Reise durch Wirklichkeiten

Sonntag, 4. Juli 2021

Sport als Ritual der Korruption

Auf zur Rennstunde! Es geht ums Bergtrikot. Es sind noch 75 Minuten zu gehen, es werden die langen Bälle gechipt und geschlenzt, weil eine unheimliche Drucksituation herrscht. Unsere Jungs sind bei 100%, aber das reicht nicht: Wir müssen mehr beißen. Erstaunlich, wie sehr ein ganzer Jargon, eine Art eigener Sprache mit eigenen Ausdrücken in eine eigene Welt führt, in der dauernd irgendein Werbezug, ein Marketingapell oder ein Firmenname das Bild auch noch der harmlosesten Presskonferenz ziert, in der meist nichtssagende Statements von den sogenannten Sportjournalisten hingebungsvoll nachgebetet werden. Diese sind ohnehin mit den Akteuren auch öffentlich immer per Du und konkurrieren gegenseitig mit ihrem Grad der Vertrautheit den „Stars“ gegenüber, die in einer eigenen Hätschelwelt leben und deren Wünsche von ihrer Umwelt immer schon im Voraus von den Multimillionärslippen abgelesen werden. Allein schon der Sprachgebrauch: WIR spielen heute mit einer Fünferkette, so dass wir effektiver „von hinten raus“ spielen können. Jeder diskutiert mit, jeder ist einer jener „Experten“, die zum Geschäft gehörend bei der Übertragung von Fußballspielen als Durchblicker immer beliebter zu werden scheinen und die die Distanz zwischen Publikum und Stars verringern sollen, indem sie irgendwelchen Insiderquatsch verbreiten. Natürlich neigten Menschen immer schon zum Wettbewerb, in dem es den besseren zu finden galt. Aber dieser competetive Drive heute, der in ein Milliardengeschäft gemündet ist, in dem Menschenrechte ganz entgegen der öffentlich beteuerten Slogans so gar nichts und das zu verdienende Geld alles zu gelten scheint? Das maßlose Stars zu gebären scheint, die in ihren Millionen geldmäßig ersaufen? Ob das in einem mit Projektionen von Gemeinschaft und Identifikation geprägten Geschäft noch möglich ist, in der jetzigen historischen Phase, in der einige Funktionäre ihre Korruptheit mehr als schamlos gezeigt haben und in der alte Träume von „11 Freunde“ und „zusammenstehen“ noch einmal gegen großes Geld verkauft und per TV vervielfältigt werden? Die ersten „Fans“ wenden sich ab, die Schamlosigkeit einiger Akteure scheint Zweifel unter denen erregt zu haben, deren direkte oder indirekte finanzielle Kräfte dieses Geschäft zu lenken scheint? Mir scheint hier ein Wandel im Gange, über dessen Dynamik sich noch viele wundern werden.

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