Heimat,
das ist eine Landschaft, - und mehr. Der Wunsch, dazu zu gehören,
Teil einer Gemeinschaft zu sein. Einen Ort zu haben, an dem man sich
nicht erklären muss. Das Gefühl, willkommen zu sein. Einen Ort
haben, an dem man sich sicher fühlt. Eine Erinnerung an die
Kindheit, als die Welt einem vertraut erschien. Wurzeln haben. Heimat könnte Aufbruch und Rückkehr bedeuten. Immer mehr Leute fürchten sich
davor, sie zu verlieren – und damit ihre Identität. Es herrschen
Landflucht auf dem Dorf und steigende Mieten in den Städten. Eines
aber scheint überall wichtig zu sein: Alle müssen flexibel sein und
sich durchkämpfen in einer globalisierten und durchkapitalisierten
Welt. Jetzt, wo die früher in SciFi-Literatur vorgedachte Zukunft
Wirklichkeit wird, könnten wir gar keine Zukunft mehr haben. Es
scheint eine Welt entstanden zu sein, die Entmaterialisierung
bedeutet. Alles scheint ähnlicher zu werden, gleich zu werden, alles
verschwimmt, Menschen sind in den neoliberalen Zusammenhängen
„Humankapital“. Verwurzelung und Identität scheint angesichts
dessen das am meisten verkannte Bedürfnis der menschlichen Seele zu
sein. Aktuell scheinen sich Leute davor zu fürchten, durch
Überfremdung ihre Heimat zu verlieren. Da bedeutet auch Clans und Ahnen,
denen wir verbunden sind, ohne dass wir das wollen. Es gibt Menschen,
die glauben, dass Heimatverbundenheit nicht unbedingt mit der Angst
vor Fremden verknüpft sein muss. Heimat sei nicht unbedingt, so glauben Leute,
nicht an den Ort gebunden, an dem man geboren wurde. Der
Heimatbegriff, so halten manche Soziologen dagegen, zeige genau die
Trennlinie zwischen der akademisch gebildeten, im Urbanen lebenden
Mittelschicht und der traditionellen, oftmals noch der
Industriemoderne verhafteten Mittelschicht.
Die
Heimatfraktion sei in die Defensive geraten. Linksliberale
Kosmopoliten predigten Heimatliebe ohne Ausgrenzung und würden damit
Gefahr laufen, heuchlerisch zu sein. Denn diese klassisch Linksliberalen
werfen anderen etwas vor, was sie selbst tun. Und zwar werfen sie
anderen vor, dass sie Migranten und Flüchtlinge nicht integrieren
würden. Sie selbst seien aber gar nicht erst in der Situation, dass
sie mit Flüchtlingen und Migranten konfrontiert seien, weil sie in derart gefilterten und abgefederten Lebensumständen leben, dass Migranten für
sie keine Problematik darstellten.
Darin, was Heimat sein soll und
wie sie geschützt werden soll, zeigt sich insofern auch die Spaltung der
Gesellschaft. Sehr offensichtlich wurde dies übrigens in den
Berichten über prominente Amtsträger der Sozialdemokraten, die ihre
Sprösslinge auf teure Internate und Privatschulen schicken und
keineswegs daran glauben, was sie dauernd predigen. Der empirische Beleg dafür könnte sein, dass sie ihre Sprösslinge auf teure Privatschulen schicken. Dass es nicht
darum gehen soll, woher man kommt, könnte aber auch ein Mythos sein.
Denn Heimat ist gerade nicht nur Option und freie Wahl. Man ist bedingt
durch das, was schon war. Heimat ist gerade nicht das, was man durch freien
Willen sich wählt. Man ist hinein gewachsen. Auch durch
Sozialisation. Man versteht die Leute in dieser Heimat unwillkürlich
besser, agiert und bewegt sich wie selbstverständlich, wie im
Schlaf. Es gibt den Ort der Geburt als Schicksal. Man ist hinein
geboren worden, hat ihn sich nicht heraus gesucht. Wir sind nicht nur
autonome Menschen. Wir sind auch durch unsere Herkunft und unsere
Geschichte, durch Zufälle, Glück und Unglück geprägt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen