Reise durch Wirklichkeiten

Freitag, 11. September 2015

Der Mensch (1)

"Die Krone der Schöpfung, das Schwein, der Mensch -: Geht doch mit anderen Tieren um! Mit siebzehn Jahren Filzläuse Zwischen üblen Schnauzen hin und her, Darmkrankheiten und Alimente, Weiber und Infusorien, mit vierzig fängt die Blase an zu laufen -: meint ihr um solch Geknolle wuchs die Erde von Sonne bis zum Mond ? Was kläfft ihr denn? Ihr sprecht von Seele - Was ist eure Seele? Verkackt die Greisin Nacht für Nacht ihr Bett - schmiert sich der Greis die mürben Schenkel zu, und ihr reicht Fraß, es in den Darm zu lümmeln, meint ihr, die Sterne samten ab vor Glück . . .? Äh! - Aus erkaltendem Gedärm spie Erde wie aus anderen Löchern Feuer, eine Schnauze Blut empor -: das torkelt den Abwärtsbogen selbstgefällig in den Schatten." Das schrieb der Dichter Gottfried Benn einmal. Ätzend. Herb. Hart. Realistisch. Direkt. Unverstellt. Der Mann war Arzt. Dermatologe. Hatte viel mit dem Körperlichen zu tun. Mit dem Tod und Verfall.  Gottfried Benn starb am 7. Juli 1956 in Berlin. Zwei Tage vor seinem Tod waren Wirbelmetastasen diagnostiziert worden. Seltsam, von seinen Gedichten geht auch heute noch eine große Anziehungskraft aus, von der einigenden Kraft ihrer Worte, die doch dem allgemeinen Geschwätz und netten Geplauder so unendlich weit überlegen sind. 
Sehr angesagt scheint ein Veganertum zu sein, das den Finger darauf legt, dass Menschen Tiere fressen, dass Menschen die Tiere besonders in der Massentierhaltung grausam quälen. Aber auch sehr erwähnenswert mag sein, dass der Mensch schon mal seinesgleichen tötet. In Kriegen galt das einst als besonders ehrenhaft. Heute gibt es so viele Kriege, wie wohl selten in der Geschichte der Menschheit. Das gegenseitige „Sich-Abschlachten“ aus idiologischen, religiösen oder machtpolitischen Gründen scheint wieder in Mode gekommen, nachdem postmoderne Geister glaubten, so etwas überwunden zu haben. Doch das Nationale wird auch im postmodernen spätindustriellen Zusammenhang gerne mal gepflegt. Peinlich. Ersatzspielfelder bietet beispielsweise der Sport und totalitäres Gedankengut zuhauf. Auch die EU bietet derzeit wieder reichhaltiges Anschauungsmaterial zu den Egoismen solcher Organisationsformen, die sich doch im Zusammenhang eine gemeinsame Werthaltung geschworen haben. Offenbar braucht der Mensch solche Ventile und solche Formen der Identifikation im Größeren. Er scheint den Kampf gegeneinander zu brauchen. Höher, schneller, weiter. Es ist von hier aus nicht weit bis zur Wachstumsidiologie, die doch bis heute der Treiber für die „westlichen“ Gesellschaften zu sein scheint.    

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen