Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 29. September 2018

Falsch disponiert

Leute sind an dir vorüber gegangen. Du hast versucht, sie zu begreifen, wähntest dich ihnen nahe. Doch letztlich blieben sie unbegreiflich. Klar, hättest du das eine oder andere Mal mehr auf sie zugehen können, hättest ganz betont den Dialog suchen sollen und Rituale der Gemeinsamkeit vollziehen (nach deiner eigenen Einschätzung tatest du das viel zu oft...). Doch erstens: war der Moment deiner Ansicht nach jeweils nicht danach. Du warst auch zu träge, zu unbeweglich, warst vielleicht auch zu enttäuscht. Zweitens hattest du stets einen gewissen Stolz, der es dir verboten hatte, dich anzudienen, dich anzubieten..... Du erinnerst dich noch, als du mit einer schweren Krankheit im Krankenhaus lagst, solltest du eine bestimmte Person anrufen (was du schließlich auch tatest...), weil jene dir gegenüber freimütig bekannte, dass sie deine Telefonnummer vergessen oder verlegt hatte. Sie tat überrascht und - so konntest du zweifelsfrei schließen - hätte dich nie im Leben angerufen. Wow, du warst für diese Person verschwunden und es machte dieser Person nichts aus! Du hast einigermaßen daraus gelernt, als genau diese Person zum zweiten Mal verschwand. Überhaupt waren plötzlich viele der Leute verschwunden, zu denen du glaubtest, eine Art persönliches Verhältnis zu haben. Sie hatten einen anderen Umgang, zu dem so etwas wie Solidarität nicht zu gehören schien.
Ich hatte geglaubt, mit jener Person (in diesem Falle weiblich...) relativ intime Details ausgetauscht zu haben, hatte sie in meine Seele blicken lassen. Das Erotische schwang zwar mit, war aber in diesem Falle nicht wichtig. Es war mehr die Kommunikation an sich. Doch offenbar wurde dies "Grundmenschliche" alles weggeworfen, spielte keine Rolle, wurde vergessen, verlegt, zerlegt, war längst zermahlen im Treibsand der pseudo-familiären Umgänge. Es wurde ganz offensichtlich bedeutet, dass man dieser Person nichts bedeutet hatte. Hm. Meine Lehre: Man war ganz offenbar „auf dem falschen Dampfer gewesen“. Man hatte sich selbst die Realität schöngeredet, hatte gelaubt dort, wo Skepsis angemessen gewesen wäre. Ob man dadurch zynischer geworden ist? Mag sein. Aber auch realistischer. Vielleicht hat es ein kleines Stück dazu beigetragen. Wie so manche ähnliche Erlebnisse, die merkwürdigerweise alle ziemlich negativ waren. Ja, man war doch offen dem Positiven gegenüber, hätte nichts dagegen gehabt.... aber die Wirklichkeit spielte andere Spiele. 
Blödsinnigerweise zeigte alles in eine andere, eine negativere Richtung..... Ob einem das jetzt ein Recht zum Selbstmitleid gibt? Diese Frage können nur Leute stellen, die aus irgendeinem Grunde nur Positives erleben, die so richtig positiv in die Welt hinaus blicken und nur das Wahre Gute wahrnehmen. Schön, wenn das möglich ist! Sorry, ich kann das nicht, habe es nicht gelernt. Ich weiß: das Positive sehen, das Negative nicht an sich heran lassen... usw., diese oft gehörten Phrasen. Aber jetzt ist sowieso einiges anders. Mir ist das inzwischen alles egal. Ich komme sowieso nicht mehr dahinter, erfasse die dahinter stehenden Strukturen nicht. Ich kann meine Erkenntnisse nicht einbringen. Ich spiele da nicht mit. Meine Überlegungen vermodern zugunsten all der Willy Wichtigs.....
Sollen sie uns doch die Welt erklären! Du hast Leute kennen gelernt, die stets etwas bestimmtes von dir wollten. Anderes nicht. Ganz bestimmt und gezielt. Das ist für mich der Inbegriff der Entfremdung. Man sucht sich an einem anderen etwas aus, was man von ihm will. Auf den Rest legt man keinen Wert. Ich habe das oft gemerkt und reagierte darauf sauer, wurde vielleicht auch mal unfair. Aber ich wollte nicht nur einen gewünschten Teil von mir geben. Ich wollte möglichst in meiner Gesamtheit akzeptiert werden. Ich wollte viel dafür tun, erwartete das aber auch von jemandem anderen.

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