Reise durch Wirklichkeiten

Montag, 11. September 2017

Schopi über den Tod (6)

Auf den Menschen, als Erscheinung der Zeit, ist der Begriff des Aufhörens allerdings anwendbar und die empirische Erkenntniß legt unverholen den Tod als das Ende unseres zeitlichen Daseins nahe. Das Ende der Person ist ebenso real, wie es ihr Anfang war, und in eben dem Sinne, wie wir vor der Geburt nicht waren, werden wir nach dem Tode nicht mehr seyn. Jedoch kann durch den Tod nicht mehr aufgehoben werden, als durch die Geburt gesetzt war; also nicht das, wodurch die Geburt allererst möglich geworden. In diesem Sinne ist natus et denatus (geboren und gestorben) ein schöner Ausdruck. Nun aber liefert die gesammte empirische Erkenntnis bloße Erscheinungen: nur diese daher werden von den zeitlichen Hergängen des Entstehens und Vergehens getroffen, nicht aber das Erscheinende, das Wesen an sich. Für dieses existirt der durch das Gehirn bedingte Gegensatz von Entstehen und Vergehen gar nicht, sondern hat hier Sinn und Bedeutung verloren. Dasselbe bleibt also unangefochten vom zeitlichen Ende einer zeitlichen Erscheinung und behält stets dasjenige Daseyn, auf welches die Begriffe von Anfang, Ende und Fortdauer nicht anwendbar sind. Dasselbe aber ist, so weit wir es verfolgen können, in jedem erscheinende Wesen der Wille desselben: so auch im Menschen. Das Bewußtseyn hingegen besteht im Erkennen: dieses aber gehört, wie genugsam nachgewiesen, als Thätigkeit des Gehirns, mithin als Funktion des Organismus, der bloßen Erscheinung an, endigt daher mit dieser: der Wille allein, dessen Werk oder vielmehr Abbild der Leib war, ist das Unzerstörbare.“

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