Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Sonntag, 13. September 2015
Im Lauf der Zeit
Der
Film „Im Lauf der Zeit“ von Wim Wenders hat sich damals (1976)
als „Roadmovie“ ausgerufen und hat mich damals sehr stark
beeinflusst und beeindruckt. Rüdiger Vogler und Hanns Zischler als
Bruno und Robert ziehen darin der damaligen Zonengrenze entlang,
einer Art Niemandsland. Der eine repariert Kinoprojektoren, der
andere hat eben eine Trennung hinter sich und ist
selbstmordgefährdet. Beide sind relativ in sich gekehrt, sind einsam
und sehnen sich nach Frauen, zu denen sie aber aus sich heraus in
einer Art gezwungenem Abstand bleiben (müssen) und zu denen jegliche
Verbindung problematisch ist. Sie übernachten in ihrem Möbelwagen,
der durch die Dachluke wunderbare Blicke in den Nachthimmel eröffnet
und so den Film in etwas Alltagsmystisches und aus dem Augenblick
Kommendes hinüber ragen lassen, das schon viele Filmemacher gesucht
haben und das manche Western augenblicksweise eingefangen haben: Der
ruhige Blick, die gelassene Haltung, die im scheinbar Kleinen das
Große sehen kann, der Welt nahe kommen in der Poesie. Es entwickelt
sich eine ganz langsame Handlung, die eigentlich keine ist, sondern
das Reisen, das „Sich bewegen von einem zum andern Punkt“ zum
Thema macht. Heute ist Wenders ein Großwesir der Hochkultur. Er
macht viel, stellt auch mit großem Erfolg seine Fotos aus und ist so
etwas wie der romantische Herold des Kinos. Wie er, der ja sein
Projekt damals mehr aus dem Ungefähren heraus lenkte, als er ihm
klare Konturen gab, wohl auf meine Reaktionen reagiert hätte. In
einem Interview zu seinem 70.-sten Geburtstag hat Wenders neulich gesagt:
„Sich überhaupt auf etwas einzulassen, wird ja immer schwerer. Das
gilt für das Kino, aber auch für das tägliche Leben. Denn uns
allen fehlt es an Zeit, die ständig noch kostbarer wird.“ That's it: Zeit.
Der Film heißt „Im Laufe der Zeit“.
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