Reise durch Wirklichkeiten

Mittwoch, 21. Januar 2015

Brain Drain

Wir nannten es „Brain Drain“: Das gezielte Rauben von Führungs- und Fachkräften aus anderen (vorzugsweise wirtschaftlich schwächeren) Ländern, zum Zwecke der Verstärkung der eigenen Basis. Der Politikwissenschaftler Alfred Grosser nannte es neulich in einer Talkrunde „Neokolonialismus“, wurde dann aber tot geschwiegen. Er selbst laberte sich unter Lenkung der lächelnden Moderation in andere Themen hinein. Basis dieses Mechanismus ist die Ausnutzung Anderer. Es bedeutet Gier - in Deutschland. Gier nach "Humankapital". Denn hier nennt man das „Zuwanderung von Fachkräften“, die – bitteschön! – überall und in allen politischen Parteien zum Zwecke der Stärkung des Rentensystems und zur Auffrischung der Demographie erwünscht ist. Deutschland ist ein starkes Einwanderungsland, das sich von den Schwachen (auch und gerade wenn sie in der EU sind) nimmt, was es will. Es wird den einzelnen Fachkräften individuell zum Vorteil gereichen (auch dieses ist ein gängiger Mechanismus: Die Herauslösung von Einzelnen aus dem Ganzen, die Ausnutzung ihres Strebens nach eigener privater Wohlfahrt, nach beruflichem Fortkommen), denn selbstverständlich können diese gewünschten "Kräfte" in Deutschland mehr als in ihren Heimatländern verdienen. Doch für eben diese (Heimat-)Länder könnte eine solche Entwicklung zur Katastrophe gereichen, wenn die „Besten“, also die technische Leistungselite, in eine andere Volkswirtschaft auswandert. Das nenne ich eine rücksichtslose globale Ausbeutung zum Zwecke der eigenen Vorteilsgewinnung. Der groteske Mangel an Anerkennung von in der Heimat gewonnenen Bildungsabschlüssen wird hier wohl mit der Zeit "harmonisiert" werden. Die Einzelnen sind hier plötzlich völlig egal. Doch der demographische Druck in den Industrieländern mag hier einiges bewirken.
Manchenorts werden solche Prozesse mehr oder weniger gewollt gerne auch als „Globalisierung“ missverstanden. Dagegen mag globaler Widerstand aufkommen.  

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