Wir lassen uns
zur Vergangenheit inspirieren und sollen begreifen, dass wir eine
bestimmte Person waren und jetzt noch sind. Gleichzeitig fühlen wir
uns als jemand anderes, der zurück blickt. Wir leben ein Paradoxon
und sollen es aushalten. Uns überschwemmen bestimmte
Bewusstseinsinhalte, denen wir mutig entgegen treten sollen: Wir
leben nur in der Gegenwart! Wie oft habe ich diesen Spruch gehört.
Ich glaube, man kann in der Gegenwart leben und trotzdem akzeptieren,
dass man so wie jetzt geworden ist. Dass man hinein geschlittert ist
in eine Gegenwart, die man vielleicht erst viel später besser
begreift. Man darf sich wundern: bin das ich oder war das ich? Der
Mensch ist wohl, mag er noch so marottenhafter Einzelgänger sein,
ein soziales Wesen und als solcher bestimmten Verhältnissen
ausgeliefert. Will man sich begreifen, einem Selbst näher kommen,
sollte man sich wohl auch von seiner Vergangenheit inspirieren
lassen, ohne daran mit einem „Früher-war-alles-besser“-Gefühl
kleben zu bleiben. Vielleicht geht es darum, das ganze Gebilde, das
man selbst darstellt, besser zu begreifen, sich seiner selbst bewusst
zu werden, oder zumindest versuchen, sich selbst anzunähern, es
herein zu holen in das, was man aktuell darstellt. Das scheinbar
Selbstverständliche auflösen in etwas, über das man sich wundern
kann. Ihm die Sphäre des Selbstverständlichen nehmen, das zu
akzeptieren man damals verurteilt war.
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