Reise durch Wirklichkeiten

Donnerstag, 25. August 2022

Nervositätsentschleunigung

Rechts und links schwirrt und flirrt an uns die Realität vorbei, trotz Pandemie-Entschleunigung, Selbstreflektion und Besinnung. Nichts scheint mehr zu begreifen zu sein, Fake-News triumphieren. Der Mensch ist nervös, er steht unter Strom. Da sind tausend Informationen über kleine und große Notstände, Kriege, Umweltkatastrophen usw. Und wir haben es uns angesichts dessen geleistet, uns in der Komfortzone einzurichten, können scheinbar ja sowieso nichts machen, behaupten das fortwährend. Doch die Welt und die Gesellschaft rückt zusammen (so wird behauptet), sich abzuschotten wird schwieriger, Dinge werden transparenter - aber nur für diejenigen, die sich darum bemühen: Die Gelegenheit dazu haben, zu bedenken, umzudenken, sich zu korrigieren, im Kopf, im Verstand. Gleichwohl sind wir dauernd online, erreichbar, verfügbar, einsetzbar. Zerissenheit macht sich breit. Auch zwischen denen, die haben, und denen, die nichts haben. Ungleichheit hat sich ausgebreitet. Als Gleichmacherei wird alleine schon das Bewusstsein dafür beschimpft von denen, die in einem gewissen Interesse sprechen und handeln. PR-Sprech. Auch im Interesse dessen, das die Macht des Faktischen für sich hat. Alles war scheinbar so und wird so immer sein. Die Grundordnung ist unumstößlich, weil der gierige Mensch anscheinend die Konstante ist. Ein Neuentwurf, ein Aufbruch wirkt angesichts solch behaupteter Verhältnisse leicht lächerlich. Jeder will den Moment festhalten, nicht die Vergangenheit oder gar planen. Eine Frage wird geradezu diktatorisch: Wie fühlt sich das Jetzt an, der Moment? Müssen wir ständig aktiv sein? Auch durch das Internet verliert sich das Gefühl für den Abstand von der Vergangenheit zur Zukunft. Wir können alle Informationen dauernd haben, wir können alles nachschlagen und die Zukunft planen. Es zerfließt. Möglicherweise verliert sich darin auch so etwas wie Empathie. Von allen Seiten kommt das, schlägt das in uns ein. Es prägt unsere Art zu sprechen, weil wir möglichst viele und gute Informationen damit transportieren wollen, weil wir nichts Falsches sagen sollten, weil wir ständig getrieben sind und uns gut darstellen wollen. Wir sind in einer Art Dauerhysterie und Dauerpanik, Nervosität und Unruhe erhebt sich – mitten aus der scheinbaren Entschleunigung. Damit erhebt sich auch die Frage: Wie gehe ich damit um? Entweder lasse ich mich in meiner Unruhe treiben, oder ich lerne darüber, versuche zu sortieren, Abstand zu gewinnen, andere Perspektiven einzunehmen - und werde dadurch ruhiger.

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