Reise durch Wirklichkeiten

Donnerstag, 17. November 2022

Vogelherd

Wir haben den Archaeopark Vogelherd oft besucht, haben die Fundstücke und die Fragen, die sich daran geknüpft haben, auf uns wirken lassen. Es wurden hier unglaublich beeindruckende Stücke aus der Eiszeit gefunden, die uns über die Entstehung von Kunst und Musik nachdenken ließen und als Belege für das Auftreten von Religion gelten dürfen. In Blaubeuren sahen wir einst den „Löwenmenschen“, der hier gefunden wurde und dessen fotografische Reproduktion seitdem auf unserem Schreibtisch steht. Wir hörten auch die ca. 40 000 Jahre alte Flöte, die hier gefunden wurde und die wohl auf einen Anfang der Musik hindeutet. Es bestärkte sich hier in uns ein Bewusstsein dafür, das wir als Menschen auf den Schultern unserer zeitlich weit entfernten und doch so nahen Vorfahren stehen. Offenbar ist es anderen Leuten auch so gegangen, denn der Archaeopark war gut besucht, die Zahlen stimmten. Und jetzt die schockierende Nachricht: Der Archaeopark Vogelherd soll geschlossen werden, ja, er ist inzwischen geschlossen und die Mitarbeiter entlassen, weil das Geld dafür fehlt. Wir konnten das anfangs nicht glauben. Es wirkte auf uns surreal, geradezu grotesk. Irgendwelche Vergnügungsparks tuckern vor sich und ziehen die Massen, während hier geschlossen werden soll. Unglaublich. Diese Vergangenheitsvergessenheit auf der Ostalb ist unbegreiflich trotz aller Krisen der letzten Zeit. Eigentlich wähnte ich das Anliegen in guten Händen: es gab einen Ministerpräsidenten, der sich dafür einzusetzen schien und der offenbar sehr wohl bewerten konnte, dass das Land Baden-Württemberg den ungeheuren Wert, den dies darstellt, gut einschätzen kann. Es geht um das Selbstbild des Landes, das sich ja rühmt, Kultur- und Wissenschaftsstandort zu sein. Und darum, dass die Repliken der als „UNESCO-Weltkulturerbe“ ausgelobten Ort dieser Fundstücke überall auf der Welt gezeigt werden und somit einen unschätzbaren Wert für das Land darstellen dürften. Und nun dies! Unglaublich!

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