Reise durch Wirklichkeiten

Mittwoch, 3. Juni 2015

Krähen und Menschen

Krähen sollen Menschen angegriffen haben. So lautete die Nachricht letzte Woche. Sollen auf menschlichen Köpfen herum getanzt sein und sich auch sonst agressiv benommen haben. Die Moderatorin fühlte sich da gleich an Alfred Hitchcocks Film „Die Vögel“ erinnert. Schließlich muss herausgekommen sein, dass die Krähen Junge hatten und deshalb etwas aufgekratzt reagiert haben. Nun ja, das ist im Tierreich nicht gerade selten und soll auch unter Menschen vorkommen. Die Brut ist heilig, basta. Ist's ein Reflex oder ist etwas Erlerntes dran? Der Mensch misst seine Mitgeschöpfe doch so gerne an ihrer Intelligenz. Selbstbewusstsein, Instrumentengebrauch, Religion, Kunst, Sprache. Der Mensch als Krone der Schöpfung. Nun ja, Krähen sollen sich in Dialekten regelrecht unterhalten. Einen lauten Dialekt haben sie für die Signalwirkung im Rudel. Einen leisen innerhalb der Familie. Dabei sollen sie sich soziale Erfahrungen mitteilen und sie weitertragen, so Wissenschaftler: Kennzeichen der menschlichen Kultur, so dachte man früher. Denkste. Nur die intelligentesten Lebewesen verfügen über derartig ausgefeilte Sprachfertigkeiten. Die Krähen sind dabei. Dabei gleicht auch ihr Entwicklungsprozess vom Jungtier zum Erwachsenen dem des Menschen. Sie lernen in sehr kurzer Zeit alles über ihre Welt. Beobachten und Lernen ist ein wichtiger Faktor bei der kognitiven Entwicklung einer Krähe. 
Krähen können dazu bis zu 5 Jahren bei ihren Eltern bleiben. Richtige Erziehung braucht Zeit. Man muss nicht nur wissen, wer der andere ist, sondern man muss sich auch daran erinnern, wann man den andern zuletzt gesehen hat und wie er zu anderen gestanden ist, wie er zu mir gestanden ist. Soziales Verhalten erfordert die Fähigkeit zu lernen und sich an das Gelernte zu erinnern. Krähen können das. Wissenschaftlich bewiesen. Ein Bildschirm mit zwei Berührungsfeldern: einer legt Nahrung frei, ein anderer erzeugt einen roten Bildschirm. Die Vögel lernen sehr schnell und wählen die richtige Möglichkeit aus. Und dann erscheinen Bilder/Symbole, die sie noch nie gesehen hat. Sie muss nun schlussfolgern, welches die Belohnung bringt. Auch das schafft sie spielend. Die Fähigkeit, andern ein Wissen zuzuschreiben: „Theory of mind“. Was ich selbst davon weiß, was andere wissen und erfahren haben. Sich ineinander hineinversetzen. Eine typische soziale Fähigkeit, die Krähen auch drauf haben sollen. Wissenschaftlich untersucht. Durch Spielen lernt man, auf unerwartete Dinge zu reagieren. Krähen integrieren das in ihr Dasein. Sie machen fortwährend Erfahrungen, die sie für sich auswerten. Sie gebrauchen Instrumente, setzen sie auch indirekt ein, wissen damit umzugehen. Es würde noch so viele Dinge geben, die es zu erzählen lohnte. Seltsame Tiere, nichtwahr? Große Intelligenz und Fähigkeiten. Würde man ihnen nicht zutrauen. Wir sollten vielleicht sie und ihre Welt ein bisschen mehr akzeptieren und tolerieren. Wir könnten vielleicht sogar von ihnen lernen.  

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