Ich wollte durch meine
Städtereisen ein bisschen ein Gefühl für Europa bekommen: Berlin,
London, Paris, Budapest, Barcelona, Lissabon, usw. Es gelang nach meinem Geschmack auch ziemlich gut. Sehr förderlich ist es da, sich möglichst wenig um die sogenannte Logistik kümmern zu müssen (Welches Flugzeug oder welche Bahn hat wo Verspätung? Wo ist die Anfahrtsstelle zum Hotel, wohin mit dem Gepäck? wo bezahle ich... usw). Gerade im
außereuropäischen Ausland hatte ich mich zuvor stark als Europäer
empfunden und wollte diesem Gefühl auch eine sinnliche Basis geben.
Ich wollte große Städte besuchen, eingedenk dessen, dass sich drum
herum in der oft diskriminierten „Provinz“ durchaus ein anderes
Leben vollzieht. Ich wollte die Kultur des jeweiligen Landes besser
kennen lernen, oberflächlich, - zugegebenermaßen. Ich wollte näher
ran kommen an das, was Europa bedeuten könnte.
Was waren wir enttäuscht nach der
letzten Europa-Wahl!: das Amt des Kommissionspräsidenten wurde auf
möglichst undurchsichtige Weise ausgedealt zwischen den Linken und
den Rechten. Die politischen Tonangeber der jeweiligen Staaten
machten dabei auch noch irgendwie mit. Mit Jean-Claude Juncker
machten sie dann ausgerechnet den zu ihrem Vorsitzenden, der als
Ministerpräsident in Luxemburg alles dafür getan hatte, damit
Großkonzerne vorbei an allen nationalen Steuergesetzgebungen möglichst viel Steuern sparen konnten. Grotesk. Luxemburg als die beste Steueroase in ganz Europa!
Zudem machte er reihenweise wohl diejenigen zu EU-Kommissaren, die
anerkanntermaßen am wenigsten geeignet dafür waren, weil sie
mutmaßlich Europa umgangen und ausgetrickst hatten. Er bestellte aus seltsamen Proporzüberlegungen oder anderen machtpolitischen
Erwägungen heraus nach allgemeiner Meinung eine Reihe völlig ungeeigneter Kommissarinnen und Kommissare. Ob so etwas zur
Motivation für Brüssel und die EU beiträgt?
Hierzulande wurden
solche Vorgänge öffentlich flankiert von Pressevertretern, die schon
aus Routine und langjähriger Gewohnheit dem Brüsseler Wasserkopf das Wort redeten
und ihre Funktion massiv missbrauchten, indem sie allzu
offensichtliche und einseitige Agitation für diese marode EU betrieben. Diese EU wurde als "alternativlos" beschrieben (um ein nicht nur in der Politik beliebtes Wort zu bemühen, das unter anderem auch auf die eigene Denkfaulheit weist...). Es wurde auf diese Weise alles dafür getan, um den Eindruck zu erwecken, dass in Brüssel
eine riesige und sehr undemokratische Superbürokratie sitzt, die
unter dem Einfluss von Lobbyisten aller Art sogar Geheimverhandlungen
mit den USA über unsere Konsum- und Alltagswelt in Europa führt. Geheim? Geheim
vor uns, die die möglicherweise unter dem Einfluss von Wirtschaftslobbyisten beschlossenen Regeln betreffen sollen? Ob
sich da die EU ein bisschen selbst ad absurdum führt? Ob sie
jegliches Gefühl für Europa abwürgt?
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