Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Dienstag, 19. April 2016
Neiddebatte
„Neiddebatte“. Es ist ja ein gängiger Reflex,
dass alle und jede Diskussion zum Thema Einkommensverteilung und
Vermögen schnell unter dem Stichwort „Neidreflex“ oder
„Neiddebatte“ abgewürgt wird. Nun sollte an dieser Stelle klar
zwischen personenorientierter und strukturenorientierter Debatte
unterschieden werden. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ich über
ganz bestimmte Personen oder über Strukturen diskutiere, die hinter
gewissen Entwicklungen stehen, die diese Personen wohl begünstigt
oder zumindest beeinflusst haben. Diese Personen selbst sind jemanden
wie mir völlig egal. Sie sind nur lächerliche arme Würstchen und
als Rädchen in einem Gesamtgetriebe interessant, als dem Ganzen
ausgelieferte Personen, die ein gewisses Bild von sich selbst
pflegen und sich nach gewissen sozialen Spielregeln verhalten. Diese
Regeln sind durchaus veränderbar, im Gegensatz zu anderslautenden
Behauptungen. Ob die öffentlichen Haushalte eine angemessene
Ausstattung haben, wie der Staat und seine Organe damit umgehen, in
welchem Zusammenhang mit dem Thema „Geld“ und Neid mit dem Thema
Arbeit, Sinn und persönliche Entfaltung stehen, solche Fragen
scheinen da zusehends in den Hintergrund zu treten. Wie wäre es im
Austausch mit einer „Neiddebatte“ von einer „Gierdebatte“ zu
reden? Dass die Klasse der „Manager“ viel zu viel verdiene, sei
Sache der Wirtschaft und keinesfalls eine der Grundansichten von
Gesellschaft, schon gar nicht der Politik – so heißt es gerne. Die
einzig maßgeblichen Fdaktoren seien dabei Angebot und Nachfrage. Ob
eine solche Ansicht von der Vision eines tatsächlich „freien“
Marktes ausgeht? Ob nicht neben dem vielgescholtenen Staat und seinen
Möglichkeiten sehr viele Faktoren auf den „Markt“ einwirken,
unter anderem auch welche der sozialen Herkunft, der
Werteorientierung, der „vertikalen Durchlässigkeit eines
Gemeingebildes“ und anderer Faktoren? Nicht nur nach soziologischen
Einschätzungen könnte dies ja so etwas wie den Motor einer
innovativen Entwicklung ausmachen. Ob die vielbeschworene
„Vernetzung“ (also das „Networking“) an dieser Stelle nicht
eine gewaltige Rolle spielt? Ob sich da innerhalb einer „Klasse“,
einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten, nicht eine Kumpelmentalität
breit machen kann? Oder ob gar die Machtfrage ganz generell eine
wichtige Rolle spielt? Wird man „freie Marktwirtschaft“ und
gerechte Verteilung innerhalb einer Gesellschaft so rigide auseinander
dividieren können?
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