Reise durch Wirklichkeiten

Dienstag, 24. Februar 2015

Reisen (3)

Das Reisen war früher beschwerlich, es drohten Überfälle und Krankheiten. Zudem waren die meisten nicht wohlhabend genug, um sich eine Auszeit vom Erwerb zu gönnen. Was gängig war, waren Pilgerreisen, die eine Art Ausstieg auf Zeit vom Alltag mit sich brachten. Doch durch das Entstehen der Freizeit, ein staatliches Gewaltmonopol, die Verbesserung der Transportmittel und des allgemeinen Wohlstands scheint nun vieles möglich, was noch bis weit hinein in die Neuzeit undenkbar war. Doch das moderne Reisen erlaubt eine Art Ausstieg auf Zeit, die Möglichkeit, nicht-alltägliche Erfahrungen außerhalb der dafür vorgesehenen Rituale zu machen. Kurzum: eine Flucht. Geschichtlich war dies wohl mit den damaligen Möglichkeiten des Gewaltmonopols nur im Alten Rom möglich. Festtage und wie Mechanismen wie Karneval dürften wohl die bekanntesten Rituale und Einrichtungen gewesen sein, die eine zeitweilige Flucht dieser Art ermöglichten. Heute erfüllen solche Aufgaben das Fernsehen, Kino, Computerspiele, Freizeitparks, Psycho-Workshops, Diskotheken, Alkohol und Drogen aller Art. Ein Austritt aus der Welt des „Normalen“ ist jederzeit gegen Geld möglich. Doch den Festen früherer Zeiten ist das nicht immer gleichgewichtig: Solche Festivitäten konnten sich auch über viele Tage und Wochen erstrecken, alle Mitglieder der jeweiligen Gesellschaften nahmen daran teil. Entgrenzung wurde in einer noch nicht in Individuen atomisisrten Gemeinschaft möglich, Wahrnehmung veränderte sich. Die heutige Freizeitindustrie kann da nicht immer mithalten.       

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen