Reise durch Wirklichkeiten

Mittwoch, 28. Januar 2015

Europa und EU

Ich wollte durch meine Städtereisen ein bisschen ein Gefühl für Europa bekommen: Berlin, London, Paris, Budapest, Barcelona, Lissabon, usw. Es gelang nach meinem Geschmack auch ziemlich gut. Sehr förderlich ist es da, sich möglichst wenig um die sogenannte Logistik kümmern zu müssen (Welches Flugzeug oder welche Bahn hat wo Verspätung? Wo ist die Anfahrtsstelle zum Hotel, wohin mit dem Gepäck? wo bezahle ich... usw). Gerade im außereuropäischen Ausland hatte ich mich zuvor stark als Europäer empfunden und wollte diesem Gefühl auch eine sinnliche Basis geben. Ich wollte große Städte besuchen, eingedenk dessen, dass sich drum herum in der oft diskriminierten „Provinz“ durchaus ein anderes Leben vollzieht. Ich wollte die Kultur des jeweiligen Landes besser kennen lernen, oberflächlich, - zugegebenermaßen. Ich wollte näher ran kommen an das, was Europa bedeuten könnte.
Was waren wir enttäuscht nach der letzten Europa-Wahl!: das Amt des Kommissionspräsidenten wurde auf möglichst undurchsichtige Weise ausgedealt zwischen den Linken und den Rechten. Die politischen Tonangeber der jeweiligen Staaten machten dabei auch noch irgendwie mit. Mit Jean-Claude Juncker machten sie dann ausgerechnet den zu ihrem Vorsitzenden, der als Ministerpräsident in Luxemburg alles dafür getan hatte, damit Großkonzerne vorbei an allen nationalen Steuergesetzgebungen möglichst viel Steuern sparen konnten. Grotesk. Luxemburg als die beste Steueroase in ganz Europa! Zudem machte er reihenweise wohl diejenigen zu EU-Kommissaren, die anerkanntermaßen am wenigsten geeignet dafür waren, weil sie mutmaßlich Europa umgangen und ausgetrickst hatten. Er bestellte aus seltsamen Proporzüberlegungen oder anderen machtpolitischen Erwägungen heraus nach allgemeiner Meinung eine Reihe völlig ungeeigneter Kommissarinnen und Kommissare. Ob so etwas zur Motivation für Brüssel und die EU beiträgt? 
Hierzulande wurden solche Vorgänge öffentlich flankiert von Pressevertretern, die schon aus Routine und langjähriger Gewohnheit dem Brüsseler Wasserkopf das Wort redeten und ihre Funktion massiv missbrauchten, indem sie allzu offensichtliche und einseitige Agitation für diese marode EU betrieben. Diese EU wurde als "alternativlos" beschrieben (um ein nicht nur in der Politik beliebtes Wort zu bemühen, das unter anderem auch auf die eigene Denkfaulheit weist...). Es wurde auf diese Weise alles dafür getan, um den Eindruck zu erwecken, dass in Brüssel eine riesige und sehr undemokratische Superbürokratie sitzt, die unter dem Einfluss von Lobbyisten aller Art sogar Geheimverhandlungen mit den USA über unsere Konsum- und Alltagswelt in Europa führt. Geheim? Geheim vor uns, die die möglicherweise unter dem Einfluss von Wirtschaftslobbyisten beschlossenen Regeln betreffen sollen? Ob sich da die EU ein bisschen selbst ad absurdum führt? Ob sie jegliches Gefühl für Europa abwürgt?       

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