Ein
ganz großes Buch über das Reisen ist natürlich Hermann Hesses
„Siddharta“. Klar. Es umschreibt so etwas wie eine Lebensreise,
beispielhaft, parabolisch. Das Buch
spielt im 6. Jahrhundert vor Christus in Indien und handelt von einem
jungen Brahmanen namens
Siddharta und seinem Freund Govinda. Von seinem Vater und anderen
Priestern lernt dieser über die Veden, deren philosophische
Gedanken, religiöse Gebote und Anleitungen zu Gebeten und Ritualen.
Weil er sieht, wie diese trotz heiliger Waschungen und Gebete zur
Reinigung von den Sünden nicht aus dem Samsara entkommen,
widmet er sein Leben der Suche nach dem Atman, dem All-einen, das in
jedem Menschen ist. Er ist zuerst Asket und Bettler,
pilgert auf diesem Weg zu Gotama, was ein anderes Wort für Buddha
ist. Doch er merkt, dass dies nur ein Zwischenziel sein kann. Also
begibt er sich über den großen Fluss hin auf den Weg zu den
„Kindermenschen“. Er sucht im Sex bei der Kurtisane Kamala, die
seine Lehrerin in der Welt des Sex wird. Zudem wird er zum
Geschäftsmann und dadurch den „Kindermenschen“ immer ähnlicher.
Und so verlässt er auf der Suche nach Erleuchtung schließlich
Kamala, um den großen Fluss zu überqueren. Es winkt ihm in seinem
Leid die Versuchung des Selbstmords, als er den alten Freund wieder
trifft, der auf der Suche nach Erleuchtung auch noch nicht
entscheidend voran gekommen ist. Es verschlägt Siddharta schließlich
wieder an den Fluss, wo der alte Fährmann ihn als seinen Gehilfen
aufnimmt. Dabei lernt Siddharta vom Fluss, indem er ihm zuschaut und
von ihm lernt. Er erkennt, dass er wieder
ganz am Anfang seiner Entwicklung steht, wieder am Anfang eines neuen
Lebens. Deutlicher als zuvor wird ihm die Erkenntnis über die
Nichtigkeit des gelehrten Wissens und die Wichtigkeit der Erfahrung
zuteil.
Die Geschichte geht natürlich noch
weiter, bis Siddharta schließlich zum Erleuchteten wird und im
Wissen um das Wesen der Dinge ist. Die ganze Geschichte ist an das
Buch „I Ging“ angelehnt, das so den Weg des Buddha umschreibt.
Der Suchende ist auf einer Lebensreise, die ihn durch mannigfache
Versuchungen und Stadien hindurch zur Erkenntnis führt. Das Leben
ist Bewegung, ist Reise. Natürlich gibt es viele wichtige Zitate von
wichtigen Menschen dazu. Aber es ist ja auch ein großes, ein
wichtiges Buch, das weit über übliche Literatur ins Spirituelle
hinausgeht und für viele Suchende lebensnotwendig geworden ist. Als
Fußnote sei vermerkt, dass Hesse dies Buch komplett daheim in der
Schweiz geschrieben hat und sich vom Gärtnern hat inspirieren
lassen.
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