Krähen sollen Menschen angegriffen haben. So lautete
die Nachricht letzte Woche. Sollen auf menschlichen Köpfen herum getanzt sein und
sich auch sonst agressiv benommen haben. Die Moderatorin fühlte sich
da gleich an Alfred Hitchcocks Film „Die Vögel“ erinnert.
Schließlich muss herausgekommen sein, dass die Krähen Junge hatten
und deshalb etwas aufgekratzt reagiert haben. Nun ja, das ist im
Tierreich nicht gerade selten und soll auch unter Menschen vorkommen.
Die Brut ist heilig, basta. Ist's ein Reflex oder ist etwas Erlerntes
dran? Der Mensch misst seine Mitgeschöpfe doch so gerne an ihrer
Intelligenz. Selbstbewusstsein, Instrumentengebrauch, Religion,
Kunst, Sprache. Der Mensch als Krone der Schöpfung. Nun ja, Krähen
sollen sich in Dialekten regelrecht unterhalten. Einen lauten Dialekt
haben sie für die Signalwirkung im Rudel. Einen leisen innerhalb der
Familie. Dabei sollen sie sich soziale Erfahrungen mitteilen und sie
weitertragen, so Wissenschaftler: Kennzeichen der menschlichen
Kultur, so dachte man früher. Denkste. Nur die intelligentesten
Lebewesen verfügen über derartig ausgefeilte Sprachfertigkeiten.
Die Krähen sind dabei. Dabei gleicht auch ihr Entwicklungsprozess
vom Jungtier zum Erwachsenen dem des Menschen. Sie lernen in sehr
kurzer Zeit alles über ihre Welt. Beobachten und Lernen ist ein
wichtiger Faktor bei der kognitiven Entwicklung einer Krähe.
Krähen
können dazu bis zu 5 Jahren bei ihren Eltern bleiben. Richtige
Erziehung braucht Zeit. Man muss nicht nur wissen, wer der andere
ist, sondern man muss sich auch daran erinnern, wann man den andern
zuletzt gesehen hat und wie er zu anderen gestanden ist, wie er zu
mir gestanden ist. Soziales Verhalten erfordert die Fähigkeit zu lernen
und sich an das Gelernte zu erinnern. Krähen können das.
Wissenschaftlich bewiesen. Ein Bildschirm mit zwei Berührungsfeldern:
einer legt Nahrung frei, ein anderer erzeugt einen roten Bildschirm.
Die Vögel lernen sehr schnell und wählen die richtige Möglichkeit
aus. Und dann erscheinen Bilder/Symbole, die sie noch nie gesehen
hat. Sie muss nun schlussfolgern, welches die Belohnung bringt. Auch
das schafft sie spielend. Die Fähigkeit, andern ein Wissen
zuzuschreiben: „Theory of mind“. Was ich selbst davon weiß, was
andere wissen und erfahren haben. Sich ineinander hineinversetzen.
Eine typische soziale Fähigkeit, die Krähen auch drauf haben
sollen. Wissenschaftlich untersucht. Durch Spielen lernt man, auf
unerwartete Dinge zu reagieren. Krähen integrieren das in ihr
Dasein. Sie machen fortwährend Erfahrungen, die sie für sich
auswerten. Sie gebrauchen Instrumente, setzen sie auch indirekt ein,
wissen damit umzugehen. Es würde noch so viele Dinge geben, die es
zu erzählen lohnte. Seltsame Tiere, nichtwahr? Große Intelligenz und
Fähigkeiten. Würde man ihnen nicht zutrauen. Wir sollten vielleicht sie und ihre Welt ein bisschen mehr akzeptieren und tolerieren. Wir
könnten vielleicht sogar von ihnen lernen.
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