Reise durch Wirklichkeiten

Sonntag, 25. Januar 2015

Werbesport

Ich machte gestern das, was ich schon lange nicht mehr gemacht habe: ich verfolgte eine Folge von Sportübertragungen im Fernsehen. Dabei drängten sich mir Gedanken über diese Sportler als Promotoren des Leistungsgedankens auf. Sie sind Leitfiguren in unserer Gesellschaft, die das Ideal der Leistung den Arbeitenden gegenüber propagieren sollen. Es mag unsinnig sein, auf ihre Weise Slalom zu fahren, auf mit heftig spritfressenden Bullys plan planierten Routen oder mit energiereich per Schneekanone aufbereitetem Kunstschnee auf präparierten Rennpisten in Ziele hinein abzufahren, die ihrerseits für die jeweiligen Wintersportorte Promotion abgeben sollen und ein Image prägen, eine Marke. Egal. Blödsinn rules. Money is making Money. Leistung. Es gilt nur der Erfolg, der daraus resultiert: Weltmeisterschaft, Europameisterschaft, Weltcup. Erster sein. Bester. Gewinnen. Was aus einer Leistung sonst noch resultieren könnte, interessiert nicht mehr. Gewiss, das „Sich messen“ ist eine Ureigenschaft des Menschen, sehr wohl. Wer kann höher, schneller, weiter? Aber dies ins Extreme voranzutreiben, mag das Kennzeichen des sogenannten Spitzensports sein. Unter anderem ist dies auch an der Dopingproblematik ersichtlich: Es gilt das Siegen um jeden Preis - und sich beim Schummeln möglichst nicht erwischen lassen! Zweck: einen besseren Preis für sich erzielen! Leistung als Mittel zum Zweck. In einer anderen Wirklichkeit: um einen Preis, um Kohle, um ein Image. Der Zweck heiligt die Mittel.
Konzerne und Marken sollen profitieren: zu Plakatsäulen gewordene Sportler sind sich da offenbar zu keiner Albernheit zu schade. Andernfalls dürften sie ja beim „Großereignis“ nicht starten, weil ja die zahlungskräftigen Sponsoren längst die Herrschaft bei solchen „Events“ übernommen haben.
Jawohl, man könnte ja mal den Blickwinkel wechseln! Nur so zum Spiel. Sich einlassen auf diese Welt. Es wenigstens versuchen. Man könnte sich dann einiger Dinge bewusst werden: Zum Beispiel, dass es auch um die Zerstörung der Alpen geht! Um die Betonierung von Natur. Um ihre Gefügigmachung zugunsten der Interessen derer, die es sich leisten können. Zugunsten einer Ausbreitung der "Fun-Kultur". Freizeitindustrie. Alles macht Spass für denjenigen, der es sich leisten kann. Es? Fun is Fun. 
Es geht womöglich um Imagetransfer: Leistungsikonen werden Werbeträger, weil sie in Werbespots und durch Verträge straff verhandelt und rigoros absichert mit einer bestimmten Marke telefonieren oder ein bestimmtes Auto fahren. Die Botschaft für den „Konsumenten“ lautet dann wohl unter anderem: wenn ich dieselbe Marke benutze, werde ich so "erfolgreich" wie diese Person. Wie lächerlich ist das denn?
Ich verfolge die Übertragung und gerate dadurch in eine ganze Welt von Logos und Emblemen, die alle auf die Warenwelt weisen. Egal, welche Einstellung das Fernsehen präsentiert: da ist immer ein Logo, ein Schriftzug, Autos, Biermarken, Skimarken, Reifen, Softdrinks - es ist einfach viel zu viel! Overkill. Ich kann mir kaum noch vorstellen, dass das einzelne Logo noch für sich und auf jemanden wirkt. Diese Welt besteht nur noch aus Marken, zwischen denen irgendwelche „Stars“ als Interviewpartner hervorgrinsen und vor Werbewänden Sprüche dazu klopfen, „wie es denn so war“. Gut sichtbar sollte dabei der Verweis auch auf die Internetadresse sein. Oder die Zipfelmütze mit Firmenlogo. Ob das peinlich ist? Früher, ja früher, als alles besser war, hätte man so etwas als "wandelnde Litfassäulen" bezeichnet und den "sauberen Sport" gefordert. Das ist natürlich längst überholt. Man muss ja "mit der Zeit gehen". "Professionell" sein. Die omnipräsente Anwesenheit der Werbewelt scheint im Sport selbstverständlich geworden zu sein, weil sich alle daran gewöhnt haben. Mittlerweile sind diese menschlichen Leistungsmaschinen, die uns da als „Sportler“ präsentiert werden, längst Werbeträger geworden.... im Zweifel sind da auch Überlegungen zu Menschenrechten und derart "sentimentales Zeugs" völlig egal. Die Kohle heiligt alles, so die Botschaft. Nicht nur Rennfahrer und Fußballspieler machen dort die Kohle, wo man sie hinschickt. Sie sind Söldner ihres Salärs, das ihnen aus Werbeetats dann zukommt, wenn sie „erfolgreich“ sind. Ich begreife ein bisschen besser: Es ist dies eine eigene Sinnwelt mit eigenen Werten und Selbstverständlichkeiten.  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen