Reise durch Wirklichkeiten

Sonntag, 31. Januar 2016

In der Klosterkirche

Unser Blick wurde auf den am Kirchenhimmel kämpfenden Satan gelenkt. Darunter die Figur des Cupido, was übersetzt „Begierde“ heißt, wie wir einst im Lateinunterricht gelernt hatten. „Geburt, Fortpflanzung, Tod“, der einfache Dreiklang des Lebens, - draußen, in der Welt vor dem Kloster. Eine Formel, in der die Evolution vonstatten geht. Ohne Moral. Unschuldig. Natürlich. Ob wir als Menschen uns wirklich davon distanzieren konnten? Im Christentum bedeutete dieses kreatürliche Leben die Erbsünde, jawohl. Die Tiefenpsychologie hatte uns zeitweilig gelehrt, dass der Prozess der Menschwerdung eine Bewegung des Sich-Bewusstwerdens aus dem Unbewussten, aus dieser natürlichen Unschuld heraus, auch ein Übernehmen von Verantwortung ist. Die ganze Bibel konnte so verstanden werden. Die ganze Menschheitsgeschichte. Ich bin schuld, weil ich weiß oder wissen kann, was ich tue: „Cogito, ergo sum“, raunte leise die aufklärerische Philosophie im Hintergrund der Geschichte....

Freitag, 29. Januar 2016

Kulturkritiker

Die Kulturkritiker sonnen sich gerne in einer sich selbst verliehenen Unfehlbarkeit, die sie selbst überaus gerne mit ihrer souveränen Überschau und Durchschau noch über den akademischen Würdeträgern ansiedeln. Es geht um Deutungshoheit und um Macht. Es geht um den Fetisch der Aktualität. Es geht um die Besetzung von Begriffen. Im Kulturkrieg. Es gibt eitle Gesichter, die drängen sich in jeder Talkshow erklärend nach vorne und werden von Journalisten genau dafür immer wieder eingeladen. Anhand eines Beispiels erläutern sie, lassen sich interviewen und erklären sodann die Welt. Sie stehen für etwas und prägen eine Marke, ihre eigene - so glauben sie selbst wenigstens. Sie bilden das heutige gefallsüchtige und mediengeile "Kulturestablishment".  

Mensch und Tier und Empathie

Man kommt ins Grübeln: Was überhaupt ist Kommunikation? Das soziale Geräusch? Der Austausch an Information, Kultur? Eine Gleichgerichtetheit? Ein gegenseitg in sich hineinversetzen können? Ich weiß nicht, ob sich der kleine schwarze Hund in mich hinein versetzen konnte. Er hatte seine eigene Welt. Ob es eine kleine Welt war? Er konnte meine Gefühle teilen. Wir wollen alles beherrschen. Wir sind die Schlauesten. Naturgemäß. Was aber ist Bewusstsein, Selbstbewusstsein? Menschliches Bewusstsein? Symbolisiert Gott ein höheres Bewustsein? Das Tier hat die Frist, die ihm gegeben ist und es gibt sich ihm hin. Es hat eine große Selbstverständlichkeit. Uns bleibt der Schmerz, der Zweifel, der uns lähmt. Der kleine Hund hatte das Tun. Er wurde oft enttäuscht, reagierte aber „mechanisch“ darauf. Er nahm das hin, er nahm die Aufgaben, die ihm gegeben waren, an. Es war für ihn das Leben. Er war im Einklang mit seiner Umwelt.
Mir hat damals der Film „Katzenmenschen“ gefallen, dieses sich Hineinversetzen, dieses durch die Augen eines Tieres blicken, der Reflex. Die Grausamkeit, das Verrecken, der Tod ist Teil dieser Realität. Emphatie ist wesentlich für das Menschsein: sich in jemanden anderen hinein versetzen zu können. Antizipation.  

Donnerstag, 28. Januar 2016

Das Blau, die Kirche - und Martin Knoller

Drei andere Menschen haben es auch so empfunden in 235 Jahren. Das verbindet dich mit ihnen. Er hat sein Blau gehabt. Er hat es dem Heiligen gewidmet. Dem Göttlichen. Eine geheime Mischung, die er mit in Grab genommen hat. Er ist hierher nach Neresheim gereist. Reisen war damals noch etwas anderes. Martin Knoller aus Tirol. Ein Mensch, als Künstler ein Star. Als Kirchenmaler herausragend. Er hat die psychologische Wirkung dieses Blau gekannt. Er hat sie eingesetzt. Er hat aber nicht gewusst, worauf sie beruht. Gewusst in unserem heutigen, wissenschaftlichen Sinne. Wir kennen Mischungsverhältnisse. Wir können beliebig reproduzieren. Können wir Gefühle reproduzieren? Die Bibel den einfachen Leuten veranschaulichen wollte er, die Kunst in unserem heutigen Sinne gab es ja noch nicht.

Mittwoch, 27. Januar 2016

Beruf und Rolle

Wie sich alle hineindressieren lassen in ihre Berufsrollen! Wie sie sich damit identifizieren! Du standest immer draußen - oder? Wie sie ihr ganzes Leben drangeben! Wie sie das Leben abstreifen an einer Hülle, die von Strukturen vorgeben ist. Wie sie sich selbst dabei verlieren! Wobei vielleicht nie etwas da war.... Wie sie von Esoterik-Instant Gurus oder wohlfeilen Ratgebern aufgepäppelt werden! Im Supermarkt der Weltanschauungen und des Glaubens. Jeder will mit dem anderen ein Geschäft machen. Ich war immer nur zu Gast. Ich habe zu lange improvisiert. Konnte die Rollenangebote nie ernst nehmen. Habe mich angepasst als einstweilige Hypothese. Als einstweilige Vorläufigkeit. Habe die Differenz des Schöngeistigen zur realen Welt gespürt. Wollte immer nur durchkommen....einigermaßen....

Dienstag, 26. Januar 2016

Sportliche Maximen

Ich erinnere mich, wie befremdet ich davon war, dass manche Leute alles stoppen oder messen müssen, was sie aus ihrem Körper heraus holen. Die „Versportlichung“ und „Selbstoptimierung“ scheint alle Lebensbereiche zu dominieren, was keinen spielerischen Umgang mit der Lust an der Bewegung oder der körperlichen Betätigung mehr möglich macht. Überall und in jeder Hinsicht soll Leistung gesteigert und der Wettbewerb betrieben werden. Ob da etwas zu sehr internalisiert bzw. verinnerlicht worden ist? Ein Schrittmacher des Leistungsgedankens soll doch der Sport sein, ein Vorbild und „Role Model“ für alle, die "sich anstrengen und dafür Leistung bringen". Dabei hat doch der Sport mindestens ein ganz großes Problem. 
Das Doping scheint in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen erlaubt, ja sogar gefordert, ist jedenfalls nicht nur kriminell, - außer im Sport. Der ehemals krebskranke Lance Armstrong hat wohl sieben mal die Tour de France gewonnen und alle waren ja soooo überrascht, als herauskam, wie gedopt er dabei war. Hm, wer foppt hier wen? Der Athlet seine „Fans“ oder die Fans den Athleten? Es ist eine permanente Anordnung, immer weiter zu gehen und seinen Körper zu verbessern. Keine mäßigende Denkweise soll die Leistungsbesessenheit abmildern, wonach die radikale Maxime gilt, dass man sich verbessern muss. „Weiter höher schneller stärker“ ist eine kapitalistische Tugend. Dabei haben sich gerade die quasi „kommunistischen“ Staaten dieser Denkweise am meisten und am weitesten gehend befleißigt, weil sie partout die Überlegenheit ihres Systems demonstrieren wollten und – noch wollen. Beim Sport sind solche Mechanismen erwünscht. Sobald man vom Geld und Geschäft spricht, scheint das anrüchig zu sein. Aber dass ein Sportler immer höher hinaus will, wird begrüßt. Dazu werden in der Welt abseits des Sports Substanzen gefuttert, die ebenfalls leistungssteigernd wirken sollen, wie etwa Amphetamine oder Drogen aller Art. Es gilt: Leistung um jeden Preis.

Montag, 25. Januar 2016

Das Blau, der Himmel, die Welle - und Hawaii

Das Meer: Da ist Hawaii und das große Blau Die verführende Gleichgültigkeit. Die Träume, Albträume vom Tsunami. Die zum Himmel hoch sich aufbäumende Flut. "Here comes the flood".  Man möchte sich hineinstürzen und hat doch nur Angst davor. Ein Psychologe würde seine Schlüsse daraus ziehen. Alles ist friedlich. Es regt sich nichts. Und doch birgt das bedrohliche Möglichkeiten der Wildheit in sich. Jener Traum, ob er eine Rolle spielt? Wenn die Welle näher kommt, erst von ferne, dann, unglaublich, immer näher an dich heran, du glaubst es nicht, sie kommt noch näher, sie wird höher und höher, sie wird haushoch und noch höher, sie überspült dich und sie dringt nun ein in mich. Ich spüre das Wasser, wie es mich einhüllt. Ich vergesse das Atmen und werde panisch. Ich bin allein im Element. Im Kosmos. Es wird meine letzte Minute sein. Ich gehe unter. Die Luft, mir fehlt die Luft. Es drückt auf der Lunge. - Ich wache auf im schönsten, strahlendsten Blau.

Sonntag, 24. Januar 2016

Donnerstag, 21. Januar 2016

Networking unter Machern

In Davos treffen sich derzeit die Superreichen und die Einflussreichen, um darüber zu beraten, was zu tun sei. Die mit den wichtigen Gesichtern, die politisch frei Gewählten und die mit dem vielen Geld. Natürlich haben sie ihren willfährigen Tross der Zuträger, Assistenten, Referenten, Übermittler, Rechtsberater und Meinungsvervielfältiger um sich.  Umsichtig organisiert der frühere FDP-Vorsitzende diesen Auflauf. Das ist der richtige Job für ihn. Es ist aber auch eine praktische Vorführung dessen, was Networking in der Gegenwart ist, - angesichts auch der neuen (und hier vor zwei Tagen erwähnten) Oxfam-Studie. Offiziell soll das Theater auch der Kommunikation unter den "Machern" dienen. Seltsam nur, dass sich die Vielen von anderen derartig fremdbestimmen lassen. Aber solches scheint vielfach legitimiert, verwundert in dieser Ausprägung  dennoch und zeigt ganz offen, wovon und von wem die Macht ausgeht. Vielleicht sind wir historisch einfach noch nicht so weit, um dies mit den dazu gehörenden Konsequenzen zu erkennen, - oder gar ändernd umzusetzen. Gleichwohl wird jetzt gerne und oft auf „Grundwerte“ verwiesen, die mit solchen Veranstaltungen auch schon mal gleich wieder ad absurdum geführt werden. Übrigens: „Alle Macht geht vom Volke aus“.  

Mittwoch, 20. Januar 2016

Schein und Sein (2)

Ich habe neulich auf Youtube eine etwas ältere TV-Sendung gesehen, in der der jetzige Verkehrsminister Alexander Dobrindt noch als CSU-Generalsekretär auftrat. Ich habe ihn nicht wiedererkannt. Schien ein feister Speckkopf gewesen zu sein. Mit Eintritt in die Ministerexistenz scheint der Mann sich aber radikal verändert zu haben. Unter anderem schmückt ihn jetzt eine Zeitgeistbrille, mit der er viel lächelt. Auch scheint ein einigermaßen kasperhafter Anzug nun zu seinem Image zu gehören. Ein anderes Beispiel für eine solche „Verwandlung“ scheint mir der Justizminister Heilo Maas zu sein. Trat der früher eher sportlich auf, so befleißigt er sich nun des Äußeren eines smart erfolgreichen Jungmanagers im dunklen Anzug, mit akkurat gestriegelten und behandeltem Haar, einer neuen Brille und einer etwas zu sehr ausgeprägten Seriosität, was ihn aber nicht davon abhält, alte SPD-Glaubenssätze zu klopfen. Dies hat ihn wohl zum Liebling der Partei werden lassen. Als „Volkspädagoge“ leistet er zudem gute Dienste: Er sagt den Leuten nämlich, was sie zu tun, zu lassen, zu glauben und abzulehnen haben. Es scheint der Partei, aber nicht deren Umfrageergebnissen, gut zu tun.  

Montag, 18. Januar 2016

Arm und Reich

Eine jetzt veröffentlichte Oxfam-Studie zeigt: 62 Superreiche besitzen jetzt so viel wie der Rest der Welt. Vor einem Jahr sollen es noch 80 Personen gewesen sein. Der Trend setzt sich also fort, ja, er beschleunigt sich offenbar. Schön ist auch der in der Studie aufgezeigte folgende Fact: Neun von zehn Großkonzernen haben eine Niederlassung in einer Steueroase. Ein Grund für diese Entwicklung ist Oxfam zufolge die unzureichende Besteuerung von großen Vermögen und Kapitalgewinnen sowie die Verschiebung von Gewinnen in Steueroasen. Außerdem scheint ziemlich viel schamloser Betrug im Spiel: eben scheint der Fußballskandal schon fast vergessen, da steht offenbar ein Tennisskandal ins Haus. Natürlich verwahren sich die Verantwortlichen und es steht die Unschuldsvermutung glasklar rechtsstaatlich im Raum.  

Sonntag, 17. Januar 2016

Tiere "verstehen"

Tiere können meine Bereitschaft zur nonverbalen Kommunikation befördern. Es führt dann in einen Zustand des Aufgehobenseins in der unschuldigen Natur, ein „im Kontakt mit der Welt sein“, das unabgegrenztes Ich bedeutet, also einen  magischen Zustand. Es bedeutet, sich die Sentimentalität, aber auch die Sensibilität bewusst zu erlauben. In Augen eines Hundes schauen und im Rätsel sein. Darin gefangen sein. Was ist das? Es bedeutet zunächst, die alltäglichen Erklärungen dafür nicht zu akzeptieren. Es deutet auf das Rätsel, das es fortwährend bedeutet, mit diesen Wesen in Verbindung zu treten. Diese wunderbare Zuneigung zu dem Wesen, wo kommt sie her? Welche Rolle da eine Utilitarität spielt? Ein Hund hat etwas vom Menschen, er profitiert von ihm, keine Frage. Er bekommt sein Fressen, er ordnet sich ihm unter. Aber ist es das, was aus diesen Augen spricht? Eine Berechnung? Gibst du mir das, dann bekommst du jenes? Es liegt nicht im Auge dieses einzelnen Hundes. Ist es also ein Biologismus, eine Berechnung genau dieser Spezies? Was ist dabei eigentlich die Berechnung des Menschen? Welches selbstverständlich ihm zubemessene Interesse er wohl hat? Was gilt ein Überleben, das zum Ziel hat, alles andere untertan zu machen? 

Samstag, 16. Januar 2016

Nahrung und Profit

Es läuft die „Grüne Woche“ in Berlin: eine Messe als Parade des Überflusses und des gepflegten Essens (oder Fressens), dem die niedrigen tier- und menschenverachtenden Lebensmittelpreise auch noch auf vielfältige Weise Vorschub leisten. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an den Film „Landraub“ von Kurt Langbein und habe mir ein paar Sachen sinngemäß aufgeschrieben. Der Film stellt recht entschieden eine Meinung, eine Haltung, dar. Man kann anderer Meinung sein, sollte aber dann vielleicht Konzepte über eine allgemeine neoliberal begründete Ausbeutung (wie bisher praktiziert) hinaus haben. Sinngemäß heißt es in diesem Film: „Seit 2008, dem Jahr des großen Finanzskandals, hat das große Geld die Agrarindustrie entdeckt. Die großen Investoren führen seitdem riesige Investitionen in die Länder ein, vertreiben Kleinbauern, zerstören Sozialstrukturen, zerstören auch ökologische Strukturen. Wenn das so weitergeht, dann drohen Völkerwanderungen in einem Ausmaß, wie wir uns das jetzt noch nicht vorstellen können“. Ein Vertreter der Agrarindustrie meint dazu mit wichtigem Gesicht „In 20 Jahren werden wir 10 Milliarden Menschen haben. Wie werden die sich alle ernähren können? Wir brauchen dazu 80 Milliarden Investitionen. Wo soll dieses Geld herkommen?“ In den letzten 15 Jahren wurden weltweit etwa 200 Mio Hektar Ackerfläche an Investoren verkauft. Das ist mehr Agrarland, als es in ganz Europa gibt. Die Öko-Bilanz von der industriellen im Vergleich zur kleinbäuerlichen Landwirtschaft ist verheerend. Nur der Profit stimmt. Ein Plantagenbesitzer sagt: „Es ist sehr attraktiv. Die Erträge sind sehr hoch. In wenigen Jahren sind die Investitionen zurückgezahlt. Die nächsten zwanzig Jahre gehen wir jedes Mal mit einem Lächeln zur Bank“. Wie das funktioniert, sieht man zum Beispiel in Äthiopien. Dort produziert etwa eine holländische Firma Tomaten und Paprika für 5-Sterne-Hotels in Dubai. Ein Geschäftsführer sagt dazu: „Für Bauern ist Äthiopien der Himmel auf Erden. Das Klima ist perfekt, es gibt viel Wasser, der Boden ist fruchtbar“. Die Regierung vergibt Millionen Hekar Ackerland an Investoren. Gleichzeitig herrscht Hunger im Land. Die gleichermaßen interviewte Landarbeiterin meint: „Dieses Gemüse kann ich mir nicht leisten. Ich verdiene 24 Euro im Monat. Wir essen nur Mais. Drei meiner Kinder leben bei meiner Mutter, weil ich sie nicht ernähren kann“.
Wie also kann man das Problem lösen? Der Film tritt für ein radikales Umdenken ein und vertritt ein Konzept der Millionen von Kleinbauern statt internationaler Agrarkonzerne. Lokale Versorgung statt globaler Investition. Was wie mittelalterliches Wirtschaften aussieht, könnte eine Lösung sein. Kleinbauern könnten wissenschaftlich beraten werden, könnten Bewässerung und Saatgut optimieren. Versuche haben gezeigt, dass solchermaßen beratene Kleinbauern ihren Ertrag verdreifacht haben. So der Film.  

Donnerstag, 14. Januar 2016

Schein und Sein (1)

Bewusst werden mir immer wieder die eingefrierenden Gesichter der Sprecherinnen und Sprecher in den Nachrichtenkanälen, aber auch in den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern. Ein Spot oder ein Einspieler kommt nicht rechtzeitig auf den Augenblick genau (was gerade bei den „Privaten“ oft der Fall zu sein scheint...) und schon geraten die Präsentationsposen in Unordnung, sie gefrieren, fransen aus, gehen in eine ernste und manchmal sogar ärgerliche Mimik über. Es wird dann für eine kurze (und manchmal auch lange) Zeit die Haltung hinter der Pose deutlich, die subjektive menschliche Realität hinter der Vitualität, der Ernst hinter dem Spiel, die sichtbare „Wahrheit“ hinter dem Schein. Wir werden dann mindestens der anderen Ebene hinter dem Schein gewahr, die uns dauernd vorgespielt wird. Nicht schlimm, würden die Verantwortlichen argumentieren, es ist ja eh jedem bewusst, dass das nur die Pose der guten Laune ist. Blöd nur, dass wir von solchen „künstlichen“ Posen immer mehr umstellt sind, dass die Uneigentlichkeit den „Konsumenten“ auf allen Ebenen so einhüllt (genau in diese Position des Konsumenten wird der Rezipient immer mehr gerückt), dass er diese Ebenen nicht mehr unterscheiden kann, dass alles ineinander fließt zu einer Wahrnehmungsmelange, die für kommerzielle Interessen ein geradezu ideales Spielfeld bietet.

Mittwoch, 13. Januar 2016

Geschäftsfußball

Jetzt ist wieder der große Wechselzirkus im Fußball im Gang. Jeder checkt seinen Marktwert neu ab und geht dorthin, wo er augenblicklich am meisten verdient. Der FC Bayern fährt schon traditionsgemäß nach Katar ins Trainingslager (was wohl alles sagt!) und die englischen Vereine sind hinter den besten Bundeligastars her. Na klar, sie scheinen mehr Kohle zu haben als die hiesigen. Es ist das einzige, was gilt. Schalke hat zwar Gazprom als Sponsor, aber das scheint gerade jetzt auch nicht gerade Wunder zu garantieren. An was das wohl liegt? Selbst Guardiola, der edle Humanist, geht nach England, weil er, wie er sagt, dort „eine neue Herausforderung“ annehmen will. Im Klartext heißt das: dort verdient er einen dermaßen Arsch voll Geld, dass alle anderen Clubs, - auch der reiche FC Bayern – da nur noch staunen können. Ist doch klar, dass der FC Bayern seinerseits in der Bundesliga das Regal leer gekauft hat. Er hat halt am meisten Geld hierzulande. So einfach ist das und so weit entfernt von der alten „11-Freunde“-Idiologie, vom geradezu religiösen Glauben an Vereine, die ihre Region repräsentieren sollen und doch nur die wichtigsten Firmen, Sponsoren und Geldgeber dieser Region repräsentieren (was wohl am besten an den wechselnden Namen ihrer Stadien abzulesen ist). Vereine sind Kapitalzusammenballungen mit einem Namen, nichts anderes. Sie kaufen und verkaufen ihr Personal, wie andere Firmen in dieser „Marktwirtschaft“ auch. Was soll denn daran romantisch sein und zur Identifikation einladen? Gerade sehr volkstümliche Fußballtrainerhelden haben doch unlängst die Farbe gewechselt, sind von Gelb zu Rot gegangen. So what? Soll'n sie doch! Nur die dahinter stehende Idiologie, die hat sich in meinen Augen längst ad absurdum geführt. 

Dienstag, 12. Januar 2016

Führen

Sie machen sich willig zu Erfüllungsgehilfen derjenigen, die sie selbst eines Tages auch wegrationalisieren werden. Mit einem Tritt, einem Kick. Klar: Die Hierarchen ganz oben werden auch sie, die karrieregeilen Erfüllungsgehilfen, wegschicken, wenn es ihnen notwendig erscheint. Doch einstweilen sind sie die Umsetzer, die Konzern-Konzepte der Realisierung entwickeln: Abteilungsleiter und ihre Stellvertreter, Capos, Poliers, Bereichsleiter, Content Sales Manager, Coaching Controlling Senior und Junior Manager (und andere "Manager"...). Wenn sie es nicht tun, dann tun es andere, so das von ihnen oft nach außen verbreitete Credo. Sie müssen das einpassen in den Alltag des Vollzugs, sie werden da klein und tun, wie ihnen geheißen, von Schnöseln, von Nichtkönnern, von anmaßenden Idioten, von ausgebildeten Deppen (alles auch in weiblicher und sonstiger Form). Aber sie sind loyal, allzeit bereit, drücken durch und planen nach vorgegebenem Takt. Sie haben nichts zu melden, führen in Maßen, aber immerhin. Sie gehen voran, alles in Maßen. Sie lassen machen. Sie verantworten und buckeln. Sie lassen Sachen über sich ergehen und sie lassen sich fertig machen. Sie bilden, verlangen Respekt und repräsentieren die „mittlere Ebene“. 

Montag, 11. Januar 2016

Hesse und die Welt seiner Kindheit

Der Dichter Hermann Hesse kommt scheinbar aus einer anderen Welt, in der die Kommunikation zwischen den Menschen noch anders funktionierte als heute. Und doch kann man über ihn und seine Stellung zur Welt staunen. Er wuchs in der schwäbischen Kleinstadt Calw auf, der Marktplatz und die steilen Gassen waren die Welt seiner Kindheit. Er kannte in dieser Welt alle und jeden, blieb aber doch auf Distanz. Seine Eltern standen im Dienste der evangelischen Basler Mission. Der Vater kam aus Estland und hatte als Missionar in Indien gearbeitet. Die Welt der Mission war in Hesses Kindheit allgegenwärtig. Seine Mutter war in Südwestindien aufgewachsen, Bilder und Lieder aus Indien waren ihm von klein auf vertraut. So hat der junge Hesse von Anfang an zwei Welten kennen gelernt und in ihnen gelebt. Es gab die schwäbische Kleinstadt mit ihrer überlieferten Ordnung und Ihren Traditionen. Und es gab die ferne indische Kultur mit ihren eigenen Lebensformen, Sprachen und Rhythmen.
Wie ein geheimnisvolles Reich kam ihm dabei die Bibliothek des Großvaters Hermann Gundert vor, in der es nach Pfeifenrauch und alten Büchern roch. Als Schriftsteller, Übersetzer un Herausgeber von Missionsliteratur leitete Gundert den Calwer Verlagsverein. Er war einer der Pioniere der evangelischen Mission in Indien gewesen, ein schwäbischer Theologe, der auch ein bedeutender Indologe und Sprachgelehrter war. Er konnte seine Predigten in so manchem indischen Dialekt abhalten und übertrug indische Versepen ins Deutsche. Seine Wertschätzung anderer Kulturen faszinierte den jungen Enkel Hermann Hesse. Begeistert berichtet er, dass in anderen Schränken des Großvaters stand und lag noch viel anderes Wesen und Geräte. Ketten aus Holzperlen wie Rosenkränze, Palmblätterne Rollen, mit eingeritzter alter indischer Schrift beschrieben. Kleine Götterbilder, aus Holz, aus Glas, aus Quarz aus Ton, messingne Becher und Schalen. Und alles kam aus Indien und Ceylon, aus Siam und aus Birma. ...An anderer Stelle schreibt er über den Großvater, dass dieser auch „ein Magier, ein Weiser und Wissender war - Er konnte Pali und Sanskrit schreiben und sprechen. Er konnte unter anderem bengalische, indostanische und sinegalesische Lieder singen. Er kannte die Gebetsübungen der Mohammedaner und der Buddhisten, obwohl er Christ war und an den dreieinigen Gott glaubte“. Am schönsten wohl hat er den daraus entstandenen Gesichtskreis so beschrieben: „Niemand wusste so wie er Bescheid darum, dass unsere Stadt und unser Land nur ein sehr kleiner Teil der Erde war“. 

Die Erfolgreichen und die Gescheiterten

Besonders bei Fernsehtalkshows reden schöne Schauspielerinnen, Schauspieler oder andere "Künstler" davon, wie selbstverständlich sie dahin gekommen sind, wo sie jetzt sind. „Selber schuld, wer nicht so locker geblieben ist, wie ich“, - so ihre Message. Selber schuld, wer seine Talente nicht so genutzt hat wie ich, - auch das scheinen sie unterschwellig in schöner Geschwollenheit zu kommunizieren.  Es ist ein einziges großes Sonnen in der außergewöhnlichen Strahlkraft dieses Egos, das sich hier ja auch ganz interessant äußern und verkaufen kann, das unterhaltsame Geschichten gut gelaunt zum Besten gibt und last but not least blendend. Locker bleiben, das scheint die Botschaft auf der ganzen Linie der Medien. Auf sich selbst vertrauen, dann wird alles gut. Die anderen sieht man gerade im TV überhaupt nicht. Die auf sich selbst vertraut haben und gescheitert sind. Die Gescheiterten, die sind nicht unterhaltsam. Die sollen sich trollen! Die müssen wir leider ausblenden. Können wir in der Wahrheit leben? Oh, nein! Man lässt sich doch nicht runterziehen. Be positive!, das ist es, egal, wie die Realität ist. Es geht nicht um die Realität. Es geht darum, seinen „Spass“ zu haben und genießen zu können (Hedonismus rocks). 

Sonntag, 10. Januar 2016

Political Correctness

Political Correctness ist ein Problem. Hierzulande. Überall. Sich freiwillig gewissen scheinbar moralischen Schranken zu unterwerfen, die man aber oft ändert und dem jeweiligen Zeitgeist flexibel unterwirft. Am „Struwelpeter“ soll in diesem Sinne herumredigiert werden, an vielen anderen Büchern auch. Sprachordnungen sollen umgestoßen werden, man darf bestimmte Dinge nicht mehr sagen."Neger" zum Beispiel.  Antiamerikanismus ist ein weiteres Beispiel. Die USA als die böse Macht. Was immer die Vereinigten Staaten tun, ist falsch, glauben Teile der Linken und Linksliberalen. In den USA selbst sind Denkverbote ebenso beliebt. Die Technik, im Fernsehen voyeuristisches Mitgefühl zu erheischen, um es als Machtmittel zu missbrauchen, ist bei den Wichtigs besonders beliebt. Es geht um in den jeweiligen Gruppen akzeptierte Lebens- und Verhaltensnormen. Es geht um die Identifikation mit denen, die man als glaubt, als besonders wertvoll, hip, alternativ oder einfach nur zeitgerecht erkannt zu haben. Dass dies aber eine soziale Konstruktion sein kann, eine zugewiesene Rolle, wird dabei in Kauf genommen. Als im Mai des Satiremagazin „Charlie Hebdo“ in New York mit einem Preis geehrt wurde, hat eine ganze Reihe von prominenten Autoren (dem Vernehmen nach AutorInnen wie Joyce Carol Oates, Michael Ondaatje u.a.) gegen die Auszeichnung protestiert. Argument: man dürfe eine Zeitschrift nicht prämieren, die mit ihren Mohammed-Karikaturen religiöse Gefühle verletze. Mit einer solchen Instinktlosigkeit wiederhole man nur das imperialistische Muster und handele rassistisch. Ob es bei der Kontroverse auch etwas um Empathie ging, also jene Fähigkeit, sich in andere Menschen und andere Haltungen hineinzudenken? 

Freitag, 8. Januar 2016

Mein Ich unter anderen Bedingungen

Ich war immer schon davon ausgegangen, dass mein Ich, meine Identität relativ ist, d.h., dass es von der Tapete der Normalitäten und Realitäten, die es umgibt, stark geprägt ist. Würde ich jene austauschen, würde ich möglicherweise ein ganz anderes Stück meines Ichs, meines Selbst erfahren.
Zum Beispiel in den USA hat sich mein Verhältnis zur Natur komplett und umfassend geändert. Es hat mich sehr stark beeinflusst, was ich dort gesehen und erlebt habe. Es hat mir andere Dimensionen eröffnet. Wäre ich dort irgendwo aufgewachsen, vielleicht irgendwo im Westen, wäre ich ein anderer. Es hätte vielleicht die dort überall gegenwärtige Weite einen großen Einfluss gehabt, - im Gegensatz zum Hier, wo alles zugemauert und zubetoniert ist. Ich hätte womöglich eine andere Nähe zur Tierwelt entwickeln können. Vielleicht wäre ich aber auch härter und geldorientierter geworden, wäre mit dem Überleben dermaßen intensiv beschäftigt gewesen, dass ich diese Zeilen hier nie hätte schreiben können. Und: es sind deutlich krassere Beispiele denkbar...

Donnerstag, 7. Januar 2016

Werte

Ich bin schon sehr sehr erstaunt, dass im deutschen Recht der Tatbestand der sexuellen Nötigung dem eines Eigentumsdeliktes weit untergeordnet ist. Die gesetzlichen Strafen scheinen hier eine himmelweite Diskrepanz aufzuweisen. Ob dies auch etwas über die vielbeschworene Werteordnung hierzulande aussagt? Ob das Geld hier in einer immer noch neoliberalen Weise regiert? Ob das etwas Dekadentes hat? Man sollte all das über den Tag hinaus öffentlich diskutieren.... und nicht nur unter den Teppich kehren.....

Mittwoch, 6. Januar 2016

Materie, Energie und Raum

Ich habe im Fernsehen ein paar Sätze von Stephen Hawking mitgekriegt, die ich – so gut ich das konnte - aufgeschrieben habe: „Die Wissenschaft lehnt Religion nicht ab, sie bietet vielmehr eine Alternative. Doch es gibt noch einige ungeklärte Rätsel. Wer hat denn dafür gesorgt, dass sich die Erde dreht und hat nicht doch Gott das Universum erschaffen?“ Die katholische Kirche sagt beispielsweise, dass der Ursprung Gottes Werk sei und das deshalb diesbezügliche Fragen sinnlos seien. Hawking entgegnet: „Ich halte es für die Pflicht des Kosmologen, zu erforschen, wo das Universum herkommt und zum Glück ist dies nicht so schwer, wie es scheint“. So sind für die Erschaffung des Universums trotz seiner Komplexität nur drei Grundelemente nötig: 1. Materie mit Masse 2. Energie (Licht, z.b. von der Sonne) 3. Raum. 

Dienstag, 5. Januar 2016

Kleinstadtnacht (Songtext aus den 80ern)

KLEINSTADTNACHT


Es ist Nacht, in der kleinen Stadt
du bist allein' mit deinen Gedanken
es ist spät, du hast viel getrunken
der Boden unter dir bewegt sich


du gehst irgendwo hin
und du fühlst dich fremd
du willst nur nach Hause
und du findest kaum den Weg


Der Mond steht still', es ist kalt
die Sterne sind dir schnuppe


Immer immer weiter
nur nicht stehen bleiben
Aspirin mit Limonade
drauf wächst die Einsamkeit


Auf einer Bank schnarcht ein grauer Mantel
Leutbuchstaben flackern_ Nachttresor
aus einem Schacht quillt sattes Glucksen
es taumelt gen Morgen die Stadt


Du gehst wie im Kreise
bist nur alleine
du willst nur nach Hause
und findest kaum den Weg


Du weißt nur, es ist noch weit
die Straße riecht nach betonierter Angst


Immer immer weiter
nur nicht stehen bleiben
Aspirin mit Limonade
drauf wächst die Einsamkeit


Graue Wände, entlang schlittern Gedanken
dahinter pennt die Zufriedenheit
blaue Furcht kriecht dir über die Stirn
du gehst auf plattgetret'nen Kaugummis


du sitzt im Karussell
und niemand fährt mit
du willst nur nach Hause
und findest kaum den Weg


Es wird hell, du bist müde

der Boden unter dir bewegt sich weiter....

Montag, 4. Januar 2016

Garderobenberatung

Ich blättre durch Zeitungen und erfahre, dass immer mehr Menschen sich für ihre Garderobe von einem Profi beraten lassen. Aus Zeitmangel. Einen Spezialisten machen lassen. Delegieren. Wie ich das finde? Egal. Dekadent. Im selben Moment ein Lächeln. Die Situation ist vielleicht als Auswuchs davon, dass sich das Geld recht ungleich verteilt hat in letzter Zeit.Geld. Sehr, sehr wenige Deutsche haben mehr als die Hälfte davon. Und alle anderen müssen mit dem Rest auskommen. Die Besitzenden finden nichts dabei. Für sie ist die Situation normal. Sie haben's, die anderen nicht. Selbst schuld. Hauptsache, uns geht es gut. Doch wie kann es einem Land gut gehen, in dem jedes fünfte Kind unter der Armutsgrenze lebt? Das sind 2,1 Millionen (!) Mädchen und Jungen. Damit ist die Kinderarmut laut Experten größer als in Ungarn und Tschechien. Hm. Und die sozial schwachen Kinder haben hier in Deutschland sowieso keine Chance. Das ist sogar mit Zahlen belegt. Aber: Profiberatung durch einen Experten bei der Kleiderwahl. Die Klamottenboutiquen wollen davon profitieren. Von denen, bei denen es auf ein paar Euro mehr oder weniger nicht ankommt.   

Sonntag, 3. Januar 2016

Lebenswelt und Rolle

Ich wundere mich, dass ich mich immer mehr hineinziehen lasse in eine Betrachtung von verschiedenen Lebenswelten und ihren Mechanismen um mich herum. Aber es geht um die Verschiedenheit von Verhältnissen, die wiederum in den Menschen unterschiedliche Sichten auf die Wirklichkeit erzeugt. Es geht um permanente Vorteilsnahmen, die gewissen Menschen in unserer Gesellschaft „zuzustehen“ scheinen, ohne dass sie dafür legitimiert wären. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit nehmen sie diese Rechte dann auch wahr. Es entsteht auf diese Weise etwas wie „Normalität“, die aber so festgelegt gar nicht ist, sondern besonders im historischen Gang der Dinge etwas sich Entwickelndes. Menschen passen sich dabei auf manchmal drollige Weise an ihre Rolle an, identifizieren sich regelrecht mit ihr, die doch gerade im Falle des Politikers von Natur aus „auf Zeit“ verliehen sein müsste. Doch der europäische Parteienstaat samt seinen wirtschaftlichen Mechanismen zementiert solche Verhältnisse und lässt sie im extremen Fall sogar als „gottgegeben“ erscheinen. Es bilden sich auf diese völlig verschiedene Lebenswelten und Bezüglichkeiten heraus, obwohl die Menschen am Ende doch alle in den Sarg fallen und ein paar Leute ein paar Tränchen deswegen vergießen,- manchmal auch nur aus einer seltsamen Hörigkeit einer Rolle gegenüber (oder auch nur stark davon geprägt, was natürlich nie zugegeben würde...sich und anderen).