Reise durch Wirklichkeiten

Dienstag, 21. April 2015

Into the great wide Open

Oft treffen mich Erinnerungen, wie sehr ich das mochte, in den USA in den offenen Horizont hinein zu fahren, den meine Partnerin gleichwohl etwas vorstrukturiert hatte und über den sie genau Bescheid wusste, was wohin welche Möglichkeiten eröffnet, wie das Klima ist und sein könnte, welche Gefahren, welche Chancen und Aussichten herrschten, welche Unterkunftsmöglichkeiten (wir waren im PKW unterwegs und dadurch viel mobiler, beweglicher)....... toll war, dass man mit dem Auto überall hin kam. So etwas ist für Touristen optimal, zumal für Kurzzeittouristen, wie wir alle welche sind. Ich suchte die Inspiration und fand sie. Der große Horizont, die großartige Fülle der offenen und erschlossenen Möglichkeiten, das ist absolut umwerfend und wohl einmalig auf der ganzen Welt. Die verschiedenen Kultur-  und Klimastufen, die Möglichkeit, jederzeit mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt zu treten, sich aber auch zurückziehen zu können, die Gefahren auch, die von ihnen (wir waren wenig in den großen Städten unterwegs, aber im Westen sollte man sich z.b. in der Nähe von Indianerreservaten angepasst verhalten) ausgehen können, sie einigermaßen richtig und realistisch einschätzen zu können.
Die Natur (inklusive Schlangen oder Bären) als Erfahrungsraum, die Naturphilosophie und ihre überwältigende Vorlage, auf höchste Höhen hinauffahren (Rocky Mountain NP) zu können, die Härte der Landschaft (Death Valley) in sich aufnehmen zu können, individuell mit dem Auto in alle Richtungen unterwegs sein dürfen, dabei eine gewisse Unverbindlichkeit zuzulassen, und das Gefühl zu haben, willkommen zu sein, ja, - das sind die USA. Das Gefühl: Immer weiter, durch nahezu unwirkliche Gegenden, magische Landschaften, vorbei an fortwährenden Natursensationen, - eine nach der anderen und in sich verzahnt, - die sich bis hin zu dem Ehrfurcht gebietenden Grand Canyon steigern können, mit Cops als Freunden (ja, so haben wir das erfahren! Es war so!!), die für Sicherheit sorgen in einem Land, wo auch heute noch hinter jeder Straßenecke jemand lauern kann, der es nicht gut mit dir meint. Diese Cops, die auch gerne mal erzählen, dass sie Verwandte in Heidelberg haben, oder dort stationiert waren.
Ich mochte auch diese Unterkünfte sehr, die ganz auf Zweckmäßigkeit ausgerichtet waren, die auf europäische „Schönheit“ und all das „Styling“ verzichteten und uns jeweils einen guten Start in den Tag ermöglichten, weil sie der sie umgebenden Gegend (z.b. Joshua Tree National Park) angepasst waren. Wie weit war dieses Amerika entfernt, das sie hier in Europa zu kennen glauben! Man fühlte sich wirklich ungebunden, konnte machen, was man wollte und dieses Gefühl in sich einströmen lassen. Sich dieser Memorials und Gedenkmöglichkeiten, dieser eingestreuten Möglichkeiten zum Reflektieren, dieser improvisierten Museen usw. gewahr zu werden, die das Bewusstsein der frühen amerikanischen Siedler dokumentierten, ihren Willen zum Neuanfang im Unbekannten (wie sehr bewunderte ich das!). Die Wüstenstädtlein und Pistolenhelden in Arizona, aber auch das alberne Nachstellen dieser Western-Duell-Konstellationen, die unsäglichen Indianermorde, die ungezügelte Jagd auf Büffel, die Gier, die Verlogenheit, die von Hollywood und dieser Traumfabrik ausging, der „Pursuit of Happiness“, der damals noch intakt war und den eigenen Tod einschließen konnte, all das Extreme, das wir hier in Europa nicht mal punktuell kennen: es führte mich heran an ein besseres Verständnis, das mir den hier oft anzutreffenden simplen Antiamerikanismus ganz und gar verbat und mich zum Feind eines solchen Antiamerikanismus machte. 
Ich lernte diesen wunderbar naiven Volonteersgeist der Amerikaner lieben. Freiwillig lassen die sich schon mal in eine völlig entlegende Gegend versetzen, wo sie wichtige meteorologische Arbeit leisten. Wir waren lange in gebirgigem Terrain gefahren und trafen am Ende eines gebirgigen Weges auf eine solche ganz und gar freundliche Figur, mit der wir uns lange unterhielten. Oft denke ich auch an die Helden, die einst an der Normandie landeten und zusammen mit den Alliierten den Faschismus vertrieben. Die sich für uns und ihre Idee einer Freiheit aufopferten. Ich bewarb mich in der Folge viele Jahre lang um die Green Card, die ich freilich nie erreichte. Aber es ist und war ein Traumziel. Ein Traum mit klaren Konturen.

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