Wir waren vom Geist des Fragens, der Kritik und des
Protests durchdrungen. Skepsis, ja sogar Verunsicherung, hatten wir
gelernt, als etwas Positives zu deuten. Aber in Wirklichkeit gab es
kein „wir“, waren wir längst auseinander gefallen in diejenigen,
die sich der Realität möglichst optimal anpassen und „das Beste
draus machen“ wollten und diejenigen, die eine Art
Fundamentalopposition einübten, die sich nicht so einfach einfangen
lassen wollten von den Zwängen, die „das Ganze“ auf einen
ausübte, die ihrer Individualität nachjagen wollten. Die sich
bewusst werden wollten über Zusammenhänge – und danach handeln.
Waren wir in eine durch und durch verwaltete Welt hinein
geboren worden? Kafka schon hatte Hinweise gegeben. Aber der galt als
schwer verständlich. Ganze Heere von Exegeten, Auslegern und
Interpretatoren führten ihre Auseinandersetzungen im akademischen
Elfenbeinturm. Ich wollte damals aus diesem Elfenbeinturm ausbrechen
und war entschlossen, mich an der empirischen, an der tatsächlichen
Welt zu orientieren, auch, indem ich mich ihr gemäß ausdrücke,
indem ich eine Übersetzung des Komplexen in weithin Verständliches,
also Populäres versuche. Ich wollte Kafka zum Kumpel machen, mit dem
wir alltäglich umgehen können. Ich wollte ihn den sogenannten
„Eliten“ entreißen. Gleichwohl wollte ich nie eingeordnet
werden, gehörte nie einer Bewegung oder Richtung an, verstand mich
immer als Einzelkämpfer. Der Bürokratie, der Verwaltung (auch
„privater“ Art) hingegen fühlte ich mich ausgeliefert. Mit der
Zeit war ich zu einem winzigen Datensatz geworden. „Big Data“
umgab mich nun überall. „Big Data“ wusste alles besser. Konnte
Algorithmen so richtig gut anwenden. Mit ihnen umgehen. Kalkulierend.
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