In einem alten Tagebuch entdeckt, ein Rückblick:
Was
war gefordert 1975? Eine Durchdringung der Verhältnisse? Eine Kritik
am Bestehenden? Systemkritik? Alles noch ein bisschen, - aber mit
viel Skepsis. Idealismus rules mit schwachem Haupt, ist gerade in der
Abdankung begriffen. Bleierne Zeit. Die sich verstärkt fortgesetzt
hat. Die flotten Menschen in den Talkshows die sich so gut
inszenieren können. Die 68er waren bereits Mythos.Die Vorbilder.
Brecht. Der gute Mensch von Sezuan. Die Bohemians, wie lebten sie?
Wie finanzierten sie ihr Leben? War da ein Erbe vom Papa zu erwarten?
War das alles nicht eine Illusion? Der Zweifel nagte überall. Die
Ironie. Wir nahmen die Phrasen nicht mehr ernst, wir bestaunten sie
nur noch. Was war das für eine Zeit, in der man nur ein paar Jahre
später über diese Weltverbesserungsemphase lachte? In der man das
als Karikatur auffasste? In der man sich plötzlich frei aller
Utopien wähnte? In der man einen Ballast abzuwerfen schien. Einen
Abfall entsorgte? Wir misstrauten schon damals einer stilisierten
Wirklichkeit. Letztlich brauchten wir Geld, um ein Instrument zu
kaufen, um die Interrailkarte bezahlen zu können, um mal ins Kino
gehen zu können und sich ein Bier oder auch zwei leisten zu können.
Uns trieb die Jämmerlichkeit um, das Unbedeutende. Wir hatten nicht
die ideellen Probleme der Hauptfiguren im Deutschunterricht. Wir
respektierten das als Kunst. Doch das Leben war schon damals etwas
anderes. Das eine war der bürgerliche Bildungskanon, auf links
getrimmt. Das Andere die Jämmerlichkeit des Alltags. An mir zog das
Leben vorüber. Rühmkorf-Gedichte. Die einen machen Promotion für
den Literaturbetrieb, die anderen für die Tabakindustrie.
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