Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Sonntag, 26. April 2015
Berliner Luft
Chris
Dercon kommt nach Berlin, als Leiter der Berliner Volksbühne. Der
gewandte Mann im mittleren Alter hat sich zuvor schon Meriten
erworben als Leiter der Tate Gallery in London und als dortiger
Museumdirektor. Er hat zudem im Münchener Haus der Kunst gewirkt.
Ein kreativer Geist und umtriebiger „Hans-Dampf-in-allen-Gassen“.
Er stellt das auch nach außen gut dar, gibt ganz den gut aussehenden
Lebemann, den kritischen Kenner und vielseitigen Kulturexperten. Tim
Renner hat ihn in seinem Amt als neuer Kultursenator in Berlin
berufen, - als Theaterdirektor. Renner selbst gab mal den Plattenboss
und rettete sich jetzt in den etablierten Kulturbetrieb, da es mit
dem Popmusikteil der Industrie in vielerlei Hinsicht abwärts geht.
Bei jeder Gelegenheit ist über ihn zu lesen, dass er den ganzen
Techno-Zirkus und besonders Marusha damals entdeckt hat und später
mit dem Unterlabel Motor Music einigermaßen Erfolge feierte. Ein
Wichtigtuer der Popmusik. Das Leben und die
gesellschaftlichen Mechanismen haben solche Leute nach ganz oben
gespült, sie haben Glück gehabt. Dercon hat – wie einmal auf dem
Kultursender ARTE geschehen, - ganz besonders über die reichen Säcke
in London gejammert. Über den Geldadel und die Neureichen, die
überall in der Stadt anscheinend den Ton angeben. Ob er aber nicht
selbst zu dieser Klasse von Leuten gehörte, als Direktor der Tate
Gallery! Ob er da den armen Künstler gab? Oder ob er ein tüchtiger
Manager des ihm anvertrauten Teils der Kunst war? Bauernschlau und
gerissen gegenüber denjenigen, die er für sich als die nicht
Richtigen oder gar Feinde der Kunst identifizierte? Ein Gourmet des
ästhetisch korrekten Geschmacks, der nichts außer seinem eigenen
Gusto gelten lässt (weil das ja von den „richtigen“ Leuten (die
die Macht haben...) goutiert wird)? Ob man das jemand vorwerfen kann?
Ob unser gesellschaftliches Leben so funktioniert? Ob diese Leute
freilich dann die Gutmenschen darstellen können, die außerhalb dieses Zirkusses stehen? Die zu den „kreativen Künstlern“
gehören? Ob sie sich mir irgendwem auch tatkräftig solidarisch
zeigen oder ob sie nur chice Maulaffen feilhalten? Die
oberetablierten Theaterherren Castorf und Peymann schäumen schon mal. Ihre Erbhöfe
sind in akuter Gefahr, sie selbst werden abgelöst, wo sie sich doch für unersetzbar halten. Fast wie in einem Thomas-Bernhard-Stück.
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