Übliche Erklärung: Das
Geld reicht nicht. Es wird zu wenig Personal eingestellt, das dann
unter enormem Zeitdruck steht und Pflegeaufgaben nicht so nachkommen
kann, wie es das selbst gerne würde. Dies Personal verschanzt sich hinter
„Dienst nach Vorschrift“ und lässt auf diese Weise einfache
Menschlichkeit oft vermissen. Beispiel: Schmerzen. Es wird ein Arzt
benötigt, der aber am Wochenende nicht verfügbar ist. oder einfach
nicht kommt..... Der Patient könnte in dieser Zeit verrecken: macht
ja nichts, Nachschub kommt allemal. Die Finanzierung erfolgt nach
Bewohner, ja nach Pflegegrad und innerhalb der immergleichen
gesetzlichen Regeln. Auf diese Weise sind in den letzten Jahren rund 5000 Heime neu entstanden. Durch die Pflegeversicherung ist ein
neuer, gigantischer Markt entstanden. Der Staat lässt die Akteure
dieses Marktes weitgehnd frei schalten und walten. Wenn es um
Personalbestand, Kontrollen und Outsourcing geht. Es könnte ja auch
darum gehen, das wohl der Bewohner im Auge zu haben und nicht das der
Betreiber. Verbürgte Grundbedürfnisse und Qualitätsstandards
gehen. Pflegeselbstverwaltung heißt dabei das Zauberwort. Das heißt,
dass die Politik sämtliche Entscheidungen auf diesem Gebiet an diese
Selbstverwaltung delegiert, die ihre Sitzungen meist unter Ausschluss
der Öffentlichket abhält und sich auch darüber hinaus ziemlich
zugeknöpft gibt. Es geht dabei unter anderem um Gehälter,
Personalschlüssel u.ä. Unter anderem sind 16 verschiedene
Heimgesetze, Brandschutzgesetze und 16 verschiedene Pflegeschlüssel
auf diese Weise entstanden. Neben den Wohlfahrtsverbänden spielen
dabei private Betreiber eine immer größere Rolle. Sie mögen die
Profiteure dieser abgeschotteten Entwicklungen sein, indem die Pflege
durch die Pflegeversicherung zu so etwas wie einer Selbstbedienung
geworden ist. „Wir hatten damals lange Warteschlangen und das
Dreibettzimmer war Gang und Gäbe. Wenn sie heute aber nachsehen,
werden Sie bemerken, dass wir viele stationäre Pflegeeinrichtungen
haben, dass wir keine Wartelisten mehr haben und dadurch
Wahlfreiheit...“ sagt ein einflussreicher Politiker von der CDU.
Wer freilich mit alten Menschen in misslicher Lage zu tun hat und ein
Pflegeheim zur Aufnahme sucht, macht ganz andere Erfahrungen und
fragt sich, wovon diese Leute sprechen.
Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Freitag, 31. Mai 2019
Grundgesetz und Selbstverwaltung
Etwas zum jüngst mit allerlei Sonntagsreden absolvierten Grundgesetzjubiläum: Es besteht der Verdacht, die Pflege schütze
die Würde des Menschen nicht ausreichend.
Der Vorwurf: der Staat vernachlässige seine Schutzpflicht gegenüber
Millionen pflebedürftiger Menschen. Es gibt mittlerweile sehr viele
Dokumentationen und Beispiele dafür, dass dies nicht unbedingt als
„Einzelfall“ abgetan werden kann. Akzeptierterweise sind das wohl
die derzeit am meisten stattfindenden Rechtsverstöße in
Deutschland. Die Politik behauptet in dessen unverdrossen, dass das
deutsche Pflegemodell "in diesem schönen Land" ein Erfolg sei. Jaja, klar, im Verhältnis zu gewissen anderen Ländern! An anderer Stelle hätten wir gerne, dass Deutschland ganz besonders toll sei! Etwa 2,8 Mio Menschen sind in
Deutschland derzeit pflegebedürftig. Tendenz: steigend. Es könnte
sein, dass der Staat nicht genügend Rahmenbedingungen setzt, um
Misstände in Heimen zu verhindern. Dabei ist das Spektrum sehr weit:
Es gibt Heime, in denen die zu Pflegenden sehr gut versorgt werden,
aber aber auch Heime in denen Menschenrechtsverletzungen an der
Tagesordnung sind. Im schlechtesten Fall bekommen die Heimbewohner
keine Zuwendung, keine Pflege, keine Sicherheit und keinen Schutz. Da
werden Bewohnernotrufe weggedrückt, da werden Klingeln abgestellt oder
in nicht erreichbarer Nähe angebracht,
weil einfach keine Zeit mehr dafür da ist. Im schlimmsten Fall
bekommen sie nicht einmal ausreichend zu essen und zu trinken.
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