Reise durch Wirklichkeiten

Sonntag, 11. Juli 2021

Der Herbst des Einsamen (Georg Trakl)

Der Herbst des Einsamen Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fülle, Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen. Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle; Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen. Gekeltert ist der Wein, die milde Stille Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen. Und hier und dort ein Krenz auf ödem Hügel; Im roten Wald verliert sich eine Herde. Die Wolke wandert übern Weiherspiegel; Es ruht des Landmanns rubige Geberde. Sehr leise rührt des Abends blauer Flügel Ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde. Bald nisten Sterne in des Müden Brauen; In kühle Stuben kehrt ein still Bescheiden Und Engel treten leise aus den blauen Augen der Liebenden, die sanfter leiden. Es rauscht das Rohr; anfällt ein knöchern Grauen, Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden. Georg Trakl (* 03.02.1887, † 03.11.1914)

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