Reise durch Wirklichkeiten

Donnerstag, 7. September 2017

Alterspflege

Wir begegnen älteren Menschen, die in Pflege sind. Die hilflos sind. Die leer geworden sind. Können wir uns da hineinversetzen und uns selbst dahinter erkennen? Ist es so, dass in solchen Personen ein ganzes Leben „gespeichert“ ist, dass sie gleichzeitig auch die Person sind, die sie mal waren? Dass sie jetzt halt in einem anderen Zustand sind, in den sie „das Leben“ befördert hat? Ob es nicht so ist, dass alle anderen Personen fortwährend älter werden und einem solchen Zustand entgegenstreben? Was ist der Tod? Ist es das, dem man entgegenstrebt? Noch. Er soll im Schlaf kommen und möglichst schmerzlos, das ist der oft geäußerte Wunsch. Ob aber bis dahin irgendwann eine gewisse Bilanz erlaubt ist, in der man feststellen kann, ob eine Existenz sinnvoll war? Oder ob das alles unwiderbringlich vergangen ist und nur (wie es jetzt modisch ist...) "der Augenblick zählt"? Ob's Alzheimer ist oder was anderes? Eben erst gehört, dass immer weniger an Demenz/Alzheimer erkranken. Dadurch aber, dass die Bevölkerung älter wird, bleibt der Demenzanteil weitgehend gleich, es kommt nur später (wenn die Menschen älter geworden sind...). Sie war eine stolze Frau, sehr selbständig, hatte eine dezidierte politische Meinung und diskutierte bei vielen Themen mit. Religiös war sie, hängte das aber nicht heraus.
Jetzt aber ist es so: Nicht nur wir, sondern viele Angehörige werden mit dem Siechtum der dementen Angehörigen nicht fertig. Die Gesellschaft ist zwar sensibilisiert und sieht die Alzheimer-Epidemie auf sich zurollen, sie kann darüber reden und auch an der nötigen Empathie (siehe Einleitung...) für die Betroffenen hapert es nicht. Aber ganz praktisch gesehen sind die wenigsten Menschen tatsächlich vorbereitet. Jawohl, der Wechsel ins Konkrete kann brutal sein. Es tritt womöglich alles sehr schnell ein und verlangt einem Entscheidungen ab, für die man gar nicht genügend informiert ist. Man stolpert und taumelt in etwas hinein, Beratungsmöglichkeiten sind gut oder schlecht, viele Leute geben „Tipps“, die sich am Ende gegenseitig widersprechen - im schlimmsten Falle bringen sie jedoch gar nichts, gleich gar nicht in dem Tempo, das einem abverlangt wird. Man war außen und ist jetzt plötzlich selbst Handelnder, man ist mittendrin in einer anderen Realität.

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