Reise durch Wirklichkeiten

Dienstag, 21. Mai 2019

EU und ihre Landwirtschaftsförderung

Es mag ja die Agrarpolitik immer ein äußerst wichtiger Teil der EU gewesen sein. Ausgleich schaffen zwischen Kleinen und Großen, effektive „Erzeugung“ von Nahrung, Landschaftspflege…...das war stets Teil eines europäischen Gutmenschentums, dessen sich die EU befleißigen wollte und deren Phrasen sie auch bis in die Gegenwart hinein dreschen lässt. Dabei gab es stets gravierende Fehlleistungen, Dinge, die niemand verstand, - außer gewisse Lobbygruppen. Schon damals wurde man misstrauisch, glaubte den Phrasen aus Brüssel und den eng mit den Entscheidungsgremien verflochtenen Lobbygruppen nicht. Doch daraus scheint man bei der EU wenig gelernt zu haben. 
Es scheint vielmehr so zu sein, dass stärker als je zuvor die großen Agrarindustriefirmen mit den ganz großen landwirtschaftlichen Flächen unterstützt werden, zuungunsten der Kleineren, die entweder aufzugeben gezwungen sind, oder sich selbstausbeuterisch noch eine gewisse Zeit durchschlagen, so lange, bis auch ihre Zeit gekommen sein wird. Und das alles soll aus Brüssel gedeckt sein? Von der EU? Dass diese ihre Hühnchen und Hähnchen nach Afrika verschleudert werden und dort die heimische Geflügelindustrie zerstört, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. 
Dass da einige EU-Abgeordnete gleichzeitig in den Entscheidungsgremien großer Industriebetriebe sitzen sollen, hatten wir ja geahnt. Dass aber diese Leute offenbar schalten und walten, wie sie es gerade wollen, hat uns dann doch schockiert und scheint uns wenig demokratisch zu sein. Dass die Deutschen bei der EU auch in diesen Ausschüssen den Ton angeben wollen: nun ja, Deutsche fühlen sich halt als die Größten. Jedenfalls im EU-Rahmen (früher auch im Weltrahmen). Da werden wohl die Profite und (geldwerten) Vorteile quer durch die EU-Ausschüsse und völlig offen an die Industrie verhökert. Das Maß der Durchdringung von Politik und Industrie soll unglaublich sein. Wer in welchem Interesse spricht, ist dabei selten klar. Ein höheres Maß an Korruption können wir uns in all unserer Naivität kaum vorstellen. Werden Wissenschaftler in ein Entscheidungsgremium eingeladen, um ihre Meinung zu hören, so werden ihre vorgetragenen Erkenntnisse schlicht ignoriert oder in einem gewissen Interesse verändert. Einfach so. Völlig offen. Funktionäre sind Politiker oder Aufsichtsratsmitglieder, alles gleichzeitig, alles passt und wird abgenickt. Mit enormen Folgen für uns alle. Da geschieht offenbar ohnehin sehr viel „unter Ausschluss der Öffentlichkeit“. Klar, wenn etwa der baden-württembergische Agrarminister der Ansicht ist, dass der Einsatz von Gift in der Landwirtschaft den Verbraucher „nichts anginge“. Das machen schon die alten Herren mit den Anzügen und den grauen Schöpfen. Wie etwa Tiere gehalten werden und unsere Lebensmittel „produziert“ werden. Ein sehr großer Anteil der EU-Entscheider soll neben seinen EU-Tätigkeiten hohe Posten in der Agrarindustrie, in den Bauernverbänden oder in der agrarnahen Finanzwirtschaft bekleiden. On wohl die Mitglieder des Agrarausschusses etwas zu einseitig Industrieinteressen vertreten? Düngemittelverordnungen werden dann meist mit dem Argument vertreten, man müsse die Bauern schützen und erst noch entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse abwarten. Es scheint so, als würde besonders die Landwirtschaftsministerin sich solcher Argumente befleißigen. Ob diese Entscheider dabei noch „up to date“ sind? Last but not least die großen Erfolge der Grünen müssten dabei etwas zu denken geben. Ob die Zeit der großen Volksparteien aus solchen Gründen des Ärgers über selbstherrliche Entscheider vorbei sind? Einfluss der Industrie, Parlamentarier, die große Industriefirmen vertreten, ganze Ausschüsse, die industrielastig“ besetzt sind, - ob das okay ist? „Industrielastig? Das ist mir neu“, sagt dazu die Bundeslandwirtschaftsministerin. "Wenn jemand einen großen Hof hat, dann ist er für mich Pragmatiker“. Später fügt sie hinzu: „Ich glaube, wir sollten da fair sein und nicht mit diesen Schwarz-Weiß-Kategorien arbeiten. Es gibt überall Interessen. Und dass jemand Interessen hat, ist per se nichts Schlechtes. Es sollte a) transparent sein und b) so sein, dass man politische Entscheidungen nicht nur im Interesse einer einzigen Gruppe, sondern im Ausgleich verschiedener Gruppen trifft“. Der Verfassungsrechtler und einstmalige Verfassungsrichter Udo di Fabio sagt dazu in einer ARD-Sendung: „Die Frage, ob Parlamentarier Interessenvertreter sein dürfen, ist eine Frage, die so alt ist, wie der Parlamentarismus. Aber man wird bei offenkundigen Interessen und Verflechtungen schon kritische Fragen stellen müssen und diese Fragen sollten im parlamentarischen Raum zuerst selbst gestellt werden. Und zwar nicht mit der Keule des moralischen Vorwurfs, sondern mit der Forderung, etwas transparent zu machen“.

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