Reise durch Wirklichkeiten

Freitag, 20. Februar 2015

Empathie mit der Welt

Man blickt durch seine eigenen kleinen Augen und man erinnert sich an andere Perspektiven. Man sieht durch die Augen anderer und man versucht, eine Realität zu erfassen. So gut es einem möglich ist. Dazu gehört womöglich gerade nicht die Verliebtheit in die eigene Perspektive, was ja einem Narzissmus (wie er ja in Zeiten des Neoliberalismus so groß in Mode ist: jeder ist seines Glückes Schmied, das alte amerikanische Ethos, das ja einmal gegolten hat) gleich käme. Doch was wäre, wenn wir versuchsweise durch die Augen unserer Mitmenschen blicken würden? Frauen und Männer könnten doch einmal die Rollen tauschen. Mehr Verständnis füreinander könnte die Folge sein, und zwar nicht nur als gutmenschliche Phrase. Wir könnten uns in die Lage von jemand hinein versetzen, der sich gezwungen sieht, seine Heimat zu verlassen, weil es dort keine Perspektive für ihn gibt. Er würde sich damit sogar im Einklang mit neoliberaler Idiologie befinden, die ja die grenzenlose Mobilität und Flexibilität fordert. 
Man würde über tausend lebensgefährliche Wege in ein reiches Land kommen, das sich weitgehend gleichgültig oder sogar feindlich einem gegenüber verhält. Man würde in einem Land, das selbst zu einem großen Teil aus „Flüchtlingen“ besteht, sich als Außenseiter und diskriminiert vorkommen. Man könnte sich, was eine anspruchsvollere Übung wäre, bis zu einem gewissen Grad in ein Tier hineinversetzen, in dessen eigene Welt mit all ihren gegebenen Selbstverständlichkeiten und Gesetzmäßigkeiten. Fressen und gefressen werden. Fortpflanzung. Tod. Von außen betrachtet. Wie aber würde die Innenansicht aussehen? Walforscher, Delfinforscher, Elefanten, Menschenaffen? Wie sieht ihre Welt aus? Wie empfinden sie die? 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen