Reise durch Wirklichkeiten

Donnerstag, 12. Januar 2023

Gruß an Thomas Bernhard

Was uns an Thomas Bernhard imponiert hat? Seine Sprache auch, sein Spott, sein Humor.... Wie er die Welt umfangen hat mit seinen Deutungsmodellen, die sich und ihre Helden doch immer wieder selbst in Frage gestellt haben. Wie er den Tod umfangen hat als etwas Unumgängliches, das immer sehr nahe ist. Wie er mit dem Sozialen umgegangen ist, weitab aller welterlösenden Theorien, - etwa in „Die Billigesser“: Er scheint auf das Konkrete geschaut zu haben und es dann in einen surrealen und stark persönlich gefärbten Zusammenhang gestellt zu haben. Sein Roman „Holzfällen“ könnte auch dafür stehen und ist damals sogar verboten worden: sein Blick auf die österreichische High-Society scheint eine Spur zu genau gewesen zu sein, die Ähnlichkeiten waren offenbar zu nahe dran an der Realität. Flugs wurden die Advokaten vorgeschickt. Er scheint sich selbst als eine Art teilnehmenden Beobachter gesehen zu haben, der erst registriert und zu verstehen versucht hat, ehe er auf eine sehr individuelle Weise etwas beklagt. Sein Spott liegt über allem, ein befreiendes Lachen, das die alltägliche und unalltägliche Tücke integriert, einbezieht, das Niedere dem Hohen lachend nahebringt. Der Künstler ist bei ihm eine Lieblingsfigur, die sich in ihren eigenen Nabel verbohrt und eigene Bewegungsdynamiken entwickelt, die lächerlich machen. Das Scheitern ist bei ihm ein Teil des Gelingens, wobei er selbst durchaus auch eitel war. Bewundernswert, wie er etwa in seinem Drama „Heldenplatz“ das alltäglich Faschistoide aufgenommen und als Einstellungsritual vorgeführt hat. Wie er seiner Schilderung eine eigene Sprache verpasst hat. Wie er die Langeweile als Bodensatz auch der Anstrengung eingeführt hat. Wie er oft genug virtuose Denkkapriolen mit Chaplin-haften Abstürzen in die totale Auslöschung kombiniert hat. Das alles hat kosmisch-komische Züge: er scheint dadurch Vexierbilder der Existenz geschaffen zu haben.

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