Reise durch Wirklichkeiten

Donnerstag, 23. April 2020

Valerie (3)

(Fortsetzung des unvollendeten Romans von 28.2.)

Die Kellnerin entschuldigte sich umständlich, mit der Erklärung, sie habe Schichtwechsel und wolle deshalb abkassieren. Beim Blick in seinen Geldbeutel erschrak er und beschloss wieder einmal, aus dieser Phase der Unproduktivität heraus zu kommen, - koste es, was es wolle. Er wollte wieder anfangen, ernst zu machen und nicht nur Leben zu erzählen, weil das in gewissem Sinne für ihn doch das Erleben voraussetzte und für seine Clownerien relativ wenig Freiraum ließ (so jedenfalls kam es ihm bisweilen vor). Es gab auch andere Momente, in denen er auf seine Phantasie und sein Wissen setzen wollte – oder seine Intuition, die ihn dann aber allzu oft im Stich gelassen hatte, um ihn schließlich in Zweifel oder gar in Verzweiflung zurück gelassen hatte. Er machte die Türe mit dem großen „M“ darauf hinter sich zu und dachte dabei an die Krankheiten, die in Form von Bakterien an dieser Klinke klebten, die er gerade in die Hand genommen hatte. Aus dieser primär hygienischen Überlegung heraus versuchte er, seinen Hosenladen mit der rechten Hand zu öffnen und seinen Penis nur mit der linken Hand zu berühren. Für ein Autobahnklo war es eigentlich ganz sauber. Es roch auch nicht diesen typischen Latrinengeruch öffentlicher Bedürfnisanstalten. Über die Zigarettenstummel und Schamhaare in den Pissbecken konnte man hinweg gehen, - es gehörte hier zum Inventar. Beim Blick in den Spiegel erschrak er zum zweiten Mal heute: er fand sich abgespannt, aufgeschwemmt und gleichzeitig leer, aufgedunsen von dem Vakuum, mit dem er lange gekämpft hatte, von der Monotonie, die seine Gedanken immer wieder behämmert hatte und die dazu neigte, sich in Hektik hinüber zu verwandeln, in Übelkeit, Hautunreinheiten und jene Magenschleimhautentzündungen, die ihm nun ins Gesicht sahen….

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