Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 4. April 2015

Osterdiscount

Vorösterliche Volksfeststimmung beim Discounter. Es herrscht allgemeine Drangsal, Parkplätze sind belegt, alle Reserven mobilisiert, Enge, Erregung und Aufregung. Einkaufswagen sind Streitwagen geworden, man sieht geballte Fäuste, es liegen herb getriebene Emotionen nicht nur in der Luft, verständnisvoll grinsende Blicke kommen vom „Personal“, das mit seinen eigenen, noch breiteren Wagen immer alles versperrt und im Wege ist  - feiste und erloschene Gesichter von „Kunden“ jagen dem nächsten Sonderangebot nach, müssen das, sollen das und dürfen das auch, nie war das Fressen, Saufen und Ficken in seiner fundamentalen Einheit so wahr wie heute. Fleisch, Milch, Fisch – alles billig, natürlich selbstverständlich. Arme Tiere, ich denke kurz an sie, sind zum Schlachten parat gestanden. Kopf ab. Schussapparat. Immer der Reihe nach. Eine leidlich junge Dame schiebt ihren attraktiv wie ein Coupé-Heck geformten Arsch vor die Tiefkühltheke, ihre schweifenden Blicke scheinen leicht frivol getönt. Ein Fünfziger schaut darob verzweifelt, Kinder strampeln im blanken Einkaufswagensitz, ein familienväterlicher Bartträger macht genießerische Miene, - wenn jetzt Einkaufswagen hupen könnten! Geiz ist sowieso geil, nur ich hab's nötig: das Billige, das Preiswerte, nehme aber trotzdem die „Fairtrade Bio Bananen“. Ich bin da dabei und alle sind bedient, bedienen sich heute ungeniert, greifen ab, raffen dahin, grapschen, versierte Hausfrauen im mittleren Alter legen manchmal vorsichtig ab, machen allerlei Mienen. Nur heute im Hier und Jetzt. Erdbeeren sind unglaublich günstig, wir stehen alle lange Schlange. Die Kassen sind alle geöffnet, grüne Lichtlein als Signale, es ist eine hektische Schlacht da mit genervten Blicken und geplatzten Joghurtbechern, die „Kassiererinnen“ sind gelassen exakt, professionell freundlich. Umsatz rules. Preishit hier und dort. Es wird frohe Ostern.    

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