Reise durch Wirklichkeiten

Mittwoch, 28. Oktober 2015

TonAngebertricks

Tritt irgendwo ein neuer Chef, ein Ober oder ein neuer TonAngeber X seinen Job an, so gehört es heutzutage zu den gängigen Mechanismen der „Menschenführung“, dass er vieles (manchmal auch alles) ändern muss, was an Arbeitsabläufen anliegt. Verschiedene Erwartungen treten hier auf den Plan: er sollte ja seine persönlichen Spuren hinterlassen, seine „Duftmarke“, er sollte die Abläufe so prägen, dass sie jedem Beteiligten als das Werk des geschätzten X in Erinnerung gerufen werden, ja, dass es sich geradezu in ihn einmeißelt, dass dieser X es ist, der jetzt alles bestimmt. Auch werden gerne lächerliche Vokabeln wie „Gestaltungswille“ oder „Durchsetzungskraft“ bei dieser Gelegenheit in die Welt gesetzt (was mit dem Bedürfnis nach Orientierung und „Geführt-werden“ der Vielen spekuliert).
Tendenziell ist so etwas totalitär, macht aber in der Wirtschaft nichts aus, da dort ohnehin alles hierarchisch und weitgehend diktatorisch geordnet ist. Es gibt dann ganze Wochenend-Crash-Kurse, die den „Untergebenen“ klar machen sollen, dass ja alle so demokratisch sind und dass alles in Teamarbeit erledigt würde, dass das Maß an Selbstbestimmung generell und überhaupt hoch sei. Dabei sind dies vor allem (Selbstüberlistungs-)Tricks, die nur ein möglichst hohes Maß an Motivation gewährleisten sollen. Im Endeffekt entscheidet aber nur der, der in der Hierarchie dazu „berechtigt“ ist. Deshalb gehen in der Wirtschaft auch alle Entscheidungsabläufe so schnell. Demokratie ist ein weitgehend mühsameres Geschäft. Hier müssen Interessen verhandelt, kommuniziert und abgeglichen werden, was am Ende zu einer Entscheidung führt: ein ungleich langsamerer Prozess, der aber weitgehend die Interessen der einzelnen an der Entscheidung Beteiligten berücksichtigen soll. Natürlich gibt es mannigfache Perversionen dieses Prozesses, - unter anderem hat offenbar eine tonangebende Politikerin das Wort von der „marktkonformen Demokratie“ in die Welt gesetzt. Kommentar überflüssig. Doch als gedachter Prozess zum Interessenausgleich und zur Entscheidungsfindung ist Demokratie allen anderen Prozessen, gemessen an dem Maß der dadurch erzeugten Zufriedenheit, weit überlegen. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen