Reise durch Wirklichkeiten

Freitag, 8. September 2017

Kandidaten und Parteien

Ein Kanzlerkandidat lässt sich von einer PR-Agentur beraten. Die fragt per Umfrage: was assoziieren sie mit der SPD? Da wird dann „Mind-mapping“ gemacht: Am häufigsten kommt dann wohl das Wort „Gerechtigkeit“ vor. Das wird dann zum Wahlkampfthema gemacht. Das heißt, es entstehen auf diese Weise Formeln, mit denen man auf Marktforschungsweise versucht, ein Thema zu finden. Damit ist klar, dass das dann ein ein Gegenwartsthema ist und nie ein Zukunftsthema. Beispielsweise bei Willy Brandt dürften es keine Marktforschungsinstitute gewesen sein, die Slogans wie „Mehr Demokratie wagen“ angeregt haben. Das wurde damals an den Hochschulen diskutiert, das wollten die Intellektuellen und viele anderen.
Der Grundgedanke dabei wäre: ich höre in die Gesellschaft rein, erkunde, bin dran und finde das Thema. Damit hängt auch zusammen, dass es auch zu wenige Außenseiter gibt, die einmal die Parteidisziplin hinter sich lassen könnten und der eigenen Überzeugung Raum verschaffen wollen.
Heute ist es doch eher so: Wer abweicht (etwa mit dem Willen zu größeren gesellschaftlichen Veränderungen), dem weht aus seiner Partei und allen Medien ein ganz starker Gegenwind entgegen. Es ist halt der sicherste Weg, immer geradeaus so wie alle zu gehen, sich an den Mainstream halten. Das ist in allen Parteien sehr verbreitet. Z.b. Schmidt und Schröder haben ihre Ideen gegen ihre Partei durchgesetzt, mit der Folge, dass diese Partei danach jeweils 10 % schwächer war als davor. Es war halt nicht, wie von der SPD jetzt auf diese und jene Weise propagiert, früher nicht alles besser, weshalb es gelte, alles wie früher einzurichten. Es war vielmehr auch schon widersprüchlich. Im aktuellen CDU-Wahlprogramm, das 73 Seiten hat, taucht das Thema „Migration“ zum ersten Mal wohl auf Seite 63 auf. Das Thema „Digitalisierung“ gar taucht nur unter dem Aspekt auf, dass die Wirtschaft flott gemacht werden muss, damit sie den Anschluss nicht verpasst. Die Digitalisierung wird womöglich aber millionenweise Arbeitsplätze kosten, es wird zudem ein Fachkräftemangel herrschen, der bis zu 3 Millionen Leute betragen kann. Es werden sehr viele Leute ihre Arbeit verlieren, die anschließend aber nicht in der Pflege arbeiten werden. Man kann das nämlich nicht rein statistisch managen und sagen, so viele Stellen sind vakant und so viele Stellen und so viele fallen weg. Das sind ja ungefähr gleich viel: das geht auf. Nein, so wird das nicht gehen.

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