Reise durch Wirklichkeiten

Montag, 1. Februar 2021

Fragen nach der Identität

„Werde, der du bist“, so lautet die klassische Aufforderung des Humanismus. In letzter Zeit ist dann noch die Erkenntnis hinzu gekommen, dass die Arbeitswelt mit ihren vielfältigen sozialen Kontakten bei der Herausbildung der Identität ziemlich wichtig sei. Ob jetzt, nach dem verstärkten Drängen auf Home Office samt seiner eingeschränkten Ermöglichung von „analogen“ sozialen Kontakten, sich die Arbeitswelt und damit auch der Prozess der Identitätsbildung sich abermals ändert? Jede und jeder sitzt doch da als isoliertes Ich vor dem Bildschirm, Kontakte finden – wenn überhaupt – auf virtuellem Wege statt. Ob bei diesen Entwicklungen generell auch das Internet mit seiner wohl immer noch zunehmenden Bedeutung auch seine Rolle spielt? Wo stehen wir? Ob es fixe und flexible Anteile der Identität gibt? Relativ oberflächliche und eher tiefe Bereiche gibt? Ob es eine dauernde Entwicklung ist, die mit dem Leben mitgeht, in dem alles mit allem verbunden ist? Alles, was ist ist in Bewegung? Wir tragen das Leben in uns. Der Mensch ist nur ein lebendiger Teil des Lebens. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das die Frage „Wer bin ich?“ stellt. Wie und ob das alles genau (wie genau ist das überhaupt?) so hingenommen werden muss, ist die Frage. Der Mensch (konkret: welcher Mensch?), so sieht er es selbst zuweilen gerne, schafft sich seine Lebensumstände selbst und ist nicht nur hineingeboren in Verhältnisse (Ob das so stimmt?, wie steht es darum, dass gewisse Menschen in gewisse Familien hinein geboren werden?). Ob die gegenwärtige Krise auch eine Folge unseres Umgangs mit dem Leben ist? Ob nicht unsere Existenz vom blinden Streben nach dauerndem Wachstum bestimmt ist, von dem Ökonomen so gerne behaupten, dass wir es dringend brauchen und Politiker es als „alternativlos“ für jedwede Entwicklung voraussetzen? Kann die Arbeitswelt da eine Stütze der Identitätsbildung sein, - das Arbeiten als Weg zum Selbst? Nicht nur die Pandemie, sondern auch die Digitalisierung samt der mit ihr verbundenen Relativierung des Wertes der Arbeit scheint das in vielerlei Hinsicht relativiert zu haben. Wie also wird sich das Verhältnis Arbeit zu Identität gestalten?

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