Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 18. April 2020

USA und Europa

Gerade jetzt, in der Krise, werden große Unterschiede zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Gesellschaftssystem deutlich. Die Zahlen sprechen hier deutlich für sich. Doch noch bis vor kurzem lobten Wirtschaftsprofessoren das amerikanische System in den Himmel und stellten es uns als leuchtendes Vorbild hin. Das europäische System sei viel zu sehr auf Umverteilung und Unterstützung vom Staat ausgelegt, hieß es. Nun scheint es auch darum zu gehen, diejenigen, die nicht so viel Geld haben, gebührend zu unterstützen. Da sind z.b. „die Jungen“ oder die Rentner. Die USA sind da viel kapitalistischer, es wird viel mehr privat gemacht. Wer sich etwas nicht leisten kann, bleibt dabei außen vor. Dies wird auch dadurch unterstützt, dass die Steuern in den USA niedriger als beispielsweise in Deutschland sind. Es gibt Aussagen, die dahin deuten, dass, wer sich in den USA einen Steuerberater leistet, nahezu keine Steuern zahlt. Doch hierzulande bekommt man für seine Steuern ein wesentlich besseres Sozialsystem und – last but not least – Gesundheitssystem. Dies kommt auch den weniger gut betuchten Menschen zugute. Die Armutsrate gebe da zusätzlichen Aufschluss, quaken Wirtschaftler. Die sei nämlich vor dem Staatseingriff nahezu gleich. Nach etlichen Umverteilungsmaßnahmen freilich reduziere sich der Anteil der Armen im europäischen System deutlich, im amerikanischen jedoch deutlich weniger. Im Ergebnis ist der Anteil der Armen in den USA etwa doppelt so hoch. In den USA sei die Gesellschaft offener und durchlässiger zwischen Arm und Reich. Es sei einfacher, Vermögen aufzubauen. Einfacher sei es jedoch auch, Vermögen zu verlieren. Vermögen aufzubauen sei dadurch ein Ansporn zur eigenen Leistung und weniger als Merkmal eines Klassenunterschieds, lassen die Wirtschaftskenner dazu verlauten. Dadurch seien die Leute motivierter. Vom Tellerwäscher zum Millionär, so lautet der „amerikanische Traum“. Ob er wohl im Laufe der Zeit etwas gebrochen ist, ob es eine Lotterie und Glücksache geworden ist, in einem solchen System Erfolg zu haben? Ob die heutigen, in den Medien oft vorgeführten Zahlen, da einen Hinweis geben? Ob, wie es das „amerikanische System“ ja propagiert, da ein Preis zu zahlen ist? Klar war das amerikanische System in der Vergangenheit dynamischer und leistungsfähiger. Doch ob dies in den letzten beiden Dekaden mit seinen Entwicklungen der wirtschaftlichen Konzentration weitgehend verspielt wurde? Ob dieser Preis und der Umstand, von wem er zu bezahlen ist, jetzt in der Krise nicht ganz klar offensichtlich wird?

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