Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 16. Januar 2016

Nahrung und Profit

Es läuft die „Grüne Woche“ in Berlin: eine Messe als Parade des Überflusses und des gepflegten Essens (oder Fressens), dem die niedrigen tier- und menschenverachtenden Lebensmittelpreise auch noch auf vielfältige Weise Vorschub leisten. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an den Film „Landraub“ von Kurt Langbein und habe mir ein paar Sachen sinngemäß aufgeschrieben. Der Film stellt recht entschieden eine Meinung, eine Haltung, dar. Man kann anderer Meinung sein, sollte aber dann vielleicht Konzepte über eine allgemeine neoliberal begründete Ausbeutung (wie bisher praktiziert) hinaus haben. Sinngemäß heißt es in diesem Film: „Seit 2008, dem Jahr des großen Finanzskandals, hat das große Geld die Agrarindustrie entdeckt. Die großen Investoren führen seitdem riesige Investitionen in die Länder ein, vertreiben Kleinbauern, zerstören Sozialstrukturen, zerstören auch ökologische Strukturen. Wenn das so weitergeht, dann drohen Völkerwanderungen in einem Ausmaß, wie wir uns das jetzt noch nicht vorstellen können“. Ein Vertreter der Agrarindustrie meint dazu mit wichtigem Gesicht „In 20 Jahren werden wir 10 Milliarden Menschen haben. Wie werden die sich alle ernähren können? Wir brauchen dazu 80 Milliarden Investitionen. Wo soll dieses Geld herkommen?“ In den letzten 15 Jahren wurden weltweit etwa 200 Mio Hektar Ackerfläche an Investoren verkauft. Das ist mehr Agrarland, als es in ganz Europa gibt. Die Öko-Bilanz von der industriellen im Vergleich zur kleinbäuerlichen Landwirtschaft ist verheerend. Nur der Profit stimmt. Ein Plantagenbesitzer sagt: „Es ist sehr attraktiv. Die Erträge sind sehr hoch. In wenigen Jahren sind die Investitionen zurückgezahlt. Die nächsten zwanzig Jahre gehen wir jedes Mal mit einem Lächeln zur Bank“. Wie das funktioniert, sieht man zum Beispiel in Äthiopien. Dort produziert etwa eine holländische Firma Tomaten und Paprika für 5-Sterne-Hotels in Dubai. Ein Geschäftsführer sagt dazu: „Für Bauern ist Äthiopien der Himmel auf Erden. Das Klima ist perfekt, es gibt viel Wasser, der Boden ist fruchtbar“. Die Regierung vergibt Millionen Hekar Ackerland an Investoren. Gleichzeitig herrscht Hunger im Land. Die gleichermaßen interviewte Landarbeiterin meint: „Dieses Gemüse kann ich mir nicht leisten. Ich verdiene 24 Euro im Monat. Wir essen nur Mais. Drei meiner Kinder leben bei meiner Mutter, weil ich sie nicht ernähren kann“.
Wie also kann man das Problem lösen? Der Film tritt für ein radikales Umdenken ein und vertritt ein Konzept der Millionen von Kleinbauern statt internationaler Agrarkonzerne. Lokale Versorgung statt globaler Investition. Was wie mittelalterliches Wirtschaften aussieht, könnte eine Lösung sein. Kleinbauern könnten wissenschaftlich beraten werden, könnten Bewässerung und Saatgut optimieren. Versuche haben gezeigt, dass solchermaßen beratene Kleinbauern ihren Ertrag verdreifacht haben. So der Film.  

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