Reise durch Wirklichkeiten

Donnerstag, 8. September 2016

Zeitarbeitstricks

Ich schalte heute morgen den Fernseher an, in dem gerade der Wirtschaftsminister sich und die Wirtschaftspolitik der Regierung vor dem Parlament lobt. Er behauptet mit triumphierendem Lächeln, dass es Deutschland nie so gut gegangen sei (ob ich das zum ersten Mal höre?) wie heute und dass prekäre Beschäftigung zugunsten solider sozialversicherungspflichtiger Arbeit zurück gedrängt worden sei. Ich schaue und höre mir diesen Einstieg an, verliere aber dann das Interesse und schalte ab. Die Phrasen sind mir durchaus geläufig. Typisch Spezialdemokraten. Dann schaue ich ins Internet und muss die Schlagzeile über einer dpa-Meldung lesen „Zahl der Leiharbeiter auf neuem Höchststand“. Ja was nun? Wer erhebt welche Zahlen? „In Deutschland gibt es immer mehr Leiharbeiter. 961 000 Menschen waren im vergangenen Jahr als Leih- und Zeitarbeiter beschäftigt. Zu deutlich niedrigeren Löhnen als regulär Beschäftigte." Im Jahr 2014 seien es noch 50000 weniger gewesen.
Ich lese weiter: "Im Jahr 2014 seien es noch rund 50.000 Leih- oder Zeitarbeiter weniger als 2015. In den Jahren davor schwankten die Zahlen zwischen 610.000 und 910.000. Ihr mittleres Bruttogehalt lag nach den jüngsten Zahlen bei 1700 Euro - und somit deutlich unter dem Gehalt anderer Beschäftigter. "Im Vergleich dazu lag das Medianentgelt bei allen sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bei 2960 Euro", so die Regierung auf eine entsprechende Anfrage der Linken." Es geht sodann um einen neuen Gesetzesentwurf der Spezialdemokraten, der nun wirklich jetzt endlich alles besser machen soll. Der Entwurf sieht vor, dass Leih- oder Zeitarbeitnehmer künftig nach neun Monaten genauso wie die Stammbelegschaften bezahlt werden. Sie sollen längstens 18 Monate in demselben Betrieb arbeiten dürfen, ohne von diesem übernommen zu werden. Abweichungen per Tarifvertrag sollen möglich bleiben, auch für nicht tarifgebundene Unternehmen der betreffenden Branche. (Ach!, so denke ich....). "Doch nur jedes vierte Leiharbeitsverhältnis besteht neun Monate oder länger. 15 Prozent dauern 15 Monate, 12 Prozent über 18 Monate." Das Gespräch mit einer Bekannten, die leidvolle Erfahrungen mit einer Leiharbeitsfirma machen musste, hat das schon tausendmal bestätigt. Sie wollte übrigens einer Initiative der Gewerkschaften beitreten, die sich gegen Leiharbeit richtete. Das sei nur möglich, wenn sie Gewerkschaftsbeitrag bezahle, so die telefonische Auskunft dazu. Da sie aber so wenig verdiente, dass sie auch das nicht leisten konnte, vderzichtete sie lieber. Ob sich hier eine Front auftut zwischen Arbeitsplatzbesitzern in regulären Arbeitsverhältnissen und prekär Beschäftigten? Wo sich wohl die Gewerkschaft da positioniert?  Die Unternehmen entziehen sich immer neuen Gesetzgebungen durch allerlei Tricks und die jeweilige Regierung schaut nicht so genau hin. Wer 6 Monate beschäftigt ist, wird halt gefeuert und danach gleich wieder eingestellt. Schon ist das geregelt und absolut legal. Wie lange er dann wohl beschäftigt ist, der Leiharbeiter (meine Bekannte spricht von "Sklave"?) ? Mir scheint, dass nicht nur hier gigantische Lügen am Werke sind, von Leuten, die keine Ahnung von der Arbeitswelt haben. 

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