Reise durch Wirklichkeiten

Donnerstag, 26. November 2015

Soziale Realitäten

Erstaunt war ich immer wieder, wie wenig über soziale Realitäten bekannt ist. Beispiel: Dass ein Leiharbeiter nach eigenen Einschätzungen kein Geld hat, um sich als Mitglied bei jener Gewerkschaft eintragen zu lassen, die vorgibt, sich für seine Interessen einzusetzen. Dass er, wie er mir erzählt, und seine Interessen also nirgendwo und durch niemand vertreten wird und sich nicht nur dadurch eine Dreiteilung dieser Gesellschaft ergibt: Arbeitgeber, "klassische" Arbeitsplatzinhaber und Arbeitslose/Prekäre. Das letzte Drittel hat nahezu keine Chance, seine Belange zu vertreten, gschweige denn überhaupt öffentlich sichtbar zu sein. Die Medien aller Kanäle  geben dafür offenbar kein Plateau ab. Oft genug wird dieses "letzte Drittel" der Gesellschaft nach allen Regeln der Kunst des Profitmachens ausgenommen und beispielsweise Arbeitsplatzschutzbestimmungen sind bei ihm (leider oft genug mit Zustimmung der "klassischen" Arbeitnehmerschaft) auf eine krasse Weise ohnehin nur Makulatur. Nun sollen sogar Flüchtlinge, die offenbar die klassische "Reservearmee" abgeben sollen, gegen diese ständig sich vergrößernde Bevölkerungsschicht ausgespielt werden, indem der Mindestlohn planmäßig unterlaufen wird, was ja jetzt schon viel zu häufige Praxis zu sein scheint. Dass Manager oft mit einem astronomischen Gehalt entlohnt werden, das weit jenseits der Vorstellungskraft eines einfachen Arbeitnehmers ist, scheint zur Normalität zu gehören. Es wird sich einfach nicht dafür interessiert und die allgemein ausgegebenen Formeln von Verantwortung oder Leistung wiedergekäut. Diejenigen, die diese Menschen offiziell vertreten sollten, sind oft genug ein gut bestallter Teil dieses Systems. Weit verbreitet ist oft Resignation angesichts solcher Zustände. Man könne daran ja ohnehin nichts ändern. Es war schon immer so und wird immer so sein. Dabei beruht auch der wirtschaftliche Nachkriegserfolg Deutschlands auf einer Sozialpartnerschaft ("soziale Marktwirtschaft"), die jetzt zugunsten eines hemmungslosen Turbokapitalismus, - als "Globalisierung" verkauft, - aufgekündigt erscheint. Verbreitet werden Zahlen, die die soziale Realität kaum beschreiben. Einfaches Beispiel: wenn jemand 100 000 Euro verdient und der andere 10 Euro, dann ist der rechnerische Durchschnitt 5005 Euro (was natürlich in der Realität niemand verdient). Tatsache ist auch, dass immer mehr Menschen von ihren sozialabgabepflichtigen Einkommen nicht mehr leben können. Aufgestockt wird vom Arbeitsamt, so wird gerne verbreitet. Doch wer ist „das Arbeitsamt“? Der Staat. Das Gesamte. Die Allgemeinheit. Sie hat die Kosten zu tragen, genau wie bei der "Bankenrettung" Ein beliebter Sport ist besonders bei den Medien, die verschiedenen „Töpfe“ dieser Allgemeinheit gegenseitig auszuspielen (Bund, Land, Gemeinden, Sonderzuschüsse, EU...).Insgesamt aber scheint zu gelten: Wer permanent verbreitet, dass es in Deutschland noch nie so gut gegangen sei wie heute, der weiß über Statistik zu wenig Bescheid oder vertritt einfach nur Interessen. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen