Reise durch Wirklichkeiten

Sonntag, 14. November 2021

Politikgepflogenheiten

Ob das Futter für Politikverdrosssenheit in Deutschland sein muss? Ein Minister rückt mit stoisch dreinblickendem Gesicht vor einen Ausschluss, der den Verbleib von vielen Millionen, wenn nicht gar Milliarden erforschen will, und blitzt immer wieder damit ab, dass der in Betreff stehende Minister zu Protokoll gibt, er erinnere sich an nichts. Oder: Eine ehemalige Ministerin rückt vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss an und wird offenbar pauschal von allen Anklagepunkten freigesprochen, womit sich halbwegs verantwortliche Parlamentspolitiker unter anderem über das hinweg setzen, was der Bundesgerichtshof (ganz zu schweigen von der Presse) schon längst dargelegt hat. Rücktritte scheinen kein Thema mehr zu sein. Politische Verantwortung, was ist das? Ob das der parlamentarischen Demokratie mittel- und langfristig nützt? 

Nun ja, ein solcher Bundestagsausschuss scheint mal wieder ein Beispiel dafür zu sein, dass man in Berlin kontroverse Fragen und Machtmenschen in Ausschüsse abdrängt, wo sich die Fragen samt den an sie sich bindenden Figuren irgendwann im Sande verlaufen sollen, wo sie beerdigt und vor der Öffentlichkeit in einem unverständlichen Paragrafengeflecht untergepflügt werden sollen. Die jetzt sich neu konstituierenden Parteien scheinen dabei mitzumachen. Dabei waren solche parlamentarischen Untersuchungsausschüsse vom Grundgesetz einst als ein Mittel der Gewaltenteilung gedacht, als ein Mittel, mit dem das Parlament seine Aufgabe der Kontrolle der Regierung wirksamer ausfüllen könnte. Nun scheint es zu einem Instrument zur Deckung von nahezu unverschämter Steuerverschwendung (Beförderung unzähliger Staatsdiener kurz vor der Ministerentlassung....!) und gesammelter Fehlleistungen geworden zu sein. Dreistellige Millionenbeträge scheinen in diesem Zusammenhang kein Problem mehr zu sein, die Fraktions- und Koalitionsdisziplin, die weite Teile des Parlaments sowieso zu beherrschen scheint, rückt das vor der Öffentlichkeit wieder gerade und bringt das wieder ins scheinbar „Normale“ zurück. Dass nach fragwürdigen Kriterien vergebene und weitgehend erfolglose „Beratungsleistungen“ anscheinend fett honoriert wurden: niemand trägt Verantwortung. Niemand. Die Wählerschaft, das breite Volk, steht vis a vis und staunt.

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