Reise durch Wirklichkeiten

Montag, 13. Juni 2022

Kinder kriegen (2)

Während die einen einem namenlosen Instinkt und natürlichen Trieb zu folgen schienen, während andere eine Einpassung in ein Karrierestreben glaubten, verneinen zu müssen, neigte ich zusammen mit meiner damaligen Partnerin zum Grübeln, zum Nachdenken darüber, ob ich das könnte und wollte: Ein Kind in die Welt setzen. Ob mir durch meine natürlichen Dispositionen Grenzen gesetzt waren und – vor allem! - ob ich angesichts meines Berufs so etwas wie Verantwortung für ein wachsendes menschliches Wesen zu übernehmen bereit war, ob ich mich in der Lage dazu sah. Ich hatte nach meiner Einschätzung schon unendlich damit zu tun, mich selbst einigermaßen zu reproduzieren und über Wasser zu halten. Dies nötigte mir einen Energie- und Zeitaufwand ab, der nicht zu einem verantwortungsvollen Kinderwunsch zu passen schien. Wobei wir schon beim nächsten Kriterium wären, das alle bis dahin geäußerten Motive zu überlagern schien: Verantwortung, Wertmaßstäbe, Orientierung. War ich in der Lage, dies mit der gebotenen Aufmerksamkeit zu geben? Völlig klar war es, dass all dies einen Zeitaufwand und einer Bereitschaft, sich einzulassen, bedurft hätte, dem ich mich gewachsen zeigen musste, - so meine Überlegung. War ich durch meine berufliche Tätigkeit überhaupt in der Lage, auch nur einen Bruchteil dieser nach meiner Einschätzung „automatisch“ erwachsenden Verantwortung einzulösen? Ich fühlte mich in eine Existenz hinein gezwungen, die es mit sich gebracht hätte, dass eine Partnerin den Hauptteil der Verantwortung und Erziehung hätte leisten müssen, womit mir allzu leicht hätte unterstellt werden können, dass ich mich hätte entziehen wollen. Einem solchen Dauervorwurf konnte und wollte ich mich nicht aussetzen. Eine Tätigkeit, die sich für einen reichen Sprössling geeignet hätte, nämlich ein sich liebevolles Widmen eines „Kanals“ zur Selbstverwirklichung, zur massenhaften Mitteilung und Verbreitung, zum Aufblasen eines Egos in einer öffentlich sichtbaren Tätigkeit, war mir nicht vergönnt. Ich musste Profi mit allen Konsequenzen sein, war auf den Broterwerb angewiesen, hatte kein reiches Erbe zu erwarten. Hatte ich Ziele und Perspektiven? Wenn ja, dann eine zu ungewisse Form davon. Für mich stand vielmehr fest: Ich wollte dem nachgehen, was meine Leidenschaft war, dem, von dem ich „etwas zu verstehen“ glaubte.

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