Reise durch Wirklichkeiten

Montag, 26. Juni 2017

Parteitagsrituale

Welch jämmerliche Veranstaltungen doch Parteitage zu sein scheinen! Da fallen markige Worte in lange Reden, da herrscht kumpelhafter Umgang und das bewährte Geschwafel von der „hart arbeitenden Mitte unserer Gesellschaft“. Ob dieser Mitte wohl bald die Arbeit ausgeht angesichts der „Arbeitswelt 4.0“, die die Arbeitgeberwelt so laut ausruft und die selbst SPD-Ministerien „untersuchen“ oder in Gremien bereden lassen? Egal, es werden Daumen gereckt und Siegerposen eingenommen. Ach, wenn das alles bloß nicht so einstudiert künstlich und von Werbeagenturen nahe gelegt wirken würde! Egal, das Parteivolk findet's großartig und gefällt sich in Klatschorgien. Der Kandidat ist in besseren Zeiten mit 100 % gewählt worden, was für sich selbst spricht. Jetzt braucht er Zuspruch, der Bart Schulz. „Zeit für Gerechtigkeit“ heißt das unterlaufene Motto des Parteitags und Schwarz auf Rot ist gedruckt „Zeit für Martin“. Kindereien. Werbekram einer Partei. Sprüche. Ob das Deutschland gut tut? Da wird von der „Arroganz der Macht“ geschwafelt, als sei man daran nicht beteiligt. Groko lässt grüßen. Es muss sich gegenseitig Mut gemacht werden, man muss sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, - sonst stinkt man – ist zu befürchten - in der nächsten Wahl ab. Um die Grünen steht es Umfragen zufolge auch nicht besonders gut. Aber von Umfragen halte man nichts, so lässt man trotzig verbreiten, nicht ohne den nächsten Morgen mit seinen neuesten Umfrageergebnissen heftigst herbei zu sehnen. Man will jetzt endlich den Staat regeln lassen, verbieten und vorschreiben ist die alte neue Zauberformel. Etatismus ist in Deutschland sehr beliebt. Der Staat soll's richten, in jeder Lage, auch wenn er bei der inneren Sicherheit jetzt vielleicht ein bisschen zu viel tut. Nachts um 2 Uhr werden noch schnell ein paar Gesetze zu dieser inneren Sicherheit durchgewunken, auch wenn die Augen fast schon zufallen, egal. Klar, dass solch schwierige Bemühung Diätenerhöhung verlangt. Parteien und ihre Abgeordneten, die sich öffentlich gerne bekriegen, sind sich darin mal wieder sehr einig. Ist längst abgesprochen. Eine Woche zuvor schon haben die Grünen das Ritual des Parteitags vollzogen: unter der Woche erregte ein Video mit ketzerischen Bemerkungen des Baden-Württembergischen Grünen-Ministerpräsidenten Aufsehen. Reden und Meinungen bestimmter Personen wurden niedergemacht. Demokratieverständnis? Aufgeregtheiten oder gar Wut werden katastrophal schlecht vorgespielt und entlarven sich selbst. Aber den Delegierten, die sich selbst als wichtig erleben sollen, gefällt's. Sie nennen's lieber „Auseinandersetzung“ statt „Streit“. Natürlich geht’s um hehre Ziele. Um „Inhalte“. Es geht um's Mobilisieren, nicht ums Koalieren. Natürlich. Durchzustehen und abzusitzen sind da erst noch lange Reden mit Rednern, die den Delegierten und sich selbst gefallen wollen. Mit Temperament und Gefühlsechtheit, noch schlechter vorgespielt. Gar nicht aufgesetzt. Wo denn da das breite Volk bleibt? Nun ja. Das soll gefälligst zur Wahl gehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen