Netzwerke. Sie tragen wohl eher zur Banalisierung des Einzelnen bei, - sie sind Erleichterungen und gleichzeitig geöffnete Schleusen. Der „Einzelne“ (die „Person“) scheint ohnehin selbst sehr stark zu dieser Entwicklung beigetragen zu haben, indem nämlich heute auch scheinbar lyrische Texte industriell, arbeitsteilig und geradezu maschinell hergestellt wurden und zunehmend werden. Der Druck auf die Tränendrüse ist etwas Gekonntes. Der Wutausbruch wird planmäßig herbeigeführt (jeweils beim „Durchschnittsuser“). Die Aufmerksamkeit wird gelenkt. Die Lüge beherrscht unmerklich vorrückend und die Gedanken verschleiernd das Feld. Es herrscht das Kollektive, der Schwarm, die Masse, „Big Data“, der Algorhitmus, das kalte Berechnen, - auch gerade der Emotionen.
Klar, dass diese Szenerie im Gegenzug die „Experten“ (in die oft das Individuelle“ hinein projeziert wird) zu ihrem Spielfeld gemacht haben. Spezialisten drängen sich vor und erklären das Allgemeine für ihres. Sie kennen sich aus. Sie scheinen über Spezialwissen zu verfügen, wissen es besser. In der Coronazeit scheinen sie das leider allzuoft dergestalt aufzufassen, dass sie in die Entscheidungsprozesse direkt einbezogen seien. 
Das Überindividuelle (z.b. Auswahl aus 30 Yogurths) findet sein Gegenstück im gleichförmig Uniformellen. Das technokratisch „Gekonnte“ scheint das Ideal, nicht das Erschaffene, aus dem Nichts Geschöpfte, das mit Erfahrung Unterfütterte. An seine Stelle tritt das zurecht Manipulierte, das Angeordnete, das Programm. Reize werden abgerufen. Das „Tun-so-als-ob“ beherrscht die Szenerie. Eine Scheinindividualisierung verkauft sich, wird im Hintergrund aggregiert und zu Werten verarbeitet. Fingierte Authentizitäten überwältigen. Songlyrics werden heutzutage „gemacht“, zusammengesetzt aus Versatzstücken, aus Phrasen, Klischees, aus synthetischen Perspektiven. Es wird alles immer austauschbarer, es wird zur kalten Ziffer, zur Zahl, zum manipulierten Etwas. Das Analoge, das im alten Sinne „Tatsächliche“, wird von grinsenden Technokraten oft zum disfunktionalen (Kosten-)Faktor erklärt und sofort ausgemerzt. Freigesetzt. Entlassen. Hinaus geworfen.
Auch Bob Dylan, dies alte Chamäleon, hat mit seinem etwas narzisstisch eitlen Zaudern bei der Übergabe des Nobelpreises vielleicht ein Zeichen in dieser Richtung gegeben: die bisherigen Mechanismen sind ausgeleiert und bis zur Unkenntlichkeit missbraucht oder kompromitiert. Sie gelten offenbar längst nicht mehr unreflektiert im Verhältnis 1 : 1. Es haben sich längst andere (meist ökonomisch konnotierte) Faktoren dazwischen gedrängt. Oscar und Grammys sind mit Verkaufszahlen solide unterlegt, der Erfolg bemisst sich in Umsatz. Der Mensch reiht sich freudig ein und wird willig Kunde. 

Freitag, 28. Mai 2021

Warten auf....

In meinem Leben habe ich mir viel zu oft die Beine in den Körper gestanden. Lebenszeit vertan. Gewartet auf etwas Außergewöhnliches und auf etwas Gewöhnliches. Habe versucht, diese Zeit aufzuschreiben, sie zu reflektieren. Etwas daraus zu machen. Meine Reaktionen einzuordnen, sie zu analysieren. Sie in Verhältnis zum Mainstream „der Leute“ zu setzen. Mich überhaupt in andere Leute hinein versetzen. Auch abgewartet und dann versucht, zu reagieren, mich selbst dabei beobachtet. Bestimmte Leute behaupten beharrlich, dafür keine Zeit zu haben. Gewisse Vorgesetzte jedoch haben währenddessen Damen flach gelegt und zahlreiche Familien gegründet, gefressen, gefickt, gehätschelt, betreut, geliebt, gehasst, getrennt, gegründet, gemacht und getan, sie haben am „aktiven Leben“ teilgenommen, - so wie das vorgegeben erscheint. Trotzdem: der morgendliche Druck zu Denken, etwas aus mir heraus zu quetschen, das Machen und Tun, in dem ich mich auch vorwärts zu bewegen versuchte, das gemeinsame Schaffen an etwas Größerem, all das, habe ich vielleicht dann doch vermisst. Ich habe um mich geblickt und versucht, dabei das zu empfinden, was ich möglichst wortreich phantasievoll aufschreiben konnte. Ausgerechnet ich bewegte mich in einer Bahn, einer Art, die jedermann gefallen wollte und davon sogar ökonomisch abhängig war.

Mittwoch, 26. Mai 2021

Was "normal" sei.....

Aus gegebenem Anlass habe ich mir mal wieder Gedanken darüber gemacht, was „normal“ sei, ein Begriff, der hier in diesem Blog immer wieder auftaucht, auch weil er mir soziologisch interessant zu sein scheint. Er scheint mir nämlich eng mit dem jeweiligen Wertesystem zusammenzuhängen, unter dem eine bestimmte Person aufwächst. Dieses Wertesystem ist oft von kulturellen, religiösen oder ökonomischen Gesichtspunkten bestimmt. Von klein auf wächst eine Person in ein solches Wertesystem hinein, hält es für real. Soziologen und Psychologen würden dazu sagen: eine Person ist unter diesem Wertesystem sozialisiert. Nur wenige Personen erhalten im Rahmen ihrer Erziehung (Sozialisation) Gelegenheit zu erfahren, dasss solche Wertesysteme austauschbar sind, dass Leben in einer langen Suche nach der richtigen Bewertung und Einodrnung von Verhalten bestehen könnte. Meist gibt es absolute Vorgaben: eine Instanz bestimmt, was gut oder schlecht, was anstrebenswert oder zu vermeiden, was Schwarz oder Weiß sei. Das Individuum hat sich an solche Vorgaben zu halten, ansonsten würde es sanktioniert (was bis zum Tode gehen kann). Auf was so etwas hinaus läuft: Feste und vorgegebene Maßstäbe. Ein dazu gehöriges autoritäres Element. Dazu gehören auch die in unseren Breiten vorgegebenen Maßstäbe von Erfolg, der sich meist am Geld oder untergebenen Personen bemisst. Der wichtige Dreh ist: das, was „normal“ erscheint, ist relativ, also eine Frage des Ausgangspunktes oder des Punktes, von dem aus ich etwas beurteile.

Augenblicke

Augenblicke, wenn du außer dir und doch so ganz bei dir bist, du suchst sie bisweilen. Aber sie kommen und gehen, wann sie wollen. Du ahnst, dass du eines Tages in eine andere Welt eingehen wirst, du schaust in die Wolken und wirst plötzlich ein Teil von ihnen. Es geht hinaus in den Weltraum, wo du ganz alleine bist, alles eine Frage des Bezugspunktes, entrückt in andere Realität. Ein Lächeln, du versuchst es festzuhalten, zu sammeln, wesentlich, "eigentlich" sein, magische Momente, was heißt das?: Du bist du? Weniger als ein Staubkorn im Universum. Du wartest auf etwas Wunderbares, eine "Grenzüberschreitung", ein "Abenteuer"?, etwas Anderes, wo findet man das?: die Suche, die Ferne, das Uneingelöste, den Augenblick genießen, das Unendliche, das Nichtmitteilbare, dein Persönliches, deine Welt erweitern in Richtung auf deine Phantasie, aber nicht die trivialen Medienphantasien von der Stange sondern deine ureigenen, deine Reise, wohin bist du noch unterwegs? Dieses "in Bewegung sein" ist dir wertvoll, du willst dich noch eines Tages „verwirklichen“, mit dir selber identisch werden, dieser Drang ist dir angeboren: du hast davon geträumt, solange du denken kannst, lange hast du gedacht, das andere Leute diesen Drang, dieses persönliche Versprechen genauso mit sich herumtragen. Aber da ist nur Dumpfheit, die "normale" Dumpfheit, die allmächtige Alltäglichkeit, der Strom der Selbstverständlichkeiten, der Konventionen. Das macht dich fremd, du fällst dauernd heraus aus deren Small-talk-Welt. Da ist der unbegreifliche "Andere", - "die Hölle, das sind die Anderen" sagte sinngemäß Jean-Paul Sartre, der beispielhafte Erfolgsgeistesmensch. So etwas kann man objektivieren, von sich selbst absehen überhaupt, ist nicht schon die Erkenntnisrichtung völlig subjektiv?, die kulturellen Wertungen bringen uns um unsere persönliche Unmittelbarkeit, (es gilt das „nicht sentimental sein“, Wichtiges aussagen, originell sein, nicht banal, der Intellektuelle ist darauf programmiert, er kennt das Bücherbewusstsein, den sprachlichen Diskurs...usw......). Du spürst: Das Leben ist anders, ästhetische Probleme sind tatsächlich sekundär, das was du bist, das Tatsächliche ist etwas, das sich damit beist. Mittels eines Buches hast du sie schon gehabt, diese Augenblicke. Der Schriftsteller schien deine Welt zu teilen, von deinem Persönlichen zu wissen: endlich jemand, der auch davon weiß. Aber dann liest du irgendein Interview von ihm, er sagt furchtbar gescheite und dumme Sachen, aber aus dem Ganzen ist überhaupt nichts von dem zu entnehmen was du bei ihm festzustellen geglaubt hast. Der ist dir fremd. Der lebt also doch in einer ganz anderen Welt. Die Eitelkeiten, die Pfauenräder verstellen immer wieder den Blick auf das, was dich interessiert. Im Resultat bleibt ein Graben zwischen uns. Ja, dieser alte Traum, sich mit jemandem perfekt zu verstehen, eine Art absolute Gemeinsamkeit herzustellen. Auch eine der Lockungen, die du nie wirst endgültig abhaken können. So oft schon hereingefallen weißt du eigentlich genau um deren prinzipielle Unerfüllbarkeit. Du bist daneben, es gelten andere Spielregeln, du lebst tatsächlich in deiner Nebenwelt und versuchst, diese Augenblicke zu sammeln. Wieso eigentlich das Bedürfnis, das alles Mitzuteilen. Eitelkeiten? Irgendeine Wichtigkeit vermutend, der eigenen Person, oder der Mitteilung? In einer "Informationsgesellschaft", in der kaum noch jemand all diese Reize ordnen, geschweigedenn verarbeiten kann? Wo sollte das Interesse sein? Das Interesse, das Aktionen auslösend kommerziell verwertbar ist?. Du bist umsonst. Wahrlich umsonst. (geschrieben wohl in grauer Vorzeit)

Dienstag, 25. Mai 2021

Bäume umarmen (2)

Einen Baum zu umarmen soll glücklich und gesund machen? Wer einem Menschen begegnet, der einen Baum umarmt, sollte sich nicht bedroht fühlen. Dieser Mensch ist wahrscheinlich kein Verrückter, sondern er betreibt Fitness. Denn Bäume umarmen soll helfen, gesund und glücklich zu werden, so sagt man (Wer ist „man“?)! Dazu sollte man etwas über Ding Shu Gong wissen. Wirklich? Oder ist das viel unmittelbarer? Was ist Ding Shu Gong? Ding Shu Gong ist chinesisch und bedeutet in Etwa „sich an Bäume anlehnen/ mit ihnen in Beziehung treten und deren Fähigkeiten erlernen“. Die Idee dahinter: Man nimmt durch die Umarmung die heilende Energie der Bäume in sich auf und kann so dazu beitragen, gesund und fit zu bleiben. Alles Esoterik-Quatsch und Kitsch? Wissenschaftler fanden Erstaunliches heraus: Wer in der Nähe von Bäumen wohnt, wird weniger krank. Außerdem ist frische Waldluft gesund und revitalisierend. In der buddhistischen Religion gilt der Schatten eines Baumes als bester Ort um zu meditieren. Fest steht also: Bäume beruhigen und geben uns ein gutes Gefühl. Aber warum sie umarmen? Befürworter der Theorie behaupten, dass jeder Baum eine spezielle Wirkung auf den Menschen hat. So regt die Eiche etwa unseren Kreislauf an, die Linde lindert Liebeskummer und die Birke hilft gegen Depressionen. Wenn man diese Bäume berührt oder bestenfalls sogar umarmt, geht diese heilende Wirkung auf die Menschen über. Haha, das erinnert uns dann doch an Astrologie und ihre nebulösen Versprechen. Kann was dran sein. Doch wir haben dies nicht in unseren Horizont übernommen. Stattdessen haben wir weiter gelesen: Der Physiologe Maximilian Moser erklärte der FAZ gegenüber, dass Spaziergänge im Wald den Puls wesentlich mehr senken, als vergleichbare Spaziergänge in der Vorstadt. Das Gleiche gilt für den gesunden Schlaf: Wer in einem Echtholz-Bett schläft, hat einen erholsameren Schlaf. Ob esoterischer Blödsinn oder nicht, in der Natur zu sein kann auf jeden Fall nicht schaden, - zumindest. Vielleicht tut man auf diesem Wege etwas für sich. So manches mag dafür sprechen. Und wer zwei Stunden durch den Wald läuft, wird auf jeden Fall fit - ob er dazwischen Bäume umarmt oder nicht.

Montag, 24. Mai 2021

Bäume umarmen

Was ich unlängst las und mir heraus kopiert habe: Bäume zu umarmen, bisher eher als Marotte von Ökofreaks bekannt und verschrien, kann auch medizinische Effekte haben: Die Rinde der Bäume enthält wohl sogenannte Terpene, die das menschliche Immunsystem stärken und vor Krebs schützen. Wer einen Baum umarmt, atmet diese Terpene ein und nimmt sie über seine Haut auf. Das berichtet der Biologe und Bestseller-Autor Clemens G. Arvay in seinem neuen Buch „Der Biophilia-Effekt – Heilung aus dem Wald“ mit Bezug auf Forschungsergebnisse der Nippon Medical School in Tokyo. „Terpene erhöhen die Zahl und fördern die Aktivität jener natürlichen Killerzellen im menschlichen Körper, die Viren entfernen und Krebszellen sowie potenzielle Krebszellen bekämpfen“, schreibt Arvay. „Ebenso aktivieren Terpene die drei wichtigsten Anti-Krebs-Proteine, mit denen unser Immunsystem Tumore bekämpft und uns vor Krebs schützt.“ Es gibt sogar ein Chemotherapeutikum, das auf Terpenen basiert. Um die positiven Effekte der Terpene zu nützen, müssen Waldbesucher die Bäume nicht zwangsläufig umarmen. „Forscher fanden heraus, dass schon ein ausgedehnter Waldspaziergang die Anzahl und die Aktivität der natürlichen Killerzellen um bis zu 50 Prozent erhöht“, betont Arvay in seinem Buch. Die Terpene entströmen auch den Baumkronen, den Blättern und Stängeln sowie dem Boden. „Wer einen Baum umarmt, kommt allerdings der reichhaltigsten Quelle von Terpenen besonders nahe. Das haben Menschen, die wir lange als Spinner abgetan haben, wohl intuitiv gespürt.“

Sonntag, 23. Mai 2021

Windstille

WINDSTILLE Dem Herzschlag zuhören zusehen wie die Zeit flieht, aber: die Luft bleibt stehen zuhören, wie die Worte kotzen im Gehirn woher die Kraft nehmen, um die Segel zu setzen? Die Mannschaft ist ertrunken und draußen, weit draußen: Gischtkronen?

Freitag, 21. Mai 2021

Unter Bäumen

Ein Baum muss keinen Nutzen oder Daseinszweck haben. Der ist nur nebensächlich. Den schreiben nur wir ihm heute darüber hinaus mit den Mitteln der Forstwirtschaft zu. Da ist die Eibe. In praktisch allen alten Kulturen galt sie als heilig. Dort, wo sie noch heute als heiliger Baum verehrt wird, gelingt es den Menschen oft, mit der Natur zu leben, ohne sie zu zerstören. Als uns das Empfinden für eine solche Bedeutung verloren ging, war das vielleicht der Moment, in dem unsere Zivilisation begann, Bäume nur noch als Ressource zu sehen. Diese Bäume wurden gefällt, um aus ihren Holz Feuer zu machen und es auf vielerlei Arten zu nutzen oder zu benutzen. Daraus wuchsen im Laufe der Zeit die heutigen Umweltschäden. Wir haben das Empfinden für das spezielle Sosein der Bäume völlig verloren. So haben manche Bäume etwas Besonderes an sich. Sie sind so alt und majästetisch gewachsen, dass man ihnen unwillkürlich Respekt zollt. Hierzu gehört oft auch die Eibe. Der Mensch schützte sie in früheren Zeiten, weil sie als heilig galt und sie wohl immer noch als sehr geheimnisvoll gelten darf. Sie wird mehrere tausend Jahre alt und kann dann noch immer prächtig gedeihen. In Schottland soll eine immer noch vitale Eibe wachsen, die 5000 Jahre alt ist. Sie bietet sich an, sie zu berühren. Etwas zu berühren heißt, sich von seiner physischen Existenz zu überzeugen. So kann der Wald auch hier für uns zu einem Ort der Selbstbesinnung werden. Ein Ort, an dem die Zeit eine andere Dimension hat und der Raum von lebenden Pflanzen eingenommen wird. In den Wald einzutauchen, kann also insofern bedeuten, zu den Quellen des Daseins zurück zu kehren. Der Wald kann dann zu etwas werden, was einer großen grünen Mutter gleicht. Die Gerüche und Geräusche des Waldes bringen in uns etwas zum Schwingen, eine Erfahrung, die der Mensch seit hunderttausenden von Jahren gemacht hat. Wir könnten unter Umständen auch heute versuchen, der Tier oder Pflanzenwelt im Wald wieder näher zu kommen. Bäume könnten immerhin die Möglichkeit bergen zu unseren Wurzeln zurück zu kehren, daraus Energie zu beziehen und uns reicher zu machend die Welt verändern. Ein hoher Anspruch, gewiss. In der spirituellen Verbindung zur Natur wird auch die Dimension des Kosmos ahnbar, ist zu erahnen. Staunen und so etwas wie Ehrfurcht wiederfinden, könnte ein Ziel sein. Die ich Geheimnisse der Zeit ergründen. Wissen und ahnen, wo man herkommt und wo man hingeht.

Mittwoch, 19. Mai 2021

Steueroptimierer revisited

Seltsam, was alles so schnell als „Sozialromantik“ abgetan wird. Zum Beispiel, dass Leute, die Millionen verdienen und in der Pandemie verdient haben, auch mehr Steuern zahlen sollen. Sie werden von ihren Lobbyvertretern gerne als „Leistungsträger“ bezeichnet. Doch es scheint erhebliche Gründe zu geben, wieso diese Leistung bezweifelt werden kann. Vielmehr scheinen sie im öffentlichen Schwadronieren über solche „Leistungen“, im Darstellen und Vertreten von Interessen ganz gut zu sein. Zudem erbringen diese „Führungskräfte“ gewisse Leistungen, die zur aktiven Steuermeidung führen, die gerne mal als „Steueroptimierung“ bezeichnet wird. Ob die erbrachte Leistung wirklich Millionen wert ist? Im Sinne der Umsatzstatistik und der Kennzahlen für Konzerne wäre dies wohl zu überlegen. Dass etwa große Digitalkonzerne ihre Steuern nicht dort bezahlen, wo sie diese erwirtschaftet haben, sondern dazu mit ihrem Geld Steueroasen aufsuchen, wo sie Bruchteile der zu entrichtenden Steuern zahlen, erscheint mir ziemlich falsch und ungerecht (aber derzeit immer noch die Praxis trotz halbgarer Eindämmungsversuche). Dass die Politik hier keine Wege findet und dass dies Gebaren immer weiter zu gehen scheint, finde ich jämmerlich. Erhöhte Steuern könnten auch zu Steuerflucht führen, wird gerne eingewandt. Dass dies auch einen Weg in den „freien Markt“ in Gesamtrichtung nach Amerika und - idiologisch gesehen - in die Planwirtschaft eröffne, wird schon mal hinterher geschoben. Nun ja, für ein Stück Steuergerechtigkeit würde ich das in Kauf nehmen. Und ob die Angst vor dem Groll „der Amerikaner“ so etwas rechtfertigt, darf auch bezweifelt werden und scheint mir vor allem auf die Unkenntnis der Steuerzahler zu bauen.

Dienstag, 18. Mai 2021

Körpergefühle

Was ist mein Körper? Ein Organ des Gesamten? Mein Alter Ego. Mein Ich. Welche Inhalte und Rechte soll ich ihm einräumen? Woher kommt es, dass ich so faul bin? Ist der Körper ein Teil von mir und bin ich ein Teil von ihm? Diese Fragen stellen sich mir pro Lebensabschnitt neu. Erlebe ich überhaupt Lebensabschnitte? Kann es sein, dass ich mit zunehmendem Alter meinen Körper intensiver erlebe? Fest steht, dass ich ihm nicht entkommen kann, die alte christliche Mär‘, dass ich mich von ihm lösen könnte, stimmt nicht. Jedenfalls nicht für mich. Es scheint bei mir ohnehin alles viel chaotischer zu sein als bei anderen Leuten. Ich war z.b. nie gut darin, unbefriedigende Zustände zu beenden und entschlossen, etwas Neues anzufangen. Ich bin nicht entscheidungsfreudig. Aber hatte ich mit meiner Phantasie nicht viel zu viel schon durchschritten, was mir selbst als „neu“ gelten könnte? Ob daraus zu viel Unzufriedenheit entstand? Im Vergleich zu anderen Leuten freilich habe ich dagegen eine gewisse Resilienz entwickelt…..

Montag, 17. Mai 2021

Auskenner

Mich ermüden allmählich die TV-Diskussionen der obergescheiten Besserwisser und offenbar blitzgescheiten Auskenner, der hoch honorierten Bewerter und verdeckten Berater, die lächelnden Gesichts öffentlich mit etwas umgehen, das fortwährend ein Anderes wird, zu dessen oberkritischer Präsentation die Macher aber stets dieselben Gesichter (oder austauschbare Figuren einer sozialen Sphäre) einladen (lassen) und dessen soziale Auswirkungen sie nicht einmal entfernt abschätzen können. Mir scheint, dass dies die gehätschelten Reste jener Bildungsbürgerschicht sind, die allmählich Bestandteil in einem überall fortschreitenden „White Noise“ ist und deren Angehörige sich als Karrieristen geschmäcklerisch mit etwas umgehen, was zu viele sich nicht leisten können und zu dem sie einen allein schon ökonomisch begründeten Abstand haben. Diese Leute kommen mir als Botschafter der Kundigkeit (die oft auch als „Experten“ bezeichnet werden) zu oft aus einer Komfortzone, die womöglich noch eine Weile wird Bestand haben können. Diese Karrieristen der steilen Thesen werden dann aber als Märtyrer im voranschreitenden Chaos untergehen. Sie prophezeien oft alles Unheil dieser Welt und wirken doch daran sehr aktiv mit, sind ein Teil des Bewusstseinsapparates, der die „Massen“ unablässig in einem bestimmten Interesse bearbeitet und sie verdummt. Natürlich wähnen sie sich im Besitz absoluter Wahrheiten, die sie sehr leidenschaftlich spitzmündig geschmäcklerisch vertreten. Gleichzeitig sind sie aber ganz klar für Diskurs und Diskussion, für einen in Widersprüchen voranschreitenden Prozess der Wahrheitssuche. Wie lange das noch in einer finanziell gut abgepolsterten Weise auszuhalten sein wird?

Sonntag, 16. Mai 2021

Manchmal herzlich (Foto)

Leistung über alles!

Dass es Gewinner und Verlierer geben müsse, scheint ein ungebrochener Glaubenssatz dieser Gesellschaft zu sein. Wie vieles andere scheint mir das die Kopie eines Glaubenssatzes zu sein, der vor allem für die USA gilt und sich in besonderen Wertesystem in Europa ausgebreitet hat. Dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Klasse und der damit verbundene Geldbeutel beim "Leistungsvermögen" eine große Rolle spielt, lassen solche Ansichten und Wertungen allerdings außen vor. Jeder hat das, was er verdient, so etwa lautet ein unausgesprochener Glaubenssatz dieser Gesellschaft, der unter anderem auf die in Europa geborene Prädestinationslehre zurück geht, mit der religiöse Ursprünge einfach ins Säkulare übertragen wurden. Zunächst scheint mir dadurch eine Leistungsgesellschaft entstanden zu sein, die aber spätestens unter den Bedingungen der Globalisierung zunehmend obsolet geworden zu sein scheint. Gerade die Kapitol-Proteste samt ihren populistischen Wurzeln scheinen mir einen Beleg dafür gegeben zu haben und scheinen mir allzu leicht angezapft und ausgenutzt werden zu können. Es scheint ein nahezu anonymer Mob entstanden zu sein, der, ungebildet und auf rudimentäre Reflexe reagierend, jederzeit bereit dazu ist, seinem Unmut über die verarmten und deprivierenden Lebensverhältnisse direkten Ausdruck zu geben. Was wohl in solchen Kreisen über die von den Herrschenden oft ausgerufenen „Würde der Arbeit“ gedacht wird? Leistungsgedanke samt der damit verbundenen Implikationen scheint ungebrochen zu herrschen.

Samstag, 15. Mai 2021

Wahrheit, das Ganze, Versuch (Leonardo)

Es ist ja kein Geheimnis, dass ich ein großer Bewunderer von Leonardo Da Vinci bin. Für ihn war die Malerei die wichtigste aller Wissenschaften. Sie allein war befähigt, die Schönheit und das Geheimnis der Welt darzustellen. Eine sowohl konkret leibliche als auch eine geistige Triebkraft, die Leben hervor bringt: eine einzige große Wahrheit des Universums. Er dachte, dass alle Gesetzmäßigkeiten, alle Abläufe, Ursprünge und Ziele des Universums miteinander verbunden seien und alles in Beziehung zueinander stünde. Das wollte er möglichst in seinen Bildern zum Ausdruck bringen. Bei den wenigsten seiner wenigen Bilder kam er damit zu einem Ende, fast alle blieben Fragmente der höchsten Anstrengung. Unzählige male änderte und verbesserte er: er war nie fertig. Leo war ein großer Theoretiker. Gleichwohl schrieb er, dass es etwas gibt, was noch über der Theorie steht: Die Ausführung, „die Hand“ in der Malerei. Es galt das ganze Leben, geistige Konzepte und den Rhythmus der Welt darzustellen: Der höchste aller hohen Ansprüche. Dafür arbeitete er gegen Ende seines Lebens auch ohne Auftrag, aus freien Stücken, nur aus sich selbst. Unglaublich.

Donnerstag, 13. Mai 2021

In den Himmel wachsen....?

Trommelfeuer allüberall: ein Ende der Pandemie könnte in Sicht sein, und die offiziellen, in der Öffentlichkeit sichtbaren Wichtigs, die Häuplinge, Funktionsträger und Einflussnehmer predigen jetzt Wachstum um jeden Preis, während die Masse der Leute wieder möglichst schnell zurück zum alten Leben will. Währenddessen sondern oberschlaue, akademisch gebildete Buchschreiber und Durchblicker aller Art ihre Weisheiten ab, die mit steilen Thesen meist ein neues Wachstum fordern und materiell wohlsituiert zu Bedenken geben, dass es gerade so mit dem Wachstum nicht weitergehen könne, dass die Ressourcen planmäßig vernichtet werden, aus denen Wachstum geschöpft werden soll. Auch wenn ich die zweiten Positionen oft bedenkenswert wichtig finde, so frage ich mich doch, ob nicht genau diese Rituale der Auseinandersetzung zwischen Kundigen und „Doofen“ ein wichtiger Bestandteil einer Gesellschaft sind, die (man nennt es oft "Neoliberalismus")rücksichtslos Vorteile für Einzelne sucht und dabei alles vernachlässigt und zurück lässt, was unsere Existenz ausmachen könnte: Glück, ein Zurechtkommen und ein Sich-Bescheiden-im-Gegebenen, das letztenendes eher zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Mensch und Natur folgen könnte. Das gute Leben halt. Ich sehe, wenn ich den Kopf hebe, die Bescheidweisser und moralisch Entrüsteten, die dem übrigen Rest der Menschheit ihre Erkenntnisse wütend entgegen schleudern: „Na merkt ihr nicht?..., wann endlich werdet ihr so, wie wir das schon seit langem sind?“. Mir kommt es so vor, als würden diese Personen unter keinerlei Druck stehen, als würden sie aus einer privilegierten Position heraus anderen Menschen unbedingt nahe bringen sollen, was sie zu tun und lassen hätten. Dieser "Elite"geht es oft um „Einstellungen“ und „Haltungen“, - die man sich freilich leisten können muss.

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Wer hat meinen Schlüssel gesehen? er ist offenbar unrasiert und hat einen Bart Ich wende das Blatt und lese verkehrt nimm's nicht persönlich, sieh's positiv! Wer hat meine Gedanken gesehen sie sprießen manchmal wild und ich kann sie kaum fassen Mixed Pickel,s sie jucken so undefiniert und wachsen nach, kaum sind sie wegoperiert

Mittwoch, 12. Mai 2021

Alles gut

„Alles gut“ so lautete die Phrase, die nach meiner Einschätzung Kommunikation oft erschwerte und kaum erleichterte, indem sie dem wenig reflektierten „sozialen Geräusch“ oder der Scheinkommunikation zuzuordnen war. Zuletzt scheint mir die Floskel oft durch dieses „Gesund bleiben!“ ausgetauscht worden zu sein, eine Aufforderung, bei der ich oft darüber ins Grübeln komme, wie ehrlich und wie oberflächlich sie denn gemeint sei. Klar ist mir immerhin, dass beide Formeln dem sogenannten „positiven Denken“ zuzuzählen wären. Das Positive lange genug und mutig fordern, dann kommt es auch - und sei es noch so ungefähr nebulös…..so etwas scheint mir dahinter zu stehen. Oberflächlichkeit als positives Denken. Ob es angesichts der derzeitigen Lage angemessen ist? Was ist mit den vielen vielen Toten? Ob sie einem Happy End entgegen gegangen sind? Ist wirklich „alles gut“? Vieles spricht dafür, dass es keineswegs so ist.

Montag, 10. Mai 2021

Wachsend wachsen

Es ist jetzt immer häufiger von „Wachstum“ die Rede. Dass wir das dringend bräuchten, um die Folgen der Pandemie möglichst schnell zu bewältigen. Ich frage mich dann oft, ob denn gar nichts gelernt wurde, ob denn ein überkommenes Lebensmodell tatsächlich in die Zukunft führen kann, bloß, weil das gewisse Wirtschaftswirtschaftler so fordern und weil sie das als einzigen Weg sehen. Ob es da eine Rolle spielt, dass diese Wirtschaftswissenschaftler (in teils hochdekorierten Positionen mit Professorentitel ausgestattet) den nutzenmaximierenden und ausschließlich auf die Güterwelt ausgerichteten homo oeconomicus sowie die Zentralität des Wirtschaftswachstums einfach so als Basis ihrer Ansichten annehmen. Dabei könnte ja offensichtlich sein, dass das mit dem Wachstum wohl nicht immer so weiter gehen kann. Nicht zuletzt könnte man zu dem Schluss kommen, wenn dies Wirtschaftswachstum in zunehmendem Maße einer immer kleiner werdenden Schicht von Machtmenschen und Milliardären zugute kommt (mal oberflächlich betrachtet). Als etwas provozierend dürfte dabei ein Anspruch des Oberinvestors und milliardenschweren Geldspezialisten Warren Buffet empfunden, der harte soziale Auseinandersetzungen prophezeit und dabei am Ende die Besitzenden und Geldsäcke auf der ganzen Linie gewinnen sieht. Ob wir in diese Richtung wachsen wollen?

Sonntag, 9. Mai 2021

Einsam, was ist das? Hat da jemand etwas gesagt....?

Wir sollen Optionen offen halten, auf den jeweiligen Zug aufspringen, das Beste für sich aus dem Andern heraus holen, ihn zur Stütze unseres Egos machen, ihn als "Konsumenten" und "Kunden" sehen. Sie sollen für mich bereit sein, wenn ich es brauche. Ich. als Mittelpunkt der Welt, der alles kriegen kann, wenn er nur will. Selbstoptimierung. Ob das ein Modell für die weitere Entwicklung dieser Gesellschaft ist? Einsamkeit hingegen ist Todsünde. Sie bedeutet das Gefühl, zu etwas verdonnert zu sein, was man gar nicht will. Einsamkeit geht mit dem Zuspruch von Schwäche einher, - was ja in unserer Marktwirtschaft gar nicht geht, weil Wertlosigkeit damit verbunden ist. Wir gehen ins Fitnesstudio, weil wir begehrenswert und attrativ sein wollen, uns aufwerten. Wir werden so zum Konsumartikel. Im Grunde suchen wir so recht eigentlich nach dem Andern, mit dem wir eine Bindung, - gleich welcher Art! - eingehen können. Wir aber sammeln per onlinedating Trophäen, statt Beziehungen zu suchen. Wir staffieren uns mit Menschen aus, die wir gerne „Freunde“ nennen. Was aber macht der Mensch „dazwischen“, der einsam ist, der sich als sozial unverträglich fühlen muss, der keine Freunde hat und sich insofern als wertlos dafür fühlt, dass Andere mit ihm in Beziehung treten? Ob da die Gesellschaft hierzulande etwas verpasst hat, indem sie Einsamkeit zum gottgewollten Schicksal der Wertlosen und Verlierer erklärt? Diese sollen pflichtschuldigst erklären, dass sie „an sich arbeiten“ wollen. Noch sind die Psychotherapeuten deswegen nicht überrannt. Denn kaum jemand getraut sich überhaupt, Einsamkeit zuzugeben und als Problem zu erkennen. Niemand, der sich selbst optimiert, ist einsam, niemand wäre dafür verantwortlich zu machen, außer man selbst, jedr ist der Manager seiner selbst und hat den entsprechenden (vom Coach gelehrten) Managersprech drauf - so diese Gesellschaft im Brustton der neoliberalen Überzeugung. Ob dies in Richtung der brutalen Züge der Marktwirtschaft geht? Wir sollen und müssen happy sein und „Erfolg“ haben, egal, ob Krankheit, Schulden, Schicksalsschläge, Liebe, Beruf oder Erziehung drücken.

Samstag, 8. Mai 2021

Literaturbetrieb (2)

Tatsächlich scheinen sich in dem von mir gestern betrachteten Literaturbetrieb vor allem Mitglieder eines Milieus zu tummeln, die der von Autorenpolitikerin Sarah Wagenknecht so bezeichneten „Lifestyle-Linken“ angehören: also materiell meist gut oder sehr gut gestellte Personen, die sich moralisch aufgebläht gerade gegenüber den abhängigen Unterschichten als absolute Instanz präsentieren. Dass Frau Wagenknecht mit ihrem gutsituierten Dasein gerade dieser Klasse von Personen anzugehören scheint, erhöht ihre Glaubwürdigkeit nicht, diskreditiert aber andererseits ihre Aussagen auch nicht. Ein früherer Vorsitzender der Linken tat sich ja auch als Porsche-Fahrer hervor und traf vernichtende Urteile über „die Besitzenden“ in unserer Gesellschaft. Solches Verhalten scheint mir auch an das anzuschließen, was einst Bert Brecht offiziell als frauengerechtes Verhalten propagierte. In seinem eigenen Verhalten soll er sich aber ziemlich unverschämt rücksichtslos gegenüber den ihn umgebenden Frauen verhalten haben. Nun ja, auf der linken Seite der Politik scheint solches Verhalten Tradition zu haben und wurde oft hinter den Winkelzügen einer Dialektik versteckt, die einem hauptsächlich selbst mit der kleinen dreckigen Existenz (vor allem monetär, aber auch im Hinblick auf den Status) nützen sollte.

Freitag, 7. Mai 2021

Literaturbetrieb

Bücher scheinen mir für gewisse professionelle Kritiker eine Dutzendware, an denen sie ihre vorgefertigten Maßstäbe und durch Firmen gelente Urteile noch einmal bestätigen können. Allein schon die Menge der von ihnen zu verarbeitenden Literatur scheint es mor unmöglich zu machen, sich mit dem einzelnen Werk gebührend auseinander zu setzen. Ich sehe natürlich auch den Druck, unter dem diese Leute stehen. Aber mir scheint, sie lassen sich unter Vernachlässigung eines gewissen Qualitätsniveaus über die Opfer ihres Urteilsspruchs aus und kommen gar überschnell zu ihren Ansichten. Sie sehen Literatur offenbar primär als Markt und ihr eigenes Tun in einen Literaturbetrieb integriert, der auf Absatz gerichtet ist und das emotionale „Engagement“ zugunsten gewisser Dinge etwas unreflektiert beklatscht. Auch ich habe mal Germanistik studiert und dabei gelernt, dass man sich möglichst behutsam an Ansichten über ein betrachtetes Werk heran tasten sollte. Dass man verschiedene Perspektiven einnehmen sollte und nicht für einen billigen und optisch aufgeblasenen Showeffekt sich äußern sollte. Genau das aber sehe ich immer wieder bei Kultursendungen des Fernsehens, die vor allem für die Propagierung eines bestimmten Produkts gemacht scheinen. Aber - das ist mir bewusst - Konsumenten bevorzugen klare Qualitätsurteile und eindeutige Aussagen nicht nur den Produkten des Literaturbetriebs gegenüber. Sie wollen Orientierung und delegieren ein Urteil gerne an sogenannte "Experten".

Donnerstag, 6. Mai 2021

Mister Magister (Lyrikversuch)

MISTER MAGISTER Mister Magister, Daseinsfrister deine Frist läuft ab Klipp-Klapp Refrain Sapperlott Schaffott flott Galott Hundsfott fort – Trott Wir schaffen‘s, wir packen‘s bei uns geht die Post ab Und wenn die Welt untergeht dann gehen wir mit wir heben die Welt aus den Angeln uns ist‘s vor nichts bange Der Zähler tickt, High-Tech, Bigmac was sagt der Nenner: jede Sekunde bringt uns dem Tod näher! Man hat euch die Jugend abgekauft verkauft? „Forever young“?

Mittwoch, 5. Mai 2021

Heimat revisited

In einer mit kleinen Ergänzungen und Auslassungen versehenen Reprise zu meinem Blog vom 5.5.2018 schreibe ich jetzt zu einem ein bisschen aus dem Blickfeld geratenen Begriff: „Heimat", - das ist eine Landschaft, - und mehr. Vielleicht der Wunsch, dazu zu gehören, Teil einer Gemeinschaft zu sein, die tief in uns verankert ist. Einen Ort zu haben, an dem man sich nicht erklären muss. Das Gefühl, dort willkommen zu sein. Einen Ort haben, an dem man sich sicher fühlen darf. Eine Erinnerung an die Kindheit, als die Welt einem vertraut erschien. Man entdeckt, Wurzeln zu haben. Verhätnisse, aus denen man gekommen ist. Heimat könnte Aufbruch und gleichzeitig Rückkehr bedeuten. Immer mehr Leute fürchten sich davor, ihre Heimat zu verlieren - und damit ihre Identität. Es herrschen Landflucht auf dem Dorf und steigende Mieten in den Städten, wo anscheinend die vielen Optionen wohnen. Eines aber scheint überall wichtig zu sein: Alle (ob Stadt oder Land) müssen flexibel sein und sich durchkämpfen in einer globalisierten und durchkapitalisierten Welt. Auch in Zeiten der Pandemie. Jetzt, wo die früher in SciFi-Literatur vorgedachte Zukunft nach und nach Wirklichkeit wird, könnten wir plötzlich unter Umständen gar keine Zukunft mehr haben. Es scheint eine Welt entstanden zu sein, die Entmaterialisierung bedeutet. Alles scheint ähnlicher zu werden, gleich zu werden, alles verschwimmt, Menschen sind in den neoliberalen Zusammenhängen „Humankapital“. Nummern, Zahlen, Positionen, Kosten. Wirtschaftliche Kreisläufe, Lieferketten und Renditeaussichten scheinen wichtiger zu sein. Verwurzelung und Identität scheint angesichts dessen das am meisten verkannte Bedürfnis der menschlichen Seele zu sein. Aktuell scheinen sich Leute davor zu fürchten, durch Überfremdung ihre Heimat zu verlieren. Das bedeutet auch Clans und Ahnen, denen wir verbunden sind, ohne dass wir das wollen. Es gibt Menschen, die glauben, dass Heimatverbundenheit nicht mit der Angst vor Fremden verknüpft sein muss. Heimat sei nicht unbedingt, so glauben Leute, an den Ort gebunden, an dem man geboren wurde. Der Heimatbegriff, so halten manche Soziologen dagegen, zeige genau die Trennlinie zwischen der akademisch gebildeten, im Urbanen lebenden Mittelschicht und der traditionellen, oftmals noch der Industriemoderne verhafteten Mittelschicht. Die Heimatfraktion sei in die Defensive geraten. Linksliberale Kosmopoliten predigten Heimatliebe ohne Ausgrenzung und würden damit Gefahr laufen, allzu heuchlerisch zu sein. Denn diese klassisch Linksliberalen werfen womöglich anderen etwas vor, was sie selbst tun. Und zwar werfen sie anderen vor, dass sie Migranten und Flüchtlinge nicht integrieren würden. Sie selbst seien aber gar nicht erst in der Situation, dass sie mit Flüchtlingen und Migranten konfrontiert seien, weil sie in derart gefilterten und materiell abgefederten Lebensumständen leben, dass Migranten für sie keine Problematik darstellten. Ja, dass sie ihnen in ihrer gefilderten Wahrnehmungsblase kaum begegneten. Darin, was Heimat sein soll und wie sie geschützt werden soll, zeigt sich insofern auch die Spaltung der Gesellschaft. Es resultieren daraus verschiedene Lebenswelten, verschiedene Schichten, verschiedene Arten, mit der Welt umzugehen. Sehr offensichtlich wurde dies übrigens auch in den Berichten über gewisse prominente Amtsträger der Sozialdemokraten, die ihre Sprösslinge auf teure Internate und Privatschulen schicken und keineswegs daran zu glauben scheinen, was sie selbst dauernd predigen (Ein einstiger Vorsitzender macht es gerade vor...). Der empirische Beleg für eine solche Behauptung könnte sein, dass sie ihre Sprösslinge auf teure Privatschulen schicken und zu Bankaufsichtsräten werden. Sie haben ein Bild von sich entworfen, das in einem Gegensatz zu ihrer „privaten“ Existenz steht. Vorgetäuschte und tatsächliche Lebenswelt. Dass es nicht darum gehen soll, woher man kommt, könnte auch ein Mythos sein, ein Wunschbild. Denn Heimat ist gerade nicht nur Option und freie Wahl. Man ist bedingt durch das, was schon war. Heimat ist gerade nicht das, was man durch freien Willen sich wählt. Sondern man ist hinein gewachsen. Auch durch Sozialisation. Man versteht die Leute in dieser Heimat unwillkürlich besser, sie sind einem nah, man agiert und bewegt sich wie selbstverständlich, wie im Schlaf. Es scheint eine Art realer Traum zu sein. Es gibt den Ort der Geburt als Schicksal. Man ist hinein geboren worden, hat ihn sich nicht heraus gesucht. Wir sind nicht nur autonome Menschen, die sich ihre Existenz frei gewählt haben. Wir sind auch durch unsere Herkunft und unsere Geschichte, durch Zufälle, Glück und Unglück geprägt. Man ist hinein geworfen. Wie sang Jim Morrison (klar, ich weiß, dass er das möglicherweise auch geklaut hat): „Riders on the storm, into this house we're born, into this world we're thrown, Like a dog without a bone, an actor out on loan, Riders on the storm“. Man lässt sich zurück gleiten, Richtung Heimat, Richtung Ursprung, man begegnet sich selbst und denkt am Ende darüber nach, wieso man so ist, wie man ist. Wieso man so geworden ist.... Es kann auch bedeuten, dass man anfängt, zu akzeptieren, dass man nicht einzigartig ist, sondern dass man Teil von etwas Größerem ist. So etwas deutet vielleicht auf Schwarmintelligenz und das, was später allzuoft als „Herdenimmunität“ beschworen wurde. Und dann ist da das Oberflächliche. Das, was einen als gerne verkündete „Lebensweisheit“ oder als mühsam erarbeitete Erkenntnis ermüdet hat. Tausend mal gehört, tausend mal nichts passiert. Das, dass tausend Leute um einen herum sagen: „Man muss in der Gegenwart leben“. Klar. Man blickt auf die Kindheit zurück, sieht Bilder und Fotos und denkt: „Wer zum Teufel war das?“ Das ist eine Ebene. Es gibt womöglich auch eine andere. Dinge stoßen einem zu, sie „überfallen“ einen. Gab es intensive Erlebnisse? Die einem die eigene, ganz eigene Präsenz nahe legten? Wie war das damals, als du aus dem Auto gefallen bist? Hattest du danach das Gefühl, du hättest einen Schutzengel gehabt? Wieso hast du bei diesem Desaster so abgeschnitten, bist am Leben geblieben, als sei nichts gewesen? Gibt es mögliche Welten, Abzweigungen? Welche, die dich geprägt haben? Hat man wirklich Entscheidungen gefällt? Oder haben sie dich gefällt? Ich hatte nie das Gefühl, Wichtiges und für andere Erhellendes zu erzählen zu haben. Das ist nach wie vor so. Weder im fiktiven noch im realen Bereich. Alles, was möglicherweise auf mich zutrifft, stellt sich bei anderen ganz anders dar......

Sonntag, 2. Mai 2021

Identität

Es wird jetzt überall die „Identitätsdebatte“ geführt. Dabei geht es wohl um einen anderen Identitätsbegriff als den, den ich hier an dieser Stelle oft beschrieben habe. Mir ging es oft um eine individuelle Identität, um ein Offensein aus einer gesicherten Identität heraus, um ein Gewinnen des Mehr oder weniger, um Empathie, Toleranz, Neugier auf das Andere, um den Versuch dessen Einbeziehung in die eigene Identität und einen psychologischen, tiefer gehenden Begriff der Identität, der auch Zweifel und Infragestellungen aller Art zulassen kann. Doch scheinen aktuell kollektive Zugehörigkeiten hier die weitaus größere Rolle zu spielen. Sehr schnell wird oft auch der Bogen geschlagen zum Rassismus. Daraus scheinen Frontstellungen hervor zu gehen, die mich manchmal befremden und die mit dem Streben nach Identität nach meinem Geschmack so gar nichts zu tun haben. Der erste und wichtigste Schritt auf diesem Weg zur Selbstermächtigung wäre es, mich selbst als Individuum mit unzähligen Facetten begreifen zu können, anstatt mich auf eine einzige zu reduzieren. Das mit dem ganzen Komplex auch der Begriff „Normalität“ zusammen hängt, war in meinem Blog meist zwingend. Dass die Arbeitswelt mit ihren vielfältigen sozialen Kontakten bei der Herausbildung der Identität ziemlich wichtig sei, ist für mich an dieser Stelle kein Widerspruch.

Samstag, 1. Mai 2021

An die Natur (Friedrich Hölderlin)

An die Natur Da ich noch um deinen Schleier spielte, Noch an dir, wie eine Blüte, hing, Noch dein Herz in jedem Laute fühlte, Der mein zärtlichbebend Herz umfing, Da ich noch mit Glauben und mit Sehnen Reich, wie du, vor deinem Bilde stand, Eine Stelle noch für meine Tränen, Eine Welt für meine Liebe fand, Da zur Sonne noch mein Herz sich wandte, Als vernähme seine Töne sie, Und die Sterne seine Brüder nannte Und den Frühling Gottes Melodie, Da im Hauche, der den Hain bewegte, Noch dein Geist, dein Geist der Freude sich In des Herzens stiller Welle regte, Da umfingen goldne Tage mich. Wenn im Tale, wo der Quell mich kühlte, Wo der jugendlichen Sträuche Grün Um die stillen Felsenwände spielte Und der Aether durch die Zweige schien, Wenn ich da, von Blüten übergossen, Still und trunken ihren Othem trank Und zu mir, von Licht und Glanz umflossen, Aus den Höhn die goldne Wolke sank - Wenn ich fern auf nackter Heide wallte, Wo aus dämmernder Geklüfte Schoß Der Titanensang der Ströme schallte Und die Nacht der Wolken mich umschloß, Wenn der Sturm mit seinen Wetterwogen Mir vorüber durch die Berge fuhr Und des Himmels Flammen mich umflogen, Da erschienst du, Seele der Natur! Oft verlor ich da mit trunknen Tränen Liebend, wie nach langer Irre sich In den Ozean die Ströme sehnen, Schöne Welt! in deiner Fülle mich; Ach! da stürzt ich mit den Wesen allen Freudig aus der Einsamkeit der Zeit, Wie ein Pilger in des Vaters Hallen, In die Arme der Unendlichkeit. - Seid gesegnet, goldne Kinderträume, Ihr verbargt des Lebens Armut mir, Ihr erzogt des Herzens gute Keime, Was ich nie erringe, schenktet ihr! O Natur! an deiner Schönheit Lichte, Ohne Müh und Zwang entfalteten Sich der Liebe königliche Früchte, Wie die Ernten in Arkadien. Tot ist nun, die mich erzog und stillte, Tot ist nun die jugendliche Welt, Diese Brust, die einst ein Himmel füllte, Tot und dürftig, wie ein Stoppelfeld; Ach! es singt der Frühling meinen Sorgen Noch, wie einst, ein freundlich tröstend Lied, Aber hin ist meines Lebens Morgen, Meines Herzens Frühling ist verblüht. Ewig muß die liebste Liebe darben, Was wir lieben, ist ein Schatten nur, Da der Jugend goldne Träume starben, Starb für mich die freundliche Natur; Das erfuhrst du nicht in frohen Tagen, Daß so ferne dir die Heimat liegt, Armes Herz, du wirst sie nie erfragen, Wenn dir nicht ein Traum von ihr genügt. Friedrich Hölderlin (* 20.03.1770, † 07.06.1843)