Reise durch Wirklichkeiten

Dienstag, 20. Juli 2021

Valerie (28)

München war ganz Alltag, von Rot auf Grün schaltende Ampeln, in hektischer Wichtigkeit für promenierende Gesichter. Für allerorten ablaufende Geschäfte, - es war Spätnachmittag wie in jeder mitteleuropäischen Großstadt auch. Doch dies erzeugte nicht seine Gleichgültigkeit, wie sonst, sondern weckte Interesse, Offenheit. Valerie dirigierte ihn durch die Stadt, sicher und bestimmt: er fuhr nicht ein einziges Mal fehl. Sie war imstande, ihn immer wieder anschaulich und rechtzeitig darauf vorzubereiten, wenn es irgendwo abzubiegen galt, - und das lässig lächelnd. Sie fuhren eine lange Straße entlang, die auf eine große Werbefläche zuführte, mit mehreren Bildern nebeneinander. Je näher sie kamen, desto mehr glaubte er, auf einer dieser Werbeflächen Valerie erkennen zu können. Es war Werbung für einen Kinofilm. Auf dem Hintergrund eines blauen Himmels war das Gesicht eines Mädchens mit braunen Augen zu sehen, wobei ihr der Wind einige Haarsträhnen ins Gesicht zu wehen schien. Das ganze Poster war auf die Lippen des Mädchens zugeschnitten, es war Mittel- und Ausgangspunkt seiner Werbewirksamkeit und hatte seine Aufmerksamkeit als erstes erregt. Unwillkürlich blickte er sich nach Valerie um, die freilich keinerlei Regung zu zeigen schien. Die Ähnlichkeit mit ihr war höchst frappierend, aber vielleicht waren es auch nur diese Lippen, die ihm diesen Eindruck verschafft hatten. Sie hatten ihm ja auch an Valerie als erstes so gefallen.

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