Tritt irgendwo ein neuer Chef, ein Ober oder ein
neuer TonAngeber X seinen Job an, so gehört es heutzutage zu den
gängigen Mechanismen der „Menschenführung“, dass er vieles
(manchmal auch alles) ändern muss, was an Arbeitsabläufen anliegt.
Verschiedene Erwartungen treten hier auf den Plan: er sollte ja
seine persönlichen Spuren hinterlassen, seine „Duftmarke“, er
sollte die Abläufe so prägen, dass sie jedem Beteiligten als das
Werk des geschätzten X in Erinnerung gerufen werden, ja, dass es
sich geradezu in ihn einmeißelt, dass dieser X es ist, der jetzt
alles bestimmt. Auch werden gerne lächerliche Vokabeln wie
„Gestaltungswille“ oder „Durchsetzungskraft“ bei dieser
Gelegenheit in die Welt gesetzt (was mit dem Bedürfnis nach
Orientierung und „Geführt-werden“ der Vielen spekuliert).
Tendenziell ist so etwas totalitär, macht aber in
der Wirtschaft nichts aus, da dort ohnehin alles hierarchisch und
weitgehend diktatorisch geordnet ist. Es gibt dann ganze
Wochenend-Crash-Kurse, die den „Untergebenen“ klar machen sollen,
dass ja alle so demokratisch sind und dass alles in Teamarbeit erledigt würde, dass
das Maß an Selbstbestimmung generell und überhaupt hoch sei. Dabei sind dies vor allem
(Selbstüberlistungs-)Tricks, die nur ein möglichst hohes Maß an
Motivation gewährleisten sollen. Im Endeffekt entscheidet aber nur
der, der in der Hierarchie dazu „berechtigt“ ist. Deshalb gehen
in der Wirtschaft auch alle Entscheidungsabläufe so schnell.
Demokratie ist ein weitgehend mühsameres Geschäft. Hier müssen
Interessen verhandelt, kommuniziert und abgeglichen werden, was am
Ende zu einer Entscheidung führt: ein ungleich langsamerer Prozess,
der aber weitgehend die Interessen der einzelnen an der Entscheidung
Beteiligten berücksichtigen soll. Natürlich gibt es mannigfache
Perversionen dieses Prozesses, - unter anderem hat offenbar eine tonangebende Politikerin das Wort von der „marktkonformen Demokratie“ in die
Welt gesetzt. Kommentar überflüssig. Doch als gedachter Prozess zum Interessenausgleich und
zur Entscheidungsfindung ist Demokratie allen anderen Prozessen,
gemessen an dem Maß der dadurch erzeugten Zufriedenheit, weit
überlegen.
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