Verschiedene Sichten auf die Wirklichkeiten entstehen durch subjektive Befindlichkeiten, rationale und emotionale Fähigkeiten, durch kulturelle und soziale Dispositionen. Reisen zu anderen Kulturen oder in andere geographische Räume, die ein Weltbild färben können, sind da einem persönlichen Überblick meist sehr förderlich. Es sei denn, wir nehmen unser Weltbild mitsamt dem Bedürfnis nach Komfort mit Wiener Schnitzel und Hamburger, Schweinfurter oder Frankfurter dorthin mit. Wir sehen dann alles aus dem "deutschen" Blickwinkel, den es ja im globalen Maßstab gar nicht mehr so recht geben sollte. Hier darf allenfalls so etwas wie eine europäische Sichtweise gelten. Doch das "Deutsche" nun scheint die verbreitetste Sichtweise heutiger Touristen zu sein. Oder der Edeltourismus mit Kaviar, "Finger Food" und Champagner. Ein Einlassen auf die jeweilige Kultur, auf die sozialen, geographischen und kulturellen Hintergründe erscheint dabei kaum möglich.
Der "All-inklusive"-Tourismus ermöglicht das Ausleben von Wellnessbedürfnissen ohne jede Kopplung zum tatsächlichen Hintergrund. Es geht leider viel zu oft um das Ausleben von so etwas wie einem "Gegentraum", der ja in Wirklichkeit nur eine Reaktion auf die Arbeitswelt und ihre unerfüllten Bedürfnisse ist: Reisen als Flucht aus
der hässlichen Realität des Alltags, aus dem Stress der sich selbst abschleifenden Befindlichkeiten. Auf
Reisen herrscht zeitweilige Unbefangenheit und Unverbindlichkeit. Alles scheint plötzlich leichter zu sein. Ich komme mit anderen Reisenden ins Gespräch,
erfahre von ihren Plänen, Geschichten und Familien. Der
Urtrieb des Reisens basiert wohl auch auf dem Freiheitsdrang des Menschen. Wer
reist, ist sein eigener Herr. Im Flugzeugabtteil auf dem Weg zum Zielort
wird der Alltag auf einmal nichtig. Die Welt rast vorbei, und
würde mich im Hochgeschwindigkeitszug der Schaffner/die Stewardess nicht mit einem schroffen "Die
Fahrkarten, bitte!"/"Die Ausweise, bitte!" oder mit einem schlanken Getränkeangebot aus den Tagträumen reißen, würde ich
regelmäßig dabei einschlafen. So wohl fühle ich mich, so völlig entspannt bin ich, wenn ich
unterwegs bin.
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