Reise durch Wirklichkeiten

Freitag, 30. Juni 2017

Perspektiven

Ich glaube, dass verschiedene Perspektiven auf die Wirklichkeit die Menschen und ihre Lebenswelt ganz entscheidend beeinflussen. Also versuche ich Einflüsse auf diese subjektiv gefärbten Perspektiven offen zu legen, sie zu benennen, sie als veränderbare Größe abzubilden. Ich mache dies stets aus Perspektiven, die ich aus meiner eigenen Sicht oder der meiner Umwelt nachvollziehen kann. Ich muss an solche Sichten „rankommen“. Selbstverständlich gibt es unzählige weitere Sichten in dieser Welt, aus geographischen Räumen, aus ethnisch geprägten Räumen, aus anderen, mir nicht in keiner Weise zugänglichen sozialen Räumen, usw. Ich würde solche Perspektiven gerne hier berücksichtigen, habe aber keinen persönlichen Zugang dazu. Ich weiß nur, dass es sehr viele verschiedene Perspektiven auf diese Wirklichkeit gibt und dass sie tolerant nebeneinander stehen sollten. Ja, es mag überhaupt schon ein gewisser Fortschritt sein, von solchen anderen Perspektiven und den Wechselwirkungen mit der eigenen überhaupt zu wissen. Gleichzeitig mag eine Art Druck entstehen, sich dafür zu entscheiden, was einem wichtig sein solle.... Dazu anzuregen, sich mit solchen Dingen auseinanderzusetzen, mag ein Ziel dieses Blogs sein.   

Donnerstag, 29. Juni 2017

An meine Mutter (Novalis) (Lyrik)

An meine Mutter


Die mich einst mit Schmerz gebar,
Doch mit Mutterfreuden –
Da ich noch ein Knäblein war,
Vieles mußte leiden,


Stets mich doch mit Sorg gepflegt
Und mit Angst und Mühe,
Und mich oft noch huldreich trägt:
Siehe, wie ich blühe.


Und ein Liedchen singe ich
Dir voll Dank und Freude.
Nimm es an und freue dich,
Höre, was ich heute


Wünsche dir voll Dankbarkeit:
Lebe uns zufrieden
Lange noch; was dich erfreut,
Müsse dich hinnieden


Stets beglücken; ohne Rast
Blühen deine Wangen
Von Gesundheit, Sorgenlast
Möge dich nicht fangen.


Und mit froher Munterkeit
Werd des Alters Beute,
Schau der Kinder Seligkeit,
Sieh, dies wünsch ich heute.



(Novalis, 1772 - 1801)

Dienstag, 27. Juni 2017

Beobachtungen zum Heraufdämmern eines neuen Populismus (5)

Es scheint ein neues Schimpfwort zu geben in den Talkshows, zu denen sowieso immer nur dieselben Nasen eingeladen werden. Das Schimpfwort heißt „Populismus“. Nach Belieben kann es mit „Rassismus“ oder „Nazis“ ergänzt werden. Kann man machen, spricht für sich. Stereotypen. Reflexe. Was mich stört, ist die vollkommene Ahnungslosigkeit dieser Leute, die etwas von „oben“ zu betrachten scheinen, was sie aber in der Realität kaum kennen, sondern nur von ihren Referenten oder Assistenten zugetragen bekommen. Diese Talkshow-Diskutanten können sich selten in eine andere Realität hinein versetzen, in der das Geld grundsätzlich eine andere Bedeutung hat, in der Armut konkret wird und das alltägliche Leben bestimmt. Sie leben in anderen Selbstverständlichkeiten. Ein gewisses Maß an Populismus pflegen auch die bundesdeutschen Parteien, die doch alltäglich nach den Umfragen schielen und um das „Ankommen“ sowie ihr „Image“ so stark besorgt sind. Bei Fernsehleuten entspricht dem das Schielen nach "Quoten". Den jeweiligen Generalsekretären der Parteien einmal zuzuhören, kann hier lehrreich sein. Sie und die sie umgebenden Lakaien scheinen oft einer selbsternannten „Elite“ von Anpassern, Karrieristen und öffentlichen Lautsprechern anzugehören. Sie verkünden von oben herab ihre „Weisheiten“. Wer sie nicht teilt, wird oft mit den oben genannten Ausdrücken/Kategorien bedacht. Dem Volk aufs Maul zu schauen, wie es auch etliche Linksableger fordern, scheint inzwischen aber eine Art Todsünde zu sein. Man weiß es besser, egal was. Man ist besser informiert, man sieht sich als „Experte“. Man vertritt gleichzeitig die Mehrheit.  

Montag, 26. Juni 2017

Parteitagsrituale

Welch jämmerliche Veranstaltungen doch Parteitage zu sein scheinen! Da fallen markige Worte in lange Reden, da herrscht kumpelhafter Umgang und das bewährte Geschwafel von der „hart arbeitenden Mitte unserer Gesellschaft“. Ob dieser Mitte wohl bald die Arbeit ausgeht angesichts der „Arbeitswelt 4.0“, die die Arbeitgeberwelt so laut ausruft und die selbst SPD-Ministerien „untersuchen“ oder in Gremien bereden lassen? Egal, es werden Daumen gereckt und Siegerposen eingenommen. Ach, wenn das alles bloß nicht so einstudiert künstlich und von Werbeagenturen nahe gelegt wirken würde! Egal, das Parteivolk findet's großartig und gefällt sich in Klatschorgien. Der Kandidat ist in besseren Zeiten mit 100 % gewählt worden, was für sich selbst spricht. Jetzt braucht er Zuspruch, der Bart Schulz. „Zeit für Gerechtigkeit“ heißt das unterlaufene Motto des Parteitags und Schwarz auf Rot ist gedruckt „Zeit für Martin“. Kindereien. Werbekram einer Partei. Sprüche. Ob das Deutschland gut tut? Da wird von der „Arroganz der Macht“ geschwafelt, als sei man daran nicht beteiligt. Groko lässt grüßen. Es muss sich gegenseitig Mut gemacht werden, man muss sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, - sonst stinkt man – ist zu befürchten - in der nächsten Wahl ab. Um die Grünen steht es Umfragen zufolge auch nicht besonders gut. Aber von Umfragen halte man nichts, so lässt man trotzig verbreiten, nicht ohne den nächsten Morgen mit seinen neuesten Umfrageergebnissen heftigst herbei zu sehnen. Man will jetzt endlich den Staat regeln lassen, verbieten und vorschreiben ist die alte neue Zauberformel. Etatismus ist in Deutschland sehr beliebt. Der Staat soll's richten, in jeder Lage, auch wenn er bei der inneren Sicherheit jetzt vielleicht ein bisschen zu viel tut. Nachts um 2 Uhr werden noch schnell ein paar Gesetze zu dieser inneren Sicherheit durchgewunken, auch wenn die Augen fast schon zufallen, egal. Klar, dass solch schwierige Bemühung Diätenerhöhung verlangt. Parteien und ihre Abgeordneten, die sich öffentlich gerne bekriegen, sind sich darin mal wieder sehr einig. Ist längst abgesprochen. Eine Woche zuvor schon haben die Grünen das Ritual des Parteitags vollzogen: unter der Woche erregte ein Video mit ketzerischen Bemerkungen des Baden-Württembergischen Grünen-Ministerpräsidenten Aufsehen. Reden und Meinungen bestimmter Personen wurden niedergemacht. Demokratieverständnis? Aufgeregtheiten oder gar Wut werden katastrophal schlecht vorgespielt und entlarven sich selbst. Aber den Delegierten, die sich selbst als wichtig erleben sollen, gefällt's. Sie nennen's lieber „Auseinandersetzung“ statt „Streit“. Natürlich geht’s um hehre Ziele. Um „Inhalte“. Es geht um's Mobilisieren, nicht ums Koalieren. Natürlich. Durchzustehen und abzusitzen sind da erst noch lange Reden mit Rednern, die den Delegierten und sich selbst gefallen wollen. Mit Temperament und Gefühlsechtheit, noch schlechter vorgespielt. Gar nicht aufgesetzt. Wo denn da das breite Volk bleibt? Nun ja. Das soll gefälligst zur Wahl gehen.

Sonntag, 25. Juni 2017

Alltags-Kommunikationen

Ich war gestern wieder einmal mit dem Auto beim Discounter und es glich geradezu einem Horrortrip. Ich hatte schon beobachtet, wie zwei Autos aufeinander gefahren waren und hatte mich aus der Ferne gewundert. Doch mittlerweile wundere ich mich gar nicht mehr. Da werden Autotüren geöffnet, da wird gedankenlos an Autos vorbei gegangen, da wird in Parklücken hinein- und herausgefahren: ohne jeden Blick für den anderen, der ja auch nur einkaufen will. Rücksicht, Abstimmung mit dem anderen scheint völlig abwegig in dieser Gemengelage. Man selbst ist im Recht, - und das immer. Ich komme aus dem Verkaufsraum und darf eine Schramme an meinem Auto besichtigen. Wer das wohl war? Niemand? Hm, sieht nicht so aus. Man ist vorsichtig, vielleicht schon übervorsichtig und macht gerade dadurch einen Fehler. Denn man fährt ganz ganz langsam aus der Lücke und wird gerade dadurch für diejenigen unsichtbar, die mit so viel Rücksicht gar nicht rechnen. Da wird geradeaus gefahren, weil man ja im Recht ist, - oder wenigstens das von sich glaubt. Ob von der Seite jemand mit höchster Vorsicht aus seiner Lücke heraus fahren will, ist da unerheblich. Man will in eine Lücke fahren und genau in diesem Moment geht eine Türe auf und versperrt natürlich alles. All das, was einem vielleicht als Raum fürs Parken hätte dienen sollen. Man ist gezwungen, rückwärts heraus zu fahren und schaut natürlich sehr aufmerksam nach rechts und links. Doch das Unheil nähert sich von hinten. Zack, Schepper! Ausstiege, wütendes Faustgeballe......Man will zurückstoßen, doch genau in diesem Moment geht jemand dazwischen, schaut nicht rechts, schaut nicht links, ist nur im Recht. Ob ihm das etwas nützte, wenn er angefahren würde? Ok, das Smartphone mit seinen äußerst wichtigen Nachrichten ist klar wichtiger....im Zweifel tut's der starre Blick aufs Kommunikationsgerät..... 

Samstag, 24. Juni 2017

Oldtimer-Träume von alten Zeiten

Es fahren jetzt ziemlich viele Oldtimer-Cabrios umher. Aufgemotzte VW-Käfer, überarbeitete Opel Kadett und aufgehübschte Renault Alpines. Und da! Ein Triumph Spitfire! Gleichzeitig sind TV-Sendungen Quotenhits, in denen dreckig-speckige Figuren erst Liebhaberkisten günstig listig kaufen und dann mit Kennermiene erklären, wo und wie nachgerüstet werden muss. Was das wohl bedeutet? Ist es Ausdruck einer Erbengeneration oder eines nostalgischen Feelings? Oder beides? Gilt es, hinein zu fahren in eine Vergangenheit, in der Autos noch eine Identität hatten, in der sie charakterstark etwas bedeuteten und nicht nur anonym globalisierte Kisten waren, die einen möglichst protzig PS-stark und anmaachig verkleidet von einem Punkt zum anderen bringen sollten? Da ist die Erbengeneration, die mit ihrem Geld etwas anfangen muss und der die derzeitige Geldanlage in Europa zu ungünstig erscheint. Also wird in Sachwerte investiert: Immobilien, aber auch – dies hier! Wow! - alte Autos. Ihre Wertsteigerung sei so gut wie sicher, heißt es. Da weiß man, was man hat: jedenfalls haben's gewisse Kreise, die nicht wissen, was sie mit ihrem Geld anfangen sollen. Und: Das Besondere ist dadurch auch gewährleistet. Man stellt sich dar als der Besitzer von etwas Außergewöhnlichem, als einer, der Geschmack und Stil hat. Es beschleicht einen beim einen oder anderen dieser flotten Autolenker mit Datschkapp und heißer Schnecke neben sich ein Gefühl des Mitleids, wenn etwa der Regen doch noch einsetzen sollte und die mondänen Fahrer weit und breit kein Rückzugsgebiet finden. Hm, was dann? Nun ja, hierzulande gibt es Schlimmeres. Die Fahrzeuge wurden ja rechtzeitig modernisiert und verfügen über umfangreiche Einrichtungen dafür. Man soll langsam fahren und es gleiten lassen, ist in der nächsten TV-Sendung zu erfahren, die vor allem teure Modelle vorstellt und die bekannten italienischen Marken als zu alltäglich ausspart. Ja sind jetzt alle Millionäre geworden?  

Donnerstag, 22. Juni 2017

Reformen in der neoliberalen Marktwirtschaft

Vorsicht scheint geboten, wenn Politiker das Wort „Reformen“ gebrauchen. Gestern hat Königin Elisabeth II. das Regierungsprogramm ihrer Premierministerin Frau May verlesen. Diese wollte ja eigentlich „durchregieren“ und einen harten Brexit vollziehen. Ihr Wahlkampf sollte das mit einem Erdrutschsieg ihrer Partei unterfüttern. Im Rahmen ihres grottenschlechten Wahlkampfes soll sie auch eine „Demenzsteuer“ gefordert und dies als „Reform der Pflegesteuer“ verkauft haben. Dass dadurch viele Alte hätten ihr Häuschen verkaufen müssen, um ihre Pflege auch nur ansatzweise zu sichern, dass ihnen auch darüber hinaus Zuschüsse gestrichen worden wären, ist Frau May in ihrem Wahlkampf wohl nicht so recht wohl bekommen. Dass auch nach Erhebungen von Meinungsforschungsinstituten der Brexit vor allem von den Alten gewählt worden ist, beißt sich schon bei oberflächlichster Betrachtung mit den konservativen Wahlzielen. Aber wahrscheinlich hat Frau May ein Heer von Beratern gehabt, die dazu keine dezidierte Meinung geäußert haben. Jedenfalls scheint sie erstmal mit ihrer „Demenzsteuer“ gescheitert zu sein. Doch schon erheben sich die Stimmen der neoliberalen und wirtschaftskonformen Geldsäcke, die nach dem Erdrutschsieg von Macrons Partei/Bewegung von ihm jetzt die oft versprochenen „Reformen des Arbeitsmarkts“ fordern. Das darunter auch die erhebliche Kürzung der Sozialausgaben verstanden wird, sowie die Rücknahme der 35-Stunden-Woche zugunsten einer 40-Stunden-Woche, scheint dabei klar zu sein. Die Vertreter der Wirtschaft fordern solche Dinge schamlos und zeigen hiermit, wohin eine Abwärtsspirale der Sozialausgaben sowie der zugehörigen Reformen wie in Deutschland führen kann. Lohndumping, wie hierzulande im Rahmen der Agenda 2010 durchgeführt, soll dann als „Reform“ verkauft werden. Klingt doch besser als Kürzung. Dass diese Bewegung der neoliberalen "Reformen" immer weiter und weiter gehen soll, dass sie tatsächlich einer nach unten führenden Spirale gleicht, wird dabei gerne verschwiegen. Auch Griechenland scheint dafür ein ziemlich einleuchtendes Anschauungsbeispiel zu sein. 
Politikersprech scheint hier den allgemeinen Sprachgebrauch überwölbt zu haben. War „Reform“ einst etwas Hoffnungsvolles und in die Zukunft Gerichtetes gewesen, so steht das Wort heute für eiskalte neoliberale Maßnahmen, denen vor allem die unteren Einkommensschichten ausgeliefert sind. „Wettbewerb“ ist in diesem Zusammenhang auch ein Modewort, das eiskalten Verdrängungs“wettbewerb“ kaschieren soll. "Marktkonforme Demokratie" scheint dabei ein Ziel zu sein, das womöglich erhebliche gesellschaftliche Kosten wird. 

Mittwoch, 21. Juni 2017

Wer einmal Mutter dich erblickt (Novalis, Lyrik)

Wer einmal, Mutter, dich erblickt... (Novalis)


Wer einmal, Mutter, dich erblickt
wird vom Verderben nie bestrickt,
Trennung von dir muß ihn betrüben,
ewig wird er dich brünstig lieben
Und deiner Huld Erinnerung
bleibt fortan seines Geistes höchster
Schwung


Ich mein' es herzlich gut mit dir,
was mir gebracht, siehst du in mir.
Laß, süße Mutter, dich erweichen,
einmal gieb mir ein frohes Zeichen.
Mein ganzes Daseyn ruht in dir,
Nur einen Augenblick sey du bei mir.


Oft, wenn ich träumte, sah ich dich
So schön, so herzensinniglich,
Der kleine Gott auf deinen Armen,
Wollt' des Gespielen sich erbarmen;
Du aber erhobst den hehren Blick
Und gingst in tiefe Wolkenpracht zurück;


Was hab' ich, Armer, dir gethan?
Noch bet' ich dich voll Sehnsucht an,
Sind deine heiligen Kapellen
Nicht meines Lebens Ruhestellen?
Gebenedeite Königinn
Nimm dieses Herz mit diesem Leben hin.


Du weißt, geliebte Königinn,
wie ich so ganz dein eigen bin.
Hab' ich nicht schon seit langen Jahren
Im Stillen deine Huld erfahren?
Als ich kaum meiner noch bewußt,
Sog ich schon Milch aus deiner selgen Brust.


Unzähligmal standst du bei mir,
Mit Kindeslust sah ich nach dir,
Dein Kindlein gab mir seine Hände,
daß es dereinst mich wieder fände;
Du lächelst voll Zärtlichkeit
Und küßtest mich, o himmelsüße Zeit!


Fern steht nun diese selge Welt,
Gram hat sich klängst zu mir gesellt,
Betrübt bin ich umher gegangen,
Hab' ich mich denn so schwer vergangen?
Kindlich berührt' ich deinen Saum,
erwecke mich aus diesem schweren Traum.


Darf ein Kind dein Antlitz schaun,
Und deinem Beistand fest vertraun,
So löse doch des Alters Binde,
Und mache mich zu deinem Kinde;
die Kindeslieb' und Kindestreu
Wohntz in mir von jener goldnen Zeit noch bei.



(Novalis)

Dienstag, 20. Juni 2017

Zitate und Aufnahmen

Wie gerne würde ich hier Hesse zitieren, Kafka, Trakl, Nietzsche und andere meiner Sterne! Doch ich fühle mich unsicher angesichts von Urheberrechten und Copyright-Ansprüchen. Ich greife lieber auf die paar Klassiker zurück, die mir lieb sind und von denen ich weiß, dass jegliche Urheberrechte längst abgelaufen sind. Ich nehme sie heraus aus dem Pool, der mich bewegt. Ich versuche, sie in Beziehung zu setzen mit meiner heutigen Realität, die keine Besinnung, kein schönes und gleichzeitig intensives Setzen von Worten zu kennen scheint. Auch ein schönes Unterfangen, erst recht, nachdem ich sie oft mir mir herumschleppe, mit ihnen umgehe und mit ihnen in Verbindung trete. Sie sind mir nahe, kein Zweifel, diese (Schön-)geister. Sie scheinen aus längst vergangenen Realitäten heraus in Verbindung mit mir zu treten – und doch teilen sie mit mir mein Mensch sein, egal in welchem Kontext. Ich hole sie herunter von ihrem Sockel, kommuniziere mit ihnen „auf gleicher Augenhöhe“. Wir sind Menschen und versuchen, sie nicht zuletzt in der Wahl unserer Worte zu bleiben. Was ist der Mensch überhaupt? Auch dazu können uns diese „Klassiker“ noch einiges sagen, das wir in uns hin und her bewegen sollten. Abwägen. Gesichtspunkte erwägen. Positionsbestimmungen versuchen, an einem Thema, am Wort überhaupt. Und ist nicht die Sprache überhaupt ein Merkmal des Mensch seins? Ja gewiss, all das ist in tausend Sonntagsreden missbraucht und in Unverbindlichkeiten überführt worden, die vielleicht sogar der sozialen Abgrenzung gedient haben könnten. Doch ich versuche mich davon nicht beeindrucken zu lassen. Ich nehme in mich auf, ich rede mit ihnen, ich mache sie zu Kumpels und Mitwissern. 

Montag, 19. Juni 2017

Das Blatt macht die Blume (Text)

Das Blatt macht die Blume
Du trinkst jetzt stilles Wasser
suchst das Düstere im Hellen
Der Koffer ist die Reise
Das Blatt macht die Blume
Du trinkst jetzt stilles Wasser
suchst das Düst're im Hellen
zuhause im eignen Körper
suchst in der eignen Seele



Bilder fallen ineinander
türmen sich in sich auf sich
zerbröseln wieder im Hirn
fallen Dir in die Stirn
Pulver rieselt in Dir
durchdringt deine Poren
der Koffer ist die Reise

das Blatt macht die Blume

Sonntag, 18. Juni 2017

An meine Mutter (Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832)( Lyrik)

An meine Mutter
Obgleich kein Gruß, obgleich kein Brief von mir
So lang dir kömmt, lass keinen Zweifel doch
Ins Herz, als wär’ die Zärtlichkeit des Sohns,
Die ich dir schuldig bin, aus meiner Brust
Entwichen. Nein, so wenig als der Fels,
Der tief im Fluss vor ew'gem Anker liegt,
Aus seiner Stätte weicht, obgleich die Flut
Mit stürm’schen Wellen bald, mit sanften bald
Darüber fließt und ihn dem Aug’ entreißt,
So wenig weicht die Zärtlichkeit für dich
Aus meiner Brust, obgleich des Lebens Strom
Vom Schmerz gepeitscht bald stürmend drüber fließt,
Und von der Freude bald gestreichelt still
Sie deckt und sie verhindert, dass sie nicht
Ihr Haupt der Sonne zeigt und ringsumher
Zurückgeworfne Strahlen trägt und dir
Bei jedem Blicke zeigt, wie dich dein Sohn verehrt.

(Johann Wolfgang von Goethe)

Samstag, 17. Juni 2017

Politiker, Machtmenschen und ihr Tod

Herb gestaunt habe ich gestern abend ob dieser unerträglichen Verherrlichung eines rücksichtslosen Machtmenschen. Eine solche haltlose Verherrlichung und Anbetung hat wohl auch mit der gesellschaftlichen Unfähigkeit zu tun, mit dem Tod als Teil des Lebens umzugehen. Diese Gesellschaft liebt den Kitsch und die gezielte Verdrängung als peinliche Selbstüberhöhung. Realistisches „Gedenken“ scheint ihr unmöglich und fehl am Platze, besonders angesichts von Politikern, die sich als Vollzugsorgane der Geschichte gerieren.
Als einer, der sich vom „Herrn K.“ auf diese oder jene Art hat prägen lassen müssen, muss ich zu bedenken geben, dass ich vieles ganz anders als in diesen Sendungen dargestellt erfahren habe. Ich habe es anders erlebt. Dies beschert mir jetzt eine Enttäuschung angesichts dieser Unterwürfigkeitsorgie, die als Porträt oder Nachruf daherkommt. Der Herr K. war ein Machtmensch durch und durch, der all seine potentiellen Widersacher aus dem Weg geräumt hat und uns einen Stillstand in jeder Hinsicht beschert hat. Er war sogar der Verwalter des Stillstands. Dies festzustellen geziemt sich natürlich nicht jetzt, in diesem Moment, in dem das feierliche „Gedenken“ regiert. Wow, die Lügen der Politik und des Politikbetriebs zu analysieren, ihre Techniken und Mechaniken zu studieren, wann gibt es einen besseren Zeitpunkt dafür als dann, wenn ein allgemeines Interesse noch einmal kurz aufflammt? Wenn nicht jetzt, ja wann denn dann? In den früher oder später abgehaltenen Seminaren irgendwelcher Hochschulen? In den Hinterstuben der Politik? In den Kreisen jener „Eliten“, die sich ja ohnehin immer in ihrer politischen Korrektheit einig sind? Der Herr K. war doch beispielhaft einer derer, die sich immer und überall durchgesetzt haben. Er war der personifizierte „Wille zur Macht“, der sich letztenendes in seinem Größenwahnsinn sogar über dem Grundgesetz stehend empfand. Einer, der seine Macht wie selbstverständlich für sich in Anspruch nahm, ein Mann des letzten Jahrhunderts, der die Chancen, die sich ihm boten, im Einklang mit dem Zeitgeist und als Opportunist weidlich für sich ausnutzte. Der „große Europäer“? Nun ja, trotz aller Orden und Ehrentitel: Nicht nur seine „späten Jahre“ dürften hier einiges relativiert haben...
Jetzt ist nicht der Moment, sich mit dieser - allenfalls - „Fußnote der Geschichte“ zu befassen, so erfahre ich über die Rechtsverletzung, mit der er sein „Außerhalb des Gesetzes stehen“ bräsig und trotzig vertrat. Er war ja nach seinem Selbstverständnis schließlich „ein Beweger der Geschichte“, ein „ganz Großer“, dem das zustand, was er sich selbst zustand.... Dass er offenbar überall „Loyalität“ verlangte und abforderte, dass er die "Einheit" mitzunehmen und geschickt umzusetzen verstand, wird ihm von heute aus in diesen Sendungen als Kennzeichen großer Staatskunst gedeutet. Als „Glücksfall der Geschichte“ und der Menschenführung. Was das bedeuten konnte, wirkt womöglich bis heute nach. Dass er Vertrauensverhältnisse aufbaute, um sie schließlich politisch zu nutzen und auszunutzen, hat dem „Herrn K.“ große Verdienste gebracht, so heißt es. Auf „Augenhöhe der Geschichte“ aber schien mir der Herr K genauso ein Getriebener wie der Herr G., mit dem er sich so gut und von tausend kuscheligen PR-Bildern gestützt verstand (auch der Herr G. wird nicht unbedingt aufgrund seiner Herzensgüte im Machtapparat seiner Partei und seines Landes so weit gekommen sein..... Sie, die beiden Herren, waren wohl auf „einer Augenhöhe“, wie es heutzutage so oft heißt)  

Freitag, 16. Juni 2017

Künstliche Intelligenz (8)

Ob bald der Mensch fest mit einer Digitalen Einheit verdrahtet sein wird? Maschinenmenschen bevölkern ja schon allerlei Kinofilme, es scheint die menschliche Seele zu faszinieren. Silicon Valleys dicke Lippe. Ist der Cyborg im Kommen? Die Vorstellung ist, dass Maschinen den Menschen in allen Bereichen unterstützen sollen. Dadurch soll das Leben dann leichter und besser für alle werden. Der Mensch soll weniger arbeiten müssen. Die Angst ist aber, dass Maschinen den Menschen in allen Bereichen bedrohen. Sie könnten den Menschen sogar überholen, dann versklaven und verknechten. Alles könnte außer Kontrolle geraten. Und die Voraussetzung für das alles wäre: Viele Menschen würden keine Arbeit mehr finden, wären in einem System der Produktivität überflüssig.
Es geht bei der Künstlichen Intelligenz ja um Maschinen, die selbständig denken und entscheiden können, die lernen und ableiten, ohne Vorgaben von den Menschen, ohne moralische oder gersundheitliche Bedenken. Keine Kreativität im eigentlichen Sinne sollen sie besitzen, aber selbständiges Auto fahren, das müsste trotzdem drin sein. Billigere Spezialbrillen für künstliche Realitäten sind schon am Lager, Avatare anstelle uns selbst treffen sich mit „Freunden“, aber in empfohlene Restaurants sollen wir dann schon noch gehen. Wir? Wer ist wir? Ob „Virtual Reality“ den alten Hippietraum des Träumens in der Realität wahr macht? Zu jeder Zeit überall sein. Sich jederzeit in andere Welten hineinversetzen können. Freude und Vergnügen empfinden, jederzeit herbeiführen können. Ob sich dadurch auch das Drogenproblem erübrigt?

Dienstag, 13. Juni 2017

Bäume umarmen

Nein, das ist kein Spleen von Esoterikern und Ökofreaks: einen Baum zu umarmen kann medizinisch helfen. Rinde von Bäumen enthält sogenannte Terpene, die das menschliche Immunsystem stärken und vor Krebs schützen können. Wer einen Baum umarmt, atmet diese Terpene ein und nimmt sie über seine Haut auf. Es kann aber auch ein einfacher Waldspaziergang dazu führen, ein nahe Sein, ein Aufnehmen von Energie. Die Nippon Medical School in Tokyo ist dem wissenschaftlich auf der Spur, wenn sie behauptet: „Terpene erhöhen die Zahl und fördern die Aktivität jener natürlichen Killerzellen im menschlichen Körper, die Viren entfernen und Krebszellen sowie potenzielle Krebszellen bekämpfen“. Bäume zu umarmen kann also helfen, gesund und glücklich zu bleiben. Der Trick: Man nimmt durch die Umarmung die heilende Energie der Bäume in sich auf. Mit der Zeit lernt man vielleicht den einen Baum für sich kennen, der einem eine nähere Beziehung möglich macht. Das kann auch freier machen: Vielleicht braucht man sich dann nicht zu schämen oder sich als Spinner vorkommen, wenn man Bäume umarmt.  

Montag, 12. Juni 2017

Rolle (2)

Was ich weiterhin aus meiner Soziologie-Zeit in Aufschreiben an Notizen über den Begriff „Rolle“ gefunden habe (ich studiere auf diese Weise meine Vergangenheit, meine Einflüsse,  meine Basis, meine Bewusstseinsstufen – und was davon ich mit Anderen geteilt habe, ich setze hier ein vorhergehendes Blog fort. Einen Brief an Schauspielerinnen, die ich damals als eine Art professioneller Rollenspielerinnen auffasste, habe ich früher hier auch schon erwähnt):

Rollenambivalenz: Rollendoppelwertigkeit, die Diskrepanz zwischen der Reziprozität der Erwartungen von institutionell aufeinander bezogenen sozialen Rollen und der Grad der Befriedigung bzw. Frsutartion, die die zum Rollenspiel verpflichteten Personen durch entsprechend normiertes gegenseitiges Sichverhalten erreichen bzw. erleiden. Es ist ein Maß der Übereinstimmung von Rollenerwartung und Rollenverhalten.

Rollendistanz: Fähigkeit des Infragestellenkönnens der eigenen Rolle. „.....sich und besonders seine Rolle immer wieder in Frage stellen und stellen lassen, das ist mein Ding", schrieb ich später mal in mein Tagebuch.

Rollenambiguität: liegt vor, wenn die Person ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Rollenanpassung (oft zum Zwecke der Selbstdarstellung und Selbstdurchsetzung) und eigenen Rollenentwürfen nicht finden finden kann. RA liegt oft auch vor bei einer großen Widersprüchlichkeit einer Rolle. Dies wirkt sich oft im Stress aus (z.b. bei der Arbeit, wenn eine große Unklarheit darüber besteht, was zu den Aufgaben gehört und was nicht. 

Samstag, 10. Juni 2017

Ablenkungsmanöver

Um eines klarzustellen: ich halte Donald Trump für einen Clown und Kasper, einen neurotischen Narzissten und widerlichen Machtmenschen. Die USA hätten Besseres verdient. Doch es beschleicht mich der Verdacht, dass das anhaltende Trumpbashing hierzulande ablenken soll davon, dass Arm und Reich immer weiter auseinander driften in der europäischen Gesellschaft, dass die Sprachlosigkeit zwischen vermeintlicher Elite und den Leuten auf der Straße immer ausgeprägter wird, dass die Globalisierung viele, aber halt nicht alle Probleme lösen kann, insbesondere diejenigen, die mit Identität zusammenhängen. Denn der Globalisierung wohnt die Tendenz inne, alles auf seine ökonomische Verwertbarkeit zu reduzieren und jedes „Individuum“ für ersetzbar zu erklären. Auch die vielen sozialen Fragen scheinen der Politik hierzulande mehr oder weniger gleichgültig. Man streut Sand und feuert Nebelkerzen ab, - wie gehabt. Blöd nur, dass die Spieß- und Kleinbürger in den USA den falschen „Politiker“ gewählt haben, der ihren eigentlichen Interessen möglicherweise krass zuwider handelt. Aber das war hier schon unter Adolf so und charakterisiert die Hilflosigkeit des gemeinen Volkes politischen Spielchen gegenüber. Dass hier auch von anderer Seite abgefischt werden soll, ist ja wohl offensichtlich.  

Am Lago Maggiore (Foto)

Am Lago Maggiore

Freitag, 9. Juni 2017

Tiere verstehen

Die Nutzung von Tieren abschaffen? Tierrechtsdenken? (Geht bis in die Aufklärung zurück) Im angelsächsischen Raum wurde aus der puritanischen Bewegung heraus ein verändertes Verhältnis zum Tier gefordert. Besonders stark ist dies bei den Quäkern der Fall. Sie heben ein besonders sensibles Verhältnis zum Tier aufgrund einer theologischen Begründung: Durch die Erbsünde ist das ganze Leben zu Mühsal und Plackerei geworden. Adams Verfehlung hat das menschliche Leben schlecht gemacht. Tiere können nichts dafür, dass der Paradiesgarten auch für Tiere vorbei ist. Sie sind die unschuldig Mitgefangenen von menschlichen Verfehlungen. Deswegen haben wir besonders sensibel und vorsichtig mit ihnen umzugehen. In der klassischen Schöpfungsgeschichte im Alten Testament wird alles, was kreucht und fleucht, für den Menschen gemacht. Der Mensch steht im Mittelpunkt allen Tuns. Das alles stammt historisch gesehen aus dem Leben von Halbwüstenbewohnern, die etwa ein ganz anderes Leben als die Ägypter damals hatten. Im alten Ägypten sah es aus wie in der Serengeti: da gab es Nashörner, Löwen, Antilopen und andere. In den Halbwüsten hingegen gab es ganz wenig Tiere. Jedes Tier stellte eigentlich nur eine Gefährdung der Herde dar. Das zog ein ganz anderes Verhältnis zum Tier nach sich. Die Utilitaristen in Gestalt des Jeremy Bentham hatten auch etwas dazu zu sagen. Er schrieb 1789: „Die Frage ist nicht, ob die Tiere denken können. Die richtige Frage wäre: können sie leiden?“. Trotzdem hatte er kein Problem damit, dass man Tiere gegessen hat. Er meinte wohl, dass es für die Tiere nicht wirklich schön sei, wenn sie gehalten würden, um sie zu verspeisen. Aber andererseits sei es ja auch gut, dass die Leute Fleisch essen. Nach einer Abwägung kam er zu dem Schluss, dass es gar so viel Leiden es vielleicht nicht sei. Alles in allem sei das dann in Ordnung.

Donnerstag, 8. Juni 2017

Digitale Arbeitswelt, - wann?

Nur nicht in Panik verfallen! Es wurden schon oft bahnbrechende Veränderungen angekündigt, die dann doch nicht so schlimm waren. Sich immer im Mainstream, im Mittelfeld ruhig halten und abwarten, das dürfte ein Rezept sein, dass auch in Zukunft angesichts der Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt tragen könnte. So in etwa dürfte die Mehrheit der Bevölkerung angesichts gewisser Prognosen denken. Und sich als wissenschaftlich verstehende Kreise springen ihnen bei: noch immer hätten neue Arbeitsfelder und Neuorganisationen bezahlter Arbeit, die sich auch als technische Revolutionen gerierten, auch neue Arbeitsplätze generiert, so heißt es von deren Seite. Es ist dies wohl vielmehr ein Glaube, als eine auf wissenschaftlicher Erkenntnis basierende Einstellung. Ihre Grundlage scheint die Annahme zu sein, dass der technische Fortschritt die Produktivität so sehr gesteigert hat, dass auch immer mehr Arbeit entstanden ist. Die Voraussetzung wachsender Märkte haben diese Einstellung hervor gebracht. 
Beim digitalen Arbeitsmarkt 4.0 ist dies aber wohl nicht der Fall. Diese steigende Produktivität erobert keine neuen Märkte, sondern sie macht die bestehenden effizienter, was Entlassungen und „Freisetzungen“ in großem Ausmaß zur Folge hat. Es werden sich im Rahmen der sozialen Polarisierung, die jetzt schon zu beobachten ist, zwei gesellschaftliche Gruppen bilden: die eine wird von ihrer Arbeit leben können, die andere nicht. Es entsteht somit wohl eine gigantische Arbeitslosigkeit und eine daraus folgende Instabilität des Ganzen. Alles fällt auseinander. Der Wert der Lohnarbeit wird wohl völlig neu eingeschätzt werden müssen, der Mensch erhält seinen Wert nicht länger aus dem, was er „leistet“. Es wird eine Gesellschaft geben, in der viele Leute nicht für Lohn arbeiten. Dadurch können Freiräume für andere Aktivitäten entstehen. Die sogenannte „Arbeitsgesellschaft“ könnte ein völlig neues Gesicht bekommen. Könnte? Wann? Es gibt ernst zu nehmende Kreise, die meinen, dass das schon sehr bald der Fall sein wird.  

Mittwoch, 7. Juni 2017

Der Andere, der Nächste

Und jetzt etwas ganz anderes, eine besondere Klugscheiserei: alle suchen nach sich selbst, dem vermeintlichen Glück. Aber wenn wir davon ausgehen, könnte der Weg auch zum Wir führen, zu den Anderen. Das wäre eine Besinnung auf die Grundwerte. Denn wir existieren niemals ohne die anderen, der Mensch steht in einem gesellschaftlichen Zusammenhang. Natürlich sollte man sich bei der Einschätzung und dem Umgang mit seinen Mitmenschen auf keine Idealisierungen zubewegen. Die können sich meist nur reiche und wohlbestallte Menschen leisten. Selbstverständlich sind die meisten der uns umgebenden Menschen von neoliberalen Mechanismen des Turbokapitalismus versaut. Aber genau darin, im Erkennen von Strukturen, Denk- und Verhaltensmustern und Bewusstseinsstrukturen, könnte der erste Schritt der Hinwendung zum Anderen bestehen. Das zu erkennen, was allen Menschen aufgegeben ist, es in einem humanen Sinne zu verändern versuchen und damit empathisch (!) umzugehen versuchen, das könnte es sein. Wer sich um sich selbst kümmern kann, vermag dasselbe vielleicht mit seinen Mitmenschen.  

Montag, 5. Juni 2017

Diesler

Ich wohne im Großraum Stuttgart und fühle mich schwer geschädigt durch die dortigen Luftverhältnisse. Viele Jahre lang litt ich unter chronischer Bronchitis, die von Fach- oder Spezialärzten auch gerne mal als Asthma diagnostiziert wurde. Ich rannte weiter und immer weiter zu allerlei medizinischer Spezialisten, ließ Hypersensibilisierung machen und vermutete Allergie, nahm Medikamente, wendete Sprays an. Bis ich zu einem relativ stringenten Ergebnis kam, dass die Luftqualität in Stuttgart zumindest stark zu meinen Beschwerden beigetragen haben mag. Ob das die Ärzte wussten? Dank sei, dass ich keinen Dieselverbrennungsmotor gekauft hatte. Es gab ihm gegenüber ein eher grundsätzliches Misstrauen gegenüber, das gar nicht mal so sehr auf Fakten beruht haben mag. Doch was macht derjenige, der vor nicht langer Zeit eines wohl zu guten Glaubens der Autoindustrie samt einem steuernachlassenden Staat war und einen mit ach so cleanen Dieselmotor der EURO 5-Norm versehenen PKW kaufte? Wie sich jetzt heraus stellte, muss das wohl ein Irrtum gewesen sein: im Labor unter kontrollierten Bedingungen mögen die unter dem Einfluss einer speziell dafür geschaffenen Software gemessenen Werte diese Messungen bestätigt haben. Nur, im Alltag und unter realistischen Bedingungen im Freien eingesetzt scheinen solche Motoren ein Vielfaches an giftigen Abgasen auszuspucken. Blöd. Passende Abgasreinigungssysteme scheinen bereit zu stehen, sind der Industrie zum Einbau aber wohl zu teuer. Was jetzt? EURO 6 wird nun heiß empfohlen. Dumm nur, dass die Abgaswerte hier noch höher zu sein scheinen. Das Ding ist schlecht. Aber von der Kanzlerin wird der Diesel ja nach wie vor empfohlen. Ja, die Kanzlerin muss es ja wissen. Sie kümmert sich..... Es scheint jedoch, dass der Dieselfahrer nicht wirklich gut dran ist.

Sonntag, 4. Juni 2017

Kreuzfahrten

Kreuzfahrten sind beliebt. Mal hier, mal dort herein schauen und sich dann wieder in die behagliche Höhle zurück ziehen, um sodann mit Gleichgesinnten dem gemeinsamen Vergnügen nachzugehen, das ist das kommende Konzept. Sich nicht mit den Realitäten der jeweiligen Länder auseinandersetzen, sondern im Rahmen einer Stippvisite mal kurz die einen umgebende Tapete austauschen, „Ach so“ sagen, um dann wieder seines Weges zu gehen, der ja im Falle von Deutschland so erfolgreich exportorientiert zu sein scheint. Dies ist auf dieser Welt scheinbar das Recht des Erfolgreichen.
Wir sind allen anderen überlegen, wir müssen uns um sie mit Geld kümmern, das ist das neue Credo Deutschlands. Noch nicht lange vorbei ist die Zeit, da die anderen diese größer gewordene deutsche Republik in eine europäische Identität einzubetten versuchten. Der Euro war als Währungsidee solchen Absichten entsprungen. Noch kürzer ist die Zeit , als Deutschland als „der Fußkranke“ innerhalb Europas galt. Doch nun sind sie wieder groß und wollen unter anderem ihre biologische Einmaligkeit wieder herstellen, sie wollen zurück zu anderen Zeiten, als man hier scheinbar unter sich war. Germanen, Germans, Deutsche. Mit diesem Bewusstsein geht es als Kreuzfahrer hinaus in die weite Welt. Ein Blick auf den Freizeitpark links oder rechts genügt: wir wissen von den anderen, wir werden sie mit unseren Waren überschwemmen.

Allzu gerne wird dabei vergessen, dass derzeit noch die weitaus meisten der „Luxusliner“ mit Schweröl angetrieben werden, einem Abfallprodukt der Mineralölindustrie, das billig zu haben ist. Dies ist schwer umweltschädlich und bürdet der Umwelt Lasten auf, die alle Menschen (und nicht nur Deutschland) zu tragen haben: Gift in allen Formen, dicker schwarzer Rauch, Schwefel- und Stickoxide, krebserregende Feinstaubpartikel und Schwermetalle. Ob dies nicht eine ungünstige Parallele zu der Autoindustrie bedeutet, von der ein wichtiger Vertreter/Unternehmen für die Verbreitung von Drecksschleudern jüngst sanktioniert worden ist und gegen ein anderes "ermittelt" wird? Ob hier auch die weltweite Allgemeinheit die Folgen solchen Tuns zu tragen hat und ob dies „Exporterfolg“ bedeutet?

Samstag, 3. Juni 2017

Menschen(ver)führung (3)

Welche Charaktereigenschaften sollten fähige Manager haben? Sollten sie auf gewisse Weise „verrückt“ sein? Es sollte ihnen beispielsweise nichts ausmachen, Kinder in Indien arbeiten lassen, um den Gewinn zu steigern. Sie sollten im Kopf schnell sein, ausgesprochen egoistisch, charming und bezaubernd, ohne Moral und gute Redner. Sie sollten bei aggressiven zwischenmenschlichen Begegnungen überlegen wirken, sich und ihr Pläne gut verkaufen können und sie sollten - sehr überzeugende Lügner sein. Sie sind oft Leute, denen man sich und wichtige Entscheidungen anvertraut, gleichzeitig sollten sie Skrupellosigkeit ausstrahlen.
Da ist zum Beispiel Richard Fuld, Spitzname „Gorilla Fool“, der einstige Bankenchef von Lehmann Brothers. Er galt als ein Mensch, wie wir ihn mit seinen Merkmalen oft bei Mitgliedern der dunklen Triade finden. Dazu gehören die Persönlichkeitsmerkmale Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie. Das Modell wurde von den kanadischen Psychologen Delroy L. Paulhus und Kevin M Williams im Jahr 2002 entwickelt. Diese Menschen zeichnet oft ein gefühllos-manipulativer Stil aus. Besonders Führungskräfte scheinen sich eines solchen Stils oft zu befleißigen. Dieser ist offiziell in unserer Gesellschaft nicht erwünscht, gleichzeitig scheint er aber zu großem Berfufserfolg zu führen. Richard Fuld predigte die grenzenlose Gier und
hatte einen ausgestopften Silberrücken in seinem Büro in voller Größe. Das machte den Leuten, die mit ihm zu tun hatten, Angst - und strahlte Bedrohung aus. Sein Gebaren entsprach dieser Anmutung voll und ganz. Seine Wutausbrüche waren legendär. Nicht nur dies ließ viele Menschen, die mit ihm zu tun hatten, zu dem Schluss kommen: „Der ist verrückt“. 

Freitag, 2. Juni 2017

Talkshowfloskeln

Dinge sollen „durchsetzbar“ gegenüber den „Abgehängten“ und „Verlierern“ sein. Nicht wie bei den ach so gehassten Populisten, die etwas vom heiteren Himmel herunter versprechen. Ob man da nicht schon ein bisschen die Denke des Neoliberalen übernimmt? Ob's nicht schon etwas Totalitäres hat? Alle sind dumme Verlierer, die nicht der eigenen Meinung sind? Alles ist ein Spiel, in dem es eben Gewinner und Verlierer gibt? Es gibt viel zu viele "Kümmerer" und welche, die uns "schlechtreden" wollen?  "Schlechtreden"? Viele Leute sagen, dies oder jenes Land mache „seine Hausaufgaben“ nicht richtig. Damit sind dann meist „Reformen“ gemeint. „Reformen“ wiederum ist ein Wort, das für Lohnsenkungen und Senkungen der Sozialausgaben steht. Wachstum wird bei wachsender Weltbevölkerung ohnehin als unabdingbar betrachtet, darin sind sich die meisten einig. Dass es dabei aber verschiedene Qualitäten des Wachstums gäbe, dass es verschiedene Arten gäbe, Ressourcen einzusetzen, das fällt dabei meist unter den Tisch. Aber man "muss Abstriche machen", man muss "auf eine schnelle Einigung pochen", man muss "deutlich machen", "dass man aufs Schärfste verurteilt", natürlich "im Dialog mit dem Bürger". Und zudem "die eigene Anhängerschaft mobilisieren", - wenigstens "ein Stück weit". Das sollte man schon "deutlich machen". Floskeln, Phrasen, Politikersprech? Aber  „Was will man machen?“: „So ist das Leben!“.

Donnerstag, 1. Juni 2017

Kotdurft (Text)

KOTDURFT (Im stillen Ozean)


In die Stille eines Ozeans eingelaufen
doch er kann toben
er kann dich umbringen, dieser Ozean
sie beobachten dich dabei
und manchmal grinsen sie
du versuchst, dich über Wasser zu halten
du taumelst, du schwankst, du hast nicht
das Gleichgewicht, die Balance ihrer
ach so coolen Gleichgültigkeit


In die Stille eines Ozeans eingelaufen
scheinbar ausgeglichen so moderat
du fängst an zu frieren, zu schaudern
zu frösteln, war'n früher bessere Tage
du fällst und torkelst, kommst in Bewegung
dem Abgrund entgegen, der vor dir starrt
dunkel, kalt, feindlich abweisend
scharf verletzend, widerlich stinkend
ein Tor zur Hölle, hinaus ins Nichts


In die Stille eines Ozeans eingelaufen
scheinbar beiläufig alltäglich abgeklärt
sie können dich überraschen, diese Idioten
beim granteln, beim überlegenen Denken
du frierst, du kotzt, du fühlst dich abgegraben
von ein paar dyamischen Edelspezialisten,
agressiv, smart, nett, lächelnd in die Enge getrieben,
zum Niederknien und „Hilfe“ schrein

zum Wiederkäu'n und Gebete brüllen