Ich
konnte nutzlose Kanalssysteme entwerfen, gewiss, ich konnte sie in
Gedanken überhöhen und sie einbauen in ein Wunderland, das für
eine halbe Stunde existierte. Aber ich war beileibe kein Bastler,
kein frühreifer Konstrukteur. Gleichwohl versuchte ich mich
fortwährend an Zeichnungen, die futuristische VWs, Fords und
Mercedesse darstellen sollten. Ich nahm Lineale zu Hilfe, ich stellte
mir die tollsten Karosserien vor. Von meinen gemalten Autos ging
jedoch keinerlei Eleganz aus. Das merkte ich, wenn ich mit den Eltern
zu deren Freundin eingeladen war, deren Sohn ganz offenbar ein früh
gefördertes technisches Talent hatte. Wir verglichen dann unsere
Entwürfe. Meine Zeichnungen hatten im Vergleich zu seinen etwas
Unbeholfenes, Lahmes, etwas Unfertiges und falls sie im Wunderland
jemals realisiert worden wären, hätten sie mit all ihrer
komisch-schlampigen Assymmetrie nie eine Aussicht darauf gehabt, ein
vernünftiges Auto darzustellen. Nein, ich war ganz
offensichtlich kein toller Handwerker. Ich war dazu wohl nicht
begabt. Das sieht man ja kleinen Kindern schon an, für was sie
begabt sind (?). Irgendwie tritt ihr Talent zu Tage. Die Eltern
müssen es dann nur richtig deuten und entsprechend fördern. Dann
wird ein "tüchtiger" Ingenieur daraus, ein Arzt, ein Künstler oder ein Geistesaristokrat.
Mein Scherenschnitt freilich war plötzlich
mittendrin entzwei.Von der Schraube, die ich eines Tages an einem
Gerät anbringen wollte, fehlte immer etwas oder ich hatte den
Schraubenschlüssel aus völlig unerklärlichen Gründen verloren.
Ich konnte keine Wagendeichsel einrasten lassen. Nicht mal das.Wenn
ja, wurde das als Heldentat gefeiert. Man traute mir das einfach
nicht zu. Aber ich hatte ja Zeit. Das alles war kein wirkliches
Problem. Die Lösung dieser Fragen sollte irgendwann noch zu finden
sein. Der Horizont war offen. Stundenlang und sprachlos, nur
für mich, drückte ich draußen auf dem Hof komplette Kanalsysteme
in den Boden, schuf im Dreck ein System der verspielten Umleitungen.
Es gab sehr sinnvoll angelegte Rückhalte- und Überlaufbecken. Man
konnte zusehen, wie sich der Dreck, den man kurz zuvor bearbeitet
hatte, langsam setzte, um sich schließlich in ein Becken mit
klarem Wasser zu verwandeln. Es gab auch Inseln inmitten dieser
klarer Seen, die man gerne zu Trutzburgen hätte ausbauen wollen. Sie
verwandelten sich flugs in verwunschene, dreckfarbene Wasserschlösser
und trugen ihren Sinn minutenlang in sich.
Doch es konnte sein,
dass es plötzlich wieder regnete, was meiner Kanallandkarte
ihre Konturen nahm und sie nach und nach unter dem Einfluss der Natur
bröckeln ließ. Doch irgendwann, ganz plötzlich, zerstörte diese
kleine Welt ohnehin ein Traktor oder ein Auto, das nun unbedingt über
diese Stelle fahren musste. Das war das Leben. Das war der Ernst. Das
waren die Erwachsenen. Das war die Wirklichkeit. Das war es, was zu
lernen war. Dieses Blau dort hinten im Märchengarten, es schien mir
auf eine Sphäre zu zeigen. Es war auch eine Sphäre, in der die
Frauen grelle Lippenstifte gebrauchten, Um für sich zu werben, um
sich schön zu machen. Für wen? Du wärest gerne einer gewesen, um
den diese Frauen geworben hätten. Hey, kleiner Mann, wohin des Wegs?
Aber du spieltest dieses Spiel damals nicht mit. Nein, du spürtest
es nur. Damals.
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