Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Sonntag, 5. März 2017
Das Knien
Was wohl der neoliberalen Weltsicht am krassesten
widerspricht? Da gibt es vieles. Aber das religiös motivierte Knien
gehört wohl dazu. Es scheint eine Geste zu sein, die bedeutet, dass es eine höhere Macht als das Ego
gibt, verbunden mit dem Versuch, mit dieser Macht in Kontakt zu treten und sie anzuerkennen. Es ist wohl eine Art der spirituellen Annäherung, die
sogar in eine Kontaktaufnahme münden kann. Spirituelles als Wert
gibt es nicht im Kapitalismus, sondern nur den Wert des Geldes. Dies
bedeutet nicht einmal das Säkulare an sich, sondern einen Ausschnitt
daraus, der Menschen nach Einkommen und Vermögen qualifizieren will.
Wer viel hat, ist viel wert. Wer wenig hat, ist wenig wert.
Möglicherweise etwas zu einseitig haben sich westliche
Gesellschaften auf solche Maßstäbe eingelassen, die freilich auch
in dem Maße zu zerbröckeln schein, indem der Wert des Geldes sich
zunehmend von dem Wert der Leistung entkoppelt. Wer viel leistet oder
viel Verantwortung trägt, soll auch viel verdienen. Solche
Glaubenssätze der Marktwirtschaft werden zwar immer noch
kolportiert. Doch ihre Obsoleszenz ist allzu offensichtlich. Es gibt
wohl genügend Schurken unter den Besitzenden, die sich frech am
Allgemeinwohl bereichert haben. Dies ist mittlerweile auch durch die
Massenmedien genügend kommuniziert. Zwei Wege als Ausweg: entweder
man glaubt niemanden mehr, der neureich mit Geld um sich wirft und
einen besonders aufwändigen Lebensstil pflegt. Oder man unterwirft
sich radikal diesem System und hält mit allen Wassern gewaschene
Milliardäre für die Rettung, weil diese mediengewandt den
Trash-Sumpf für sich zu nutzen wissen. Mit dem Knien jedenfalls hat
dies nichts mehr zu tun. Es scheint, als habe die Schicht der
Tonangeber auf dieser Welt den damit verkörperten Wert vollkommen
verloren.
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