Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 10. Februar 2018

Rückblick auf den Rückblick

In einem alten Tagebuch entdeckt, ein Rückblick:
Was war gefordert 1975? Eine Durchdringung der Verhältnisse? Eine Kritik am Bestehenden? Systemkritik? Alles noch ein bisschen, - aber mit viel Skepsis. Idealismus rules mit schwachem Haupt, ist gerade in der Abdankung begriffen. Bleierne Zeit. Die sich verstärkt fortgesetzt hat. Die flotten Menschen in den Talkshows die sich so gut inszenieren können. Die 68er waren bereits Mythos.Die Vorbilder. Brecht. Der gute Mensch von Sezuan. Die Bohemians, wie lebten sie? Wie finanzierten sie ihr Leben? War da ein Erbe vom Papa zu erwarten? War das alles nicht eine Illusion? Der Zweifel nagte überall. Die Ironie. Wir nahmen die Phrasen nicht mehr ernst, wir bestaunten sie nur noch. Was war das für eine Zeit, in der man nur ein paar Jahre später über diese Weltverbesserungsemphase lachte? In der man das als Karikatur auffasste? In der man sich plötzlich frei aller Utopien wähnte? In der man einen Ballast abzuwerfen schien. Einen Abfall entsorgte? Wir misstrauten schon damals einer stilisierten Wirklichkeit. Letztlich brauchten wir Geld, um ein Instrument zu kaufen, um die Interrailkarte bezahlen zu können, um mal ins Kino gehen zu können und sich ein Bier oder auch zwei leisten zu können. Uns trieb die Jämmerlichkeit um, das Unbedeutende. Wir hatten nicht die ideellen Probleme der Hauptfiguren im Deutschunterricht. Wir respektierten das als Kunst. Doch das Leben war schon damals etwas anderes. Das eine war der bürgerliche Bildungskanon, auf links getrimmt. Das Andere die Jämmerlichkeit des Alltags. An mir zog das Leben vorüber. Rühmkorf-Gedichte. Die einen machen Promotion für den Literaturbetrieb, die anderen für die Tabakindustrie.

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