Der Dichter Hermann Hesse kommt scheinbar aus einer
anderen Welt, in der die Kommunikation zwischen den Menschen noch
anders funktionierte als heute. Und doch kann man über ihn und seine
Stellung zur Welt staunen. Er wuchs in der schwäbischen Kleinstadt
Calw auf, der Marktplatz und die steilen Gassen waren die Welt seiner
Kindheit. Er kannte in dieser Welt alle und jeden, blieb aber doch
auf Distanz. Seine Eltern standen im Dienste der evangelischen Basler
Mission. Der Vater kam aus Estland und hatte als Missionar in Indien
gearbeitet. Die Welt der Mission war in Hesses Kindheit
allgegenwärtig. Seine Mutter war in Südwestindien aufgewachsen,
Bilder und Lieder aus Indien waren ihm von klein auf vertraut. So hat
der junge Hesse von Anfang an zwei Welten kennen gelernt und in ihnen
gelebt. Es gab die schwäbische Kleinstadt mit ihrer überlieferten
Ordnung und Ihren Traditionen. Und es gab die ferne indische Kultur
mit ihren eigenen Lebensformen, Sprachen und Rhythmen.
Wie ein geheimnisvolles Reich kam ihm dabei die
Bibliothek des Großvaters Hermann Gundert vor, in der es nach
Pfeifenrauch und alten Büchern roch. Als Schriftsteller, Übersetzer
un Herausgeber von Missionsliteratur leitete Gundert den Calwer
Verlagsverein. Er war einer der Pioniere der evangelischen Mission in
Indien gewesen, ein schwäbischer Theologe, der auch ein bedeutender
Indologe und Sprachgelehrter war. Er konnte seine Predigten in so
manchem indischen Dialekt abhalten und übertrug indische Versepen
ins Deutsche. Seine Wertschätzung anderer Kulturen faszinierte den
jungen Enkel Hermann Hesse. Begeistert berichtet er, dass in anderen
Schränken des Großvaters stand und lag noch viel anderes Wesen und
Geräte. Ketten aus Holzperlen wie Rosenkränze, Palmblätterne
Rollen, mit eingeritzter alter indischer Schrift beschrieben. Kleine
Götterbilder, aus Holz, aus Glas, aus Quarz aus Ton, messingne
Becher und Schalen. Und alles kam aus Indien und Ceylon, aus Siam
und aus Birma. ...An anderer Stelle schreibt er über den Großvater,
dass dieser auch „ein Magier, ein Weiser und Wissender war - Er
konnte Pali und Sanskrit schreiben und sprechen. Er konnte unter
anderem bengalische, indostanische und sinegalesische Lieder singen.
Er kannte die Gebetsübungen der Mohammedaner und der Buddhisten,
obwohl er Christ war und an den dreieinigen Gott glaubte“. Am
schönsten wohl hat er den daraus entstandenen Gesichtskreis so
beschrieben: „Niemand wusste so wie er Bescheid darum, dass unsere
Stadt und unser Land nur ein sehr kleiner Teil der Erde war“.
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