Reise durch Wirklichkeiten

Dienstag, 25. Oktober 2016

"Hallo Du!"

Hallo Du!“. Wer heute auf Partnersuche ist, sucht im Internet. Mit der richtigen App findet man jede Menge Kandidaten. „Hi Süße!“. Fesselspiele am Wochenende, Swinger-Vergnügen zwischendrin, Speed-Dating mit Zungenspielen: alles ist möglich. Schnell muss es gehen. So geht Flirten heute. Flirten ist wie Geschäfte machen. Gibst du mir, so gebe ich dir. Ein Austausch. Ein Preisabgleich. Digital. Automatisiert. Anonymisiert. Und wie sieht's im „Geschäftsleben“ aus, im Berufsleben? Jedermann nennt jedermann „Du“. Das kommt aus dem Englischen und ist global. Verpönt ist diese typisch deutsche Distanzierung, die da noch differenzieren will und keine falsche Erwartungen aufkommen lassen will. Aber genau das ist es, was Unternehmensführung will, wenn sie das „Du“ einführt: mit Erwartungen spielen. Chefs zwingen ihre Untergebenen, sie zu duzen. Das schafft scheinbares Vertrauen, scheinbare Nähe. Ob damit Hierarchien abgebaut werden oder ob sie flacher gehalten werden, wie das Ideal verspricht? Skepsis erscheint angezeigt. Ob wir nicht doch etwas differenzieren sollten, ob alles auf einem Austausch auf gleicher Augenhöhe beruht? Wer eine Gehaltserhöhung will, dürfte es mit seinem „Du“ nicht unbedingt einfacher haben. Es setzt voraus, dass beide Beteiligten zwischen der persönlichen und der Sachebene unterscheiden können. Und das ist nicht immer gegeben. Wie sieht es da beim „Dating“ aus? Da scheint das meist auch nicht gegeben. Alle Beziehung scheint auch da eine Frage des ökonomistischen Ausgleichs.

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