Die Mär vom heiligen Ich hat uns (zu) lange bewegt.
Das war zu einer bestimmten Zeit richtig. Doch jetzt im Zeitalter der
permanenten Selbstverwirklichung und der Selbstoptimierung stellen
sich neue Fragen. Das schreibt einer, der von Leuten wie Hermann
Hesse wesentlich motiviert wurde. Ja klar, da ist die alte
romantische Idee vom Genie des Ich und den daran gebundenen Folgen.
Daran zweifele ich inzwischen, obwohl ich genau solch ein Romantiker bin.
Mittlerweile sehe ich das Kombinieren von Vorgefundenem oder des
Vorproduzierten mit eigenen Abweichungen, ich sehe meine Marotten oder Spleens
anders. Ich kann darin einen Weg erkennen. Ich glaube nicht (mehr)
daran, das Ganze stets neu erfinden zu müssen oder es zu können.
Ich sehe stets einen Zusammenhang, gerade heute, wo das Netz uns
hinein ziehen will in die scheinbaren Schwärme, in die „Intelligenz der
Vielen“, - die ich freilich auch bezweifle, da ich sie zu oft als
pures Mitläufertum erlebte - oder als „Folge“ einer ganz
bestimmten Sozialisation. Dass oft Profitinteressen dahinter stecken, ist mir durchaus geläufig. Es ist wohl so, dass nichts im luftleeren
Raum entsteht und der Mensch ohnehin ein soziales Wesen ist, - womit
ich keineswegs einem Traditionalismus das Wort rede. Dass beispielsweise Musiker
sich selbst wichtig nehmen, ist richtig und wichtig als
Arbeitshypothese, aber wohl nicht so recht als Lebenseinstellung.
Der große Zampano sein, der anderen erklärt, wie's
geht oder „es“ funktioniert, war ich nie. Dazu drängte sich muir zu oft der Zweifel auf. Wohl auch deshalb bin
ich nie Lehrer geworden. Bei mir geht zudem auch noch der Zufall in eine Sache
ein. Woher er kommt? Aus dem Augenblick, der von so vielem
beeinflusst ist und dem ich meist eine magische Bedeutung
zugeschrieben habe. Aber auch aus der Vergangenheit, die auf verschiedene
Weise in uns ruht. Aus erworbenen Routinen, aus Automatismen der Abläufe, die uns unbewuisst bestimmen können. Die Leute sind mittlerweile auf mannigfache Weise sozialisiert und in
Daten umgewandelt, per Algorithmen völlig anonymisiert, - ohne dass sie es merken.
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