Ich sah im Fernsehen eine Sendung mit einem oberschlauen
Professor, der gerade auf sein zweites und drittes Auto verzichtet
hat und jetzt eine Sendung über das einfache Leben machte: über das Befreiende,
was darin liegt, den Geist zu befreien indem man Bedürfnisse
reduziert. Downsizing, Dinge weggeben oder per second hand versetzen,
sharing economy - da gehe ich zum Discounter mit den vier Buchstaben
und sehe wie die Hausfrauen im breitklobigen SUV vorfahren, um jedes
in armen Ländern zu ausbeuterischem Lohn hergestellte Karo- oder
Kaki-Hemd für 9,90 mitzunehmen. „Der Pflanzkübel für 5,90 sieht
aber auch nicht schlecht aus....“ Danach sitzen fette Ärsche in
fetten deutsche Limousinen, um ihre Errungenschaften mit möglichst
viel Schaum vor dem Mund („wieviel PS hat denn der?“) und
erfindungsreichem Imponiergehabe heimwärts zu fahren. Die Routinen
der Alltagswahrnehmung schlagen zu, die Macht des Faktischen macht
träge.
Dabei ginge es vielleicht auch anders. Ein paar Momente
innehalten. Erinnern, das wir alle Menschen sind und etwas gemein
haben. Zum Beispiel die Kürze unserer Existenz. Ob wir sie dazu
nutzen sollten, möglichst effektiv zu unserem eigenen Vorteil gegen
andere vorzugehen? Von welcher Ausgangsposition aus? Haben wir nicht
nur Glück gehabt, oder sind wir für unsere Lebensverhältnisse gar
verantwortlich? Wurden wir vielleicht in eine ganz bestimmte
Situation hinein geboren, die uns nahe legte, ganz bestimmte Dinge
für „normal“ zu halten? Was eigentlich könnte „normal“
sein? Der kleinste gemeinsame Nennen? Entwickelt sich nicht das, was
„normal“ sein könnte, immer weiter? Was heute als normal
empfunden wird, kann doch morgen schon völlig abseitig sein,
nicht wahr? Es verschwimmen Dinge: was fest ist, wird plötzlich
beweglich, flexibel, veränderbar. In einem winzigen Augenblick. Wir
sollten ihn womöglich ernster nehmen.
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